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Freitag, 31. Januar 2014

“Der schweigende Stern” – Ein DDR-Science-fiction-Film auf Weltniveau

Bei DDR-Produktionen wird heute ja immer noch gerne darauf hingewiesen, dass sie stark propagandistisch bestimmt seien. Durchaus nicht zu Unrecht. So auch im Fall des Science-fiction-Films “Der schweigende Stern”, den der 2012 verstorbene Regisseur Kurt Maetzig 1959 in einer (ost-)deutsch-polnischen Koproduktion gedreht hat. Bei westlichen Produktionen aus der gleichen Zeit des Kalten Krieges begegne ich solchen Hinweisen allerdings selten. Dabei wären sie durchaus angebracht.

Und dass der 90minütige Film in der für die USA und Großbritannien bestimmten Version um acht Minuten gekürzt und zensiert wurde, erfuhr die Öffentlichkeit erst Jahrzehnte später. Der Wikipedia-Artikel gibt dazu die folgende Auskunft:

„Unter dem Titel First Spaceship on Venus gelangte eine auf 82 Minuten gekürzte Version in die USA und nach Großbritannien. Diese Version bekam eine neue Filmmusik von Gordon Zahler und ist vor allem deshalb bemerkenswert, weil in dieser Version aus dem Leiter der Mission, dem Russen Arsenjew, der Amerikaner Heddingway wurde und aus dem Polen Soltyk der Franzose Durand. Der ursprüngliche Amerikaner im Film, Hawling, der sich dieser internationalen Mannschaft anschloss, wurde zu einem Professor Orloff. An Dialogen wurde alles entfernt, was sich um Hiroshima drehte, der Tod von Sumikos Mutter durch die Atombombe und ihre eigene Unfruchtbarkeit durch die Strahlung.“
Diese amerikanische Version steht in voller Länge auf YouTube. Wer das Original sehen möchte, kann sich die DVD (2009) kaufen oder sich bei der Pirate Bay umsehen, die wieder zugänglich ist.

Für den schnellen Eindruck ist hier der Trailer: 


Für heutige Augen ist das natürlich etwas komisch. Aber: Sowohl technisch als auch ideologisch konnte dieser Film ganz gut mit dem Niveau gleichzeitiger SF-Filme aus den USA mithalten. Hier erreichte die DDR "Weltniveau".

Joachim Ringelnatz - Die Schnupftabakdose

Die Schnupftabakdose

Es war eine Schnupftabakdose,
Die hatte Friedrich der Große
Sich selbst geschnitzelt aus Nußbaumholz.
Und darauf war sie natürlich stolz.


Da kam ein Holzwurm gekrochen.
Der hatte Nußbaum gerochen.
Die Dose erzählte ihm lang und breit
Von Friedrich dem Großen und seiner Zeit.


Sie nannte den alten Fritz generös.
Da aber wurde der Holzwurm nervös
Und sagte, indem er zu bohren begann:
»Was geht mich Friedrich der Große an!«


Joachim Ringelnatz  (1883-1934)
Aus: Die Schnupftabakdose, 1912




Donnerstag, 30. Januar 2014

Wilhelm Busch - Der Kobold

Der Kobold

In einem Häuschen, sozusagen
(Den ersten Stock bewohnt der Magen),
In einem Häuschen war's nicht richtig,
Darinnen spukt' und tobte tüchtig
Ein Kobold, wie ein wildes Bübchen,
Vom Keller bis zum Oberstübchen.
Fürwahr, es war ein bös Getös.
Der Hausherr wird zuletzt nervös,
Und als ein desperater Mann
Steckt er kurzweg sein Häuschen an
Und baut ein Haus sich anderswo
Und meint, da ging es ihm nicht so.
Allein, da sieht er sich betrogen.
Der Kobold ist mit umgezogen
Und macht Spektakel und Rumor
Viel ärger noch als wie zuvor.
»Ha«, rief der Mann, »wer bist du, sprich?«
Der Kobold lacht: »Ich bin dein Ich!«


Aus: Zu guter Letzt, 1904


Dienstag, 28. Januar 2014

Sprach der DAF zum Porsche...

