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Samstag, 25. April 2015

Erdöl! – Teil 9 meines Leserblogs zu Kopetzkys „Risiko“

“Noch nie in der Geschichte der Menschheit war so viel Petroleum auf einmal verbrannt worden. Ein Tank nach dem anderen explodierte und entzündete mit seiner Detonation weitere Tanks. (…)
Jedermann an Bord begriff das Unheimliche dieser Feuersbrunst, insbesondere Stichnote, der nach Wachablösung und dem Ende des Beschusses an Deck stand, den gelblich-dunklen Himmel studierte und an das Buch Auf zwei Planeten denken musste, in welchem das Verbrennen fossiler Energieträger als Frevelei und Schandtat bezeichnet wurde“ (Risiko, S. 354).

Es handelt sich hier um die Beschießung der Erdöltanks von Noworossijsk  am 29. Oktober 1914 durch den osmanisch-deutschen Kreuzer “Midilli’ (‘Breslau’) im Schwarzen Meer: Der Leser von Kopetzkys “Risiko” wird an dieser Stelle ein wenig sehr direkt mit der Nase auf die verborgene - wenngleich überdachende - Thematik des Romans gestubst, nämlich die geostrategische Rolle des Erdöls und die damit verbundenen Gefahren für Mensch und Umwelt.
Beschuss von Noworossijsk durch die 'Breslau', 1914.
Zeitgenössische türkische Postkarte 
Mit der Thematisierung des Öls verbindet Kopetzky sehr geschickt den Anfang des zwanzigsten mit dem Anfang des einundzwanzigsten Jahrhunderts und zaubert damit aus seinem historischen Abenteuerroman einen höchst aktuellen Gegenwartsroman. Die Bedeutung von Kohle und Öl für Industrie und Kriegsführung wird uns in der Handlung fortwährend vorgeführt. Zur theoretischen Untermauerung erteilt der Autor noch über 25 Seiten hinweg einer hochinteressanten historischen Nebenfigur das Wort: Alexander Parvus. Dessen Ausführungen gipfeln in einer Prophezeiung:

“Aber nun ist ein neuer Stoff aufgetaucht, der die Kohle in den Schatten stellen wird. (…) Petroleum. Es gibt viel davon in Amerika, aber die größten Quellen liegen in Baku und gehören dem Zaren. Dann sind da die persischen Quellen, die heute schon von größter Bedeutung für das Britische Empire sind. Aber wir wissen, dass Petroleum in Mesopotamien von selbst zu Tage tritt. Die Quellen dort müssen unendlich sein. (…)
Das internationale Kapital (wird) das Osmanische Reich in tausend Stücke reißen und all seine Völker versklaven, um an das Petroleum zu kommen, das auf seinem Gebiet liegt“ (Risiko, S. 340).

Das "Große Spiel": Es ist viel konkreter gemeint, als es erst den Anschein hatte. Es geht nicht um ein abstraktes Strategiespiel, sondern um die Realitäten, die sich – dem Erdöl geschuldet - in den letzten hundert Jahren in dem riesigen Territorium zwischen der Türkei und Afghanistan beziehungsweise auf den fünftausend Kilometern der Niedermayer-Expedition zwischen Konstantinopel und Kabul, entwickelt haben.


Und eine Ironie hat die Geschichte auch: Damals sollte eine deutsche Expertentruppe den Dschihad nach Kabul tragen. Heute kommt der Dschihad aus der Region zu uns.

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