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Dienstag, 15. September 2015

Clemens Setz, Die Stunde zwischen Frau und Gitarre. Ein Lesetagebuch (6) - Das Katzenuniversum

Bei der Suche nach Belegen für Iris Radischs Ausruf “Universalpoesie” finden sich in “Die Stunde zwischen Frau und Gitarre” zutiefst romantische Passagen, die in einem Spannungsbogen durch den ganzen Roman reichen und miteinander verbunden sind. Auch hier wieder die Dimensionsverschränkung:

Antje Fest, Sternklare Nacht mit Katzen, 2012
“Vom Fenster aus sah sie den Kater, ja, das war er, da auf dem hellen Steinboden des Nachbargartens. Und neben ihm noch eine Katze. Und da drüben auch eine. Wie Sterne am Abend nahm die Zahl der dösenden Katzen in einem sommerlichen Ausschnitt der Welt zu, je länger man hinblickte. Eine stille Parallelbevölkerung der Gärten, mit ihren bevorzugten Farbhintergründen verschmelzend, jedes Tier in scheinbarer Unkenntnis der anderen, aber in Wirklichkeit sich all der anwesenden Artgenossen stets bewusst. Wenn sie still saßen, war dies das Endbild eines längeren Konflikt, vielleicht war die Nacht von Kämpfen erfüllt gewesen. Natalie machte sich fertig für die Arbeit” (S. 156).

Und 500 Seiten später noch einmal anders herum:


“Der Zufall wollte es, dass in diesem Augenblick das Licht eines frühen Abendsterns vom Fenster aus zu sehen war. Je länger man hinschaute, desto mehr wurden es. Sterne. Wie Katzen in Sommergärten. Natalie hatte das Gefühl, gleich in Ohnmacht fallen zu müssen. Es ist nur meine Fantasie, dachte sie. Es ist ja nicht echt. Nur die Dunstglocke über der Stadt bewirkt, dass sie flimmern. Wie dieser Stern, da, über dem Dach des Nachbarhauses. Wie die Diode auf dem Modem im Nachtdienstkämmerchen. Trotzdem: Er flimmerte. Und jemand hier unten auf der Erde dachte, und das Flimmern dieser beiden Wellen überschnitt sich zweifellos, das eine zeigte das andere an, ohne es zu wissen. Natalie zog die Vorhänge zu” (S. 648).

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