Ich kann leider nicht mehr an Porsche denken, ohne dass in mir die Assoziation zu einem Spruch aufkommt, den ich einmal angesichts des Porsches eines Verwandten von mir gegeben habe:

"Sprach der DAF zum Porsche:
Leck mich doch am Orsche."


He was not amused. Welcher Teufel hat mich da nur geritten? Es wird wohl meine Berufskrankheit gewesen sein: Wenn man sich ein Leben lang mit niederländisch-deutschen Animositäten beschäftigt...

Der erste Porsche

Es klingt wie ein Aprilscherz: In einem Schuppen in Österreich ist ein wohlbehaltenes Exemplar des verschollen geglaubten ersten Porsches aufgetaucht. Das gute Stück steht jetzt im Porsche-Museum in Stuttgart-Zuffenhausen.

Egger-Lohner-Elektromobil C.2 Phaeton

Sonntag, 26. Januar 2014

Judith Holofernes als Donna Quichotte



Am 7. Februar erscheint die Solo-CD „Ein leichtes Schwert“ von Judith Holofernes (vormals: „Wir sind Helden“).
Judith Holofernes

Auf YouTube gibt es schon eine Weile das Video mit dem Titelsong, in dem Judith schwertschwingend durch Berlin reitet und gegen Windmühlenflügel kämpft: Donna Quichotte als Ego-Fighter vor schönen Bildern. Das Video beginnt im Görlitzer Park und endet bei einer Windmühle. Wo die steht, weiß ich nicht. Was Judith damit sagen will, auch nicht.

Viel Spaß mit Klaus Stuttmann

Beim Lesen des Berliner „Tagesspiegels“ freue ich mich jeden Tag auf die Karikatur von Klaus Stuttmann. Stuttmann ist einer der am meisten preisgekrönten deutschen Karikaturisten. Vor kurzem sind seine gesammelten Zeichnungen aus dem Jahr 2013 als Buch herausgegeben worden:

Klaus Stuttmann, Frisch verwählt – Politische Karikaturen 2013, Schaltzeit Verlag, Berlin 2013, 19,95 Euro

Aber Stuttmann ist großzügig mit seinem Werk: Auf seiner Website steht jeweils die Karikatur des Tages, und Vieles aus den letzten Jahren ist im Archiv (mit Suchfunktionen) zugänglich. Besonders vergnüglich sind die Animationen.


Sehr schön finde ich diese Karikatur von Angela Merkel und ihrer Politik des europäischen Rettungsschirms. Sie zeigt, dass Stuttmann auch mit dem nationalen Bildergedächtnis der Deutschen operiert. Das Motiv des Regenschirms im Sturm stammt aus Heinrich Hoffmanns “Struwwelpeter”: “Die Geschichte vom fliegenden Robert”.

Samstag, 25. Januar 2014

Die Leseratte (18)


Die „Nachtwache“ im Originalformat – nur im „Fälschermuseum Großräschen“

Um zu sehen, wie Rembrandts Nachtwache ursprünglich ausgesehen hat, muss man ins Fälschermuseum Großräschen fahren.

Das Museum ist der Werbegag eines auch ohne alte Meister ganz ansehnlichen Hotels in der Niederlausitz in Brandenburg, zwei Bahnstunden von Berlin.

Seehotel Großräschen
Die Hotelverwaltung hat drei talentierte russische Kunstmaler angeheuert, die etwa 50 Topwerke der Kunstgeschichte kopiert haben.

Die originale Amsterdamer „Nachtwache“ ist wegen ihres riesigen Formats beim Umzug ins Amsterdamer Rathaus 1715 an allen Seiten beschnitten worden. In Großräschen gibt es das Bild im Originalformat von 4,02 x 5,10 m mit komplettem Trommler an der rechten und den fehlenden 40 Zentimetern an der linken Seite!
 
Die fehlenden Teile der Nachtwache

Amsterdamers! Nederlanders! Op naar Großräschen!

