Ich wähle mir jedes Jahr einen Roman aus der Longlist für
den Deutschen Buchpreis, dem ich ein Lesetagebuch widme. Diesmal ist das:
Clemens Setz „Die Stunde zwischen Frau und Gitarre“, 1021 Seiten, Berlin: Suhrkamp
Verlag 2015, € 29,95 (erhältlich ab 6. September).
Dass dieser Roman nun auch das diesjährige Flaggschiff
des bekanntesten deutschen Literaturverlages ist, der ihn sogar mit einem
Buchtrailer auf Youtube bewirbt, kann mich dabei nicht stören. Auch nicht, dass
er noch gar nicht erschienen ist. Suhrkamp hat einen dreißigseitigen Blick ins Buch zur Verfügung gestellt,
in dem wir Setz’ Hauptfigur Natalie kennenlernen: Das genügt für meine
Entscheidung; es sind dreißig
Seiten große Literatur. Auch der Trailer lässt das sehen:
Fürs erste – und um die Wartezeit bis zum Erscheinen des Romans zu überbrücken – habe ich mir ein Zitat ausgesucht, das eine kleine Übung beschreibt, die mir ganz besonders gefällt:
„Über ihrer Badewanne hing ein riesiges Poster mit Kaiserpinguinen. Die auberginenrunden Vögel hatten sich unter der tiefstehenden Polarsonne wie Schachfiguren verteilt, still und abwartend, und warfen lange, herausfordernde Schatten übers Eis. Natalie salutierte – manchmal in echt, manchmal nur innerlich – jeden Morgen vor den Pinguinen. Dabei hielt sie für einen Augenblick die Luft an und wölbte den Bauch nach vorn. Es versetzte ihr einen kleinen, hellblauen Stromstoß von Glück“ (Die Stunde zwischen Frau und Gitarre, S. 22).
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