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Montag, 23. April 2012

Das Nationalsymbol der 68er: Der stürzende Adler von Georg Baselitz

Auf dem internationalen Kunstkompass des Jahres 2011 steht der deutsche Maler Georg Baselitz auf Platz 3. Baselitz, der in der DDR wegen „gesellschaftlicher Unreife“ nicht studieren durfte, zog 1958 nach West-Berlin. Irgendwann hat er beschlossen, all seine Motive nur noch auf dem Kopf stehend zu malen (zur Deutlichkeit: nicht der Maler Baselitz stand auf dem Kopf, sondern seine Gemälde).


So hat er auch eine ganze Serie von Adlern gemalt, und wer in der Luft auf dem Kopf steht, stürzt ab. Gewollt oder nicht gewollt schuf Baselitz damit das zu meiner Generation passende nationale Symbol. Und der Bundeskanzler aus meiner Generation, Gerhard Schröder, hat sich mit medienbewusster List einen solchen Adler ausgeliehen und hinter seinen Schreibtisch im noch von Kohl geplanten neomegalomanen Kanzleramt gehängt.

Zum Umgang der Mächtigen mit der Kunst gibt es einen schönen Artikel von Eckard Fuhr, aus dem ich hier zitiere:

"Der Regierungschef wählte sich das abstürzende Staatsymbol, das haltlose Hoheitszeichen, einen preußischen Ikarus als täglichen Begleiter seiner Regierungsgeschäfte im märkischen Sand und zeigte damit jedem, dass er die Macht und den Geist hat, mit Konventionen zu brechen und dass er auch als Staatsmann die innere Distanz zum Staat nicht aufgibt. Und wenn man Baselitz' Adlerbild als Zitat jenes Schießscheibenbildes von Adolph Menzel liest, das einen sich kopfüber auf eine Taube stürzenden Falken zeigt, dann kann man Schröders Bildwahl sogar eine geschichtspolitische Botschaft entnehmen. Der Kanzler stellt sich in die preußische Tradition und biegt sie gleichzeitig um. Wie gesagt, dem stürzenden Adler hat das alles gut getan. Schröders Kanzlerschaft aber fand ein vorzeitiges Ende - unnütz alle kunstgestützten ironisch-herrischen Machtgesten."

Eckard Fuhr, Wozu Schröder einen stürzenden Adler brauchte, Die Welt, 2010

Hinter dem Schreibtisch von Angela Merkel hängt heute Oskar Kokoschkas Porträt von Konrad Adenauer. Vielleicht sollte man sich mal nachts ins Kanzleramt schleichen und es andersherum aufhängen. Als ich das neulich probiert habe, saß die arbeitswütige Angela noch am Schreibtisch und da habe ich kurzerhand beide umgedreht. Es schien ihr zu gefallen:




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