Die enthusiastischen Rezensionen zu Steffen
Kopetzys historischem Abenteuerroman „Risiko“ (Stuttgart 2015: Klett Cotta, € 24,95) haben mir solchen Appetit auf
dieses Buch gemacht, dass ich beschlossen habe, ihm ein Leserblog zu widmen:
Während der nächsten ein, zwei Wochen berichte ich portionsweise von meiner
Lektüre und den Assoziationen, die sie bei mir bewirkt.
Für diesen ersten Beitrag habe ich gleich auf
den ersten Seiten des Romans einen thematischen Aspekt ganz nach meinem Geschmack gefunden: Es gibt
eine hochinteressante deutsch-niederländische Konnotation, die einen Platz in
meiner Begegnungsgeschichte dieser beiden Länder bekommen würde (wenn ich die
denn doch noch mal schreiben sollte).
Die Romanhandlung setzt am 27. Juni 1914 ein,
dem Tag vor dem Attentat auf den österreichischen Thronfolger. Ort der Handlung
ist die albanische Hafenstadt Durrës. Das Fürstentum Albanien war 1912 auf der Londoner Botschafterkonferenz
geschaffen worden.
Als Fürst wurde ein deutscher Prinz eingesetzt: Wilhelm zu
Wied (im Roman auf Seite 16 erwähnt). Er hatte zwar keine Ahnung vom Land,
seiner Kultur und Sprache, aber er sollte als neutrale Figur zur Befriedung
Albaniens und der Region beitragen.
Wilhelm zu Wied (1876-1945) war übrigens der Sohn einer niederländischen Mutter: der Prinzessin Marie von Nassau. Damit war er auch ein Neffe der niederländischen Königin Wilhelmina. Seine Regentschaft währte nur von März bis Anfang September 1914: Nach Ausbruch des Weltkrieges musste er das Land verlassen (er hat aber nie abgedankt).
Es gab in den Jahren vor 1914 eine intensive
Zusammenarbeit der europäischen Mächte zur Aufrechterhaltung des Friedens in
europäischen Krisenregionen, insbesondere auf dem Balkan. Weitere auf der
Botschafterkonferenz beschlossene Maßnahmen zur Befriedung Albaniens waren der Schutz
des fürstlichen Palastes durch das deutsche Kriegsschiff S.M.S. Breslau und
der Aufbau einer Polizeitruppe durch niederländische Offiziere. Zu Anfang der
Handlung geht ein zehnköpfiges Detachement der Breslau unter Leitung des
Leutnants Dönitz an Land (Dönitz? Da war doch was? Ja, tatsächlich: Es handelt
sich um den späteren Großadmiral und Hitlers Nachfolger.) Ich zitiere:
„An einem belebten Platz, auf dem
heruntergekommene venezianische Palazzi und Bürgerhäuser standen, stießen sie
auf drei Angehörige der leuchtend grün uniformierten Polizeitruppe des
Stadtkommandanten, die von niederländischen Offizieren geleitet wurde und deren
Patrouille nun mit Leutnant Dönitz in ein Gespräch über das Ziel seiner
Mannschaft trat“ (Risiko, S. 22f.).
Tja: eine deutsch-niederländische
Zusammenarbeit, von der heute kaum ein Niederländer oder Deutscher noch etwas
weiß.
Bei der weiteren Entfaltung des Romananfangs
hat Steffen Kopetzky einen Umstand außer Acht gelassen, der auch noch eine
Konnotation zu meinem niederländischen Wohnort Groningen gehabt hätte. Aber
davon morgen mehr. Ich gehe jetzt auf einen Groninger Friedhof und suche das
Grab eines niederländischen Nationalhelden, von dem ich bis heute nichts wusste…
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