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Freitag, 29. Mai 2015

Nachtrag: Der Sieger im Übersetzungswettbewerb zu “Immer da wo du bist bin ich nie” von Element of Crime

Sven Regener (Foto: dpa)
Beim Blättern in meinem Blog fiel mir auf, dass ich nie den Übersetzungssieger bei „Nederland vertaalt 2013“ zu Sven Regeners „Immer da wo du bist bin ich nie“ vorgestellt habe. Es war Willem Schudspeer.

Der Originaltext und seine Übersetzung finden sich hier.


Übrigens gab es weitere sehr gute Übersetzungen, auch in gesungener Form:

Zur Psychopathologie des niederländischen Deutschlehrers

Vor zwanzig Jahren habe ich den folgenden Aufsatz geschrieben, der dann in meine Dissertation „Land in Sicht“ (1997) eingegangen ist. Er ist heute nicht mehr aktuell, nur noch historisch interessant. Damals berührte er den wunden Punkt vieler niederländischer Deutschlehrer. Die Scheu dieses Thema anzusprechen war groß. Vielleicht findet er heute mehr interessierte Leser.

Peter Groenewold, Zur Psychopathologie des niederländischen Deutschlehrers

    Untersuchungen der Lehrer-Schüler-Interaktion haben Ergebnisse erbracht, die erkenntnistheoretisch eine Parallele zu den im Rahmen dieser Arbeit miteinander verschränkten Identitäts- und Begegnungs- bzw. Situationsforschungen nahelegen: die Interaktanten "erfinden" einander und setzen in diesem Prozeß die von ihnen erworbenen alltagsästhetischen Schemata und Deutungsmuster ein. Die Ähnlichkeit dieses Vorgangs der Erfindung des Lehrers durch die Lernenden (und umgekehrt) mit den alienisierenden Anschauungsformen in dyadischen Nationaldiskursen ist manchmal frappant: In der Erfindung von "Spitznamen" z.B. vollziehen die Lernenden vergleichbare stereotype Etikettierungen. So kommt es in den Niederlanden schon einmal vor, daß Schüler ihren (niederländischen) Deutschlehrer untereinander als "Hitler" bezeichnen.

Zum Weiterlesen hier klicken:

Montag, 25. Mai 2015

Kein Bock auf Bismarck?


In Hamburg befindet sich das größte Bismarck-Denkmal der Welt (erbaut 1901-1906). Die Hamburger hatten sich daran gewöhnt und sahen es schon gar nicht mehr. Das hat sich jetzt für ein paar Monate geändert: Die Wiener Künstlergruppe Steinbrener/Dempf & Huber hat in einem kleinen Geniestreich dem Bismarck-Felsen einen Steinbock auf den Gipfel gesetzt.
Foto: Steinbrener
Da Bismarcks 200. Geburtstag am 1. April 2015 doch ziemlich sang- und klanglos verlaufen ist, gibt diese Aktion zum Hamburger Architektensommer nun Millionen Menschen Anlass, ein paar Gedanken an den eisernen Reichskanzler und die mögliche Bedeutung des Bocks zu ver(sch)wenden. Das finde ich ausgesprochen effektiv.

Foto: dpa
Wen das zu einem neuen Interesse für Otto von Bismarck inspiriert, dem empfehle ich die Lektüre seiner Gedanken und Erinnerungen. Wer sie nicht im Bücherschrank hat, findet sie gratis im Gutenberg-Projekt:

Mittwoch, 20. Mai 2015

Geisterhafte Schlösser in Berlin und anderswo


Schloss Cecilienhof, der 1914-1917 im englischen Landhausstil erbaute Wohnsitz des deutschen Kronprinzen und seiner Frau Cecilie, nach 1945 vor allem bekannt als Verhandlungsort der Potsdamer Konferenz, war nicht der einzige Schlossneubau der Hohenzollern im 20. Jahrhundert.

Der andere war kurz zuvor entstanden: das 1905-1913 errichtete Königliche Residenzschloss in Posen (Poznań). Es ist allerdings aus einleuchtenden Gründen seit Jahrzehnten aus dem deutschen Bewusstsein verschwunden. Aber es steht noch!
 


Kaiser Wilhelm II. hatte es in neoromanischem und gigantomanischem Burgenstil in Posen errichten lassen, als unübersehbares Zeichen deutscher Herrschaft in einer traditionell polnischen Stadt, deren Bevölkerungsmehrheit weiterhin polnisch war. 

Nach der Neuetablierung Polens 1918-1939 wurde alles noch heftiger: Hitler ließ das verwaiste Schloss 1940-1943 zu einer Führerresidenz ausbauen, konnte es aber kaum noch nutzen.

