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Montag, 27. April 2015

Bürgerbildungsburgen

Jetzt weiß ich, warum vor einer Woche die Villa Noelle in Berlin-Grunewald eine etwas unheimliche Anziehungskraft auf mich entwickelt hat: Sie muss mich unbewusst an mein altes Gymnasium in Leer-Ostfriesland erinnert haben, das heutige Ubbo-Emmius-Gymnasium.
 
Gymnasium für Jungen, Leer (heutiges Ubbo-Emmius-Gymnasium)
Auf einer Facebook-Seite für alte Leeraner traf ich jetzt dieses Bild meiner Schule an. Es ist, anders als sonst meist der Fall, von der Rückseite aus aufgenommen, vom Pausenhof her. Gerade deshalb zieht es sehr viele Kommentare auf sich, da man ja als Schüler jahrelang mehrmals täglich genau diesen Anblick vor sich hatte und aus dieser Perspektive die verschiedenen Funktionsräume wie Turnhalle, Aula und Kunstsaal gut identifizieren kann. Und der Schulhof mit seinem Schotterbelag ruft weitere schmerzhafte Erinnerungen auf. Und diese Pflanzen links im Vordergrund, die gab es, unter ein paar Bäumen, die den Übergang zum Sportplatz markierten. Waren das Disteln? Mein Gott! Ich habe diese Schule ab 1958 besucht und denke, dass das Foto aus den fünfziger Jahren stammt.

Es gibt in Berlin-Pankow eine ganz ähnliche Schule, noch ein Stock mehr, noch größer, noch breiter, noch prunkvoller, die im selben Jahr – 1909 – erbaut wurde: das heutige Carl-von-Ossietzky-Gymnasium.



Gemeinsam mit der Villa Noelle (erbaut 1912) ist diesen Gebäuden der in jener Zeit bereits hoffnungslos veraltete Neorenaissance-Stil, der offenbar als besonders geeignet galt, den Bildungswillen der Bürger zum Ausdruck zu bringen, die ihre Söhne und Töchter auf diese Anstalten schickten. Herr Noelle wollte gar in solch einem Bau wohnen.


Aber dieser Schotterplatz! Neun Jahre bin ich hier in den großen und kleinen Pausen hin- und hergerannt oder habe dort am Ende lässig im Kreis der Jungintellektuellen gestanden und bin dann doch jedesmal wieder brav in den finsteren Bau zurückmarschiert. Unbegreiflich!

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