In der ersten Hälfte des Romans „Risiko“ erzählt Steffen Kopetzky
vom abenteuerlichen, aber auch todbringenden Einsatz des erst deutschen und dann türkischen Kriegsschiffes „Breslau“ im Mittelmeer kurz vor dem ersten Weltkrieg und während der
ersten Kriegsmonate; in der zweiten Hälfte geht es um die Geschichte der
deutschen Afghanistan-Expedition vom September 1914 bis September 1915, der
sogenannten Niedermayer-Hentig-Expedition, die die Afghanen zum Dschihad gegen
die Briten bewegen sollte.
Zusammengehalten werden die beiden Teile vor allem durch die
(fiktive) Hauptfigur, den Funker Sebastian Stichnote und das (poetologische?) Element
des „Großen Spiels“. Mit
letzterem, denke ich, steht und fällt die Qualität dieses Romans, der ja nicht
umsonst den Namen eines berühmten Kriegsspiels trägt. Aber dazu später.
Vor nicht allzu langer Zeit hätte man (ich?) einen deutschen
Roman, der im ersten Weltkrieg spielt und nicht eindeutig das Antikriegs-Label
von Remarques „Im Westen nichts Neues“ bedient, nur mit einem gewissen
Stirnrunzeln angefasst. Aber hundert Jahre nach Kriegsbeginn hat sich sowohl
durch die vergehende Zeit als auch durch die mit ihr einhergehende
Relativierung in der internationalen Geschichtswissenschaft die von meiner
Generation angenommene Eindeutigkeit der Schuldfrage in einer Serie von
Fragezeichen und neuen Erkenntnissen aufgelöst.
Was bleibt, ist dagegen die Rückprojektion der Ergebnisse
aus der Vergangenheitsarbeit am Zweiten
Weltkrieg, die jedem Deutschen einen unbefangenen Umgang mit „Helden“ auch
vorangegangener Zeiten verbieten sollte. Aber nicht die Thematisierung jener
Zeiten und Helden überhaupt! Die ersten 15 Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts zum
Beispiel sind eine der reichhaltigsten und interessantesten Perioden der
deutschen Geschichte hinsichtlich Kultur, Wissenschaft, Technik, Politik und
Gesellschaft. Und Steffen Kopetzky schöpft mit vollen Händen aus diesem
vernachlässigten Fundus.
Vor ihm hat das auch Christian Kracht getan, dessen Roman
„Imperium“ ein Beispiel dafür gibt, wie eine poetologisch sinnvoll eingesetzte Rückprojektion von Geschichtserfahrung aussehen kann, ohne dass ein didaktisch
verquastes, langweiliges Gebilde dabei herauskommt.
Ist Steffen Kopetzky mehr als ein Karl May unserer Tage, der
uns mit Hilfe einer Handbibliothek in andere Zeiten und Länder versetzt?
Fortsetzung (und irgendwann auch die Antwort) folgt.
Mehr Risko, weniger Pop gibt es hier:
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Harald Rutzen: Es gibt immer mal wieder Leute....