Der gewaltige Bau hat den Krieg relativ gut überstanden, die Innenräume sind inzwischen zum Teil restauriert worden und dienen unter anderem als Kulturzentrum. Wie die Polen in ihrer Vergangenheitspolitik mit der letzten erhaltenen „Führerresidenz“ umgehen, weiß ich nicht.

Heutiger Anblick des Schlosses
Mir war bis gestern nicht einmal die Existenz dieses Schlosses bekannt. Ich stieß darauf bei meiner Lektüre von Anne Webers Buch „Ahnen“ (Frankfurt am Main 2015), das übrigens in der von ihr selbst besorgten französischen Ausgabe unter dem deutschen Titel „Vaterland“ erschienen ist.


Anne Weber ist nach Poznań gefahren, weil ihr Urgroßvater dort gelebt hat, und so begegnete sie zum ersten Mal diesem deutschen Schloss: „ein plumper, furchterregender, grauer Klotz, eine Art mit grobschlächtigen Verzierungen versehener Riesenbunker“ (Ahnen, S. 224). Aber man konnte „in den Klotz hineinspazieren“:


„Man weist mir eine Tür. Als sich diese und noch eine weitere hinter mir schließt, bin ich allein. Marmorböden, Wandlüster, Arkadengänge, zur Rechten ein hallenartiger Saal mit Kassettendecke. Ganze vier Jahre dauerte die Umwandlung in eine Führerresidenz, habe ich gelesen. Mit ungeheurem Aufwand an Geld und Zwangsarbeitskraft wurde unter anderem die Schlosskapelle zu einem Führerarbeitszimmer oder vielmehr –gewölbe umgebaut. (…) Was ich sehe, was ich durchlaufe, ist eine geschmacklose, düstere, bombastische Leere.“(S. 226).


Eine bombastische, ungefüllte Leere: Das ist auch das Problem beim Neubau des ersten Hohenzollernschlosses im 21. Jahrhundert: des Stadtschlosses in Berlin. Statt die Leere in der Mitte Berlins einfach mit einem Badesee zu füllen, wie ich es vorgeschlagen habe, entsteht dort gerade die kahle Betonkarkasse einer düsteren Vergangenheitsstruktur.

Vielleicht hätte man - in Poznań wie in Berlin - gut daran getan, das Ganze mit einem Sarkophag zu umhüllen. Wie in Tschernobyl!

Eine Idee für den gerade berufenen Chefgestalter Neil MacGregor?

Freitag, 15. Mai 2015

Rotkäppchen am Frieslandriegel - Roodkapje op het Ballooërveld



Rotkäppchen auf Posten am Frieslandriegel
Die Theatergruppe PeerGroup hat in der stillen Heidelandschaft bei Balloo (Provinz Drenthe) ein ingrimmiges Spektakel angerichtet. Nicht ein, nein gleich zwölf moderne Rotkäppchen gehen unerschrocken auf die Suche nach dem Wolf (der in der Gegend wirklich gesichtet worden ist). 


Das Publikum, das zu Anfang in einem Schafstall von Rotkäppchens Mutter eingestimmt wird, begibt sich dann unter der Leitung des „Feldmanagers“ auf eine zweieinhalbstündige Wanderung durch die Heide, um der Großmutter etwas zu essen zu bringen.

Die Rotkäppchen überqueren den Frieslandriegel
Auf dem Wege stoßen die militärisch diszplinierten und mit Gewehren bewaffneten Rotkäppchen immer wieder auf die Spur des Wolfes, kreisen ihn ein und setzen ihn schließlich gefangen, nur um festzustellen, dass er eigentlich ein ganz lieber, ängstlicher, etwas tolpatschiger Isegrim ist, sozusagen ein Schaf im Wolfspelz (und die Ballooër Schafe spielen auch alle mit). Als den wahren Feind identifizieren sie den Feldmanager, der die Natur immer nur regulieren will.
 
Der Wolf ist eigentlich ganz nett

Ein Teil der Wanderung führt durch den sogenannten Frieslandriegel (die Einheimischen sprechen von der „Tankgracht“), ein dutzende Kilometer langer Graben, den die Deutschen am Ende des Krieges als Panzersperre von den Bewohnern der umliegenden Dörfer haben graben lassen. So bleibt uns auch inmitten der friedlichen Heide der Anblick einer „schuldigen Landschaft“ nicht erspart.



Zum Trost gibt es am Ende für jeden einen Drenther Kruidenbitter.


Die Vorstellung wird noch bis zum zweiten Pfingsttag wiederholt.