Freitag, 24. Januar 2014

Nachtrag zu Franz Schubert


Franz Schubert war der Begründer des romantischen Kunstliedes. Wer ihm näher kommen und mehr Gewinn beim Hören seiner Lieder erwerben möchte, ist bei dem Buch “Schubert hören” von Michael Wersin (Ditzingen: Reclam 2012, 19,95 Euro) gut aufgehoben.

Wersin bietet auch eine zeitgeschichtliche und philosophische Einbettung der Musik Schuberts.

Nachtrag zu „Licht und Liebe“ von Franz Schubert

In meinem letzten Beitrag habe ich als Hörbeispiel zu dem Lied „Licht und Liebe“ von Franz Schubert einfach das am meisten angeklickte auf YouTube verwendet. Die Sopranistin singt hier mehr mit Operntimbre und wird der Zartheit des Liedes nicht gerecht.

Jetzt habe ich eines gefunden, das erst wenige Tage auf YouTube steht und der wunderschönen Interpretation von Annette Dasch und Daniel Schmutzhard viel näher steht. Hier singen allerdings auch zwei der ganz großen Sänger: Janet Baker und Dietrich Fischer-Dieskau.





Außerdem wollte ich noch den Autor des Textes nachtragen. Es ist der heute sonst vergessene österreichische Schriftsteller Matthäus Kasimir von Collin (1779 - 1824).

Mittwoch, 22. Januar 2014

Annette Dasch und Daniel Schmutzhard – Liebesduette auf Zuckerschnee

Der Gendarmenmarkt, sowieso einer der schönsten Plätze Deutschlands, lag gestern Abend, als wir aus dem U-Bahnhof Stadtmitte herauskamen, jungfräulich frisch verschneit vor uns: eine romantische Traumlandschaft mit dem Konzerthaus und den beleuchteten Kuppelbauten des deutschen und französischen Doms. Nicht dick und wattig war der Schnee, sondern mehr wie eine dünne, feingewebte zuckrige Decke.




Anette Dasch und Daniel Schmutzhard gaben im Kleinen Saal des Konzerthauses einen Liederabend mit Duetten für Sopran und Bariton, insgesamt 28 Lieder, unter anderen von Schubert und Schumann, Tschaikowsky und Dvořák.

Der Reiz lag auch darin, dass es ein sehr persönliches, fast intimes Konzert war: Das Ehe- (und Liebes-)paar sang, begleitet vom Pianisten Helmut Deutsch, ausschließlich Liebesduette, laute und leise, heftige und zärtliche, fröhliche und traurige, sinnliche und besinnliche, zuckrige und kühle.

Annette Dasch und Daniel Schmutzhard (in einem anderen Konzert)
Schon die im Programm abgedruckte Textsammlung hat etwas Besonderes. 28 Duette, jedes mit einem eigenen Aspekt, bilden zusammen eine Komposition des Spektrums von Lieb und Leid, Sehnsucht und Erfüllung. Was muss es für einen Spaß gemacht haben, das alles zusammenzusuchen!


Sehr viele dieser Lieder habe ich zum ersten Mal gehört. Das Schubert-Lied “Licht und Liebe” hat mir besonders gefallen. Ich habe es in einer Aufnahme mit anderen Sängern auf YouTube wiedergefunden:




Liebe ist ein süßes Licht.
Wie die Erde strebt zur Sonne
Und zu jenen hellen Sternen
In den weiten blauen Fernen,
Strebt das Herz nach Liebeswonne;
Denn sie ist ein süßes Licht.

Sieh, wie hoch in stiller Feier
Droben helle Sterne funkeln:
Von der Erde fliehn die dunkeln,
Schwermutsvollen trüben Schleier.
Wehe mir! Wie so trübe
Fühl' ich tief mich im Gemüte,
Das in Freuden sonst erblüte,
Nun vereinsamt, ohne Liebe.

Liebe ist ein süßes Licht.
Wie die Erde strebt zur Sonne
Und zu jenen hellen Sternen
In den weiten blauen Fernen,
Strebt das Herz nach Liebeswonne:

Liebe ist ein süßes Licht.