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Samstag, 7. September 2013

Sei mir gegrüßt, mein Sauerkraut!


Emigrierte Deutsche, die gelegentlich in ihr Heimatland zurückkehren, verhalten sich oft dem Klischee entsprechend, das man sich von ihnen im Ausland macht. Hier ein Beispiel, die Essgewohnheiten betreffend:



Der Tisch war gedeckt. Hier fand ich ganz

Die altgermanische Küche.

Sei mir gegrüßt, mein Sauerkraut,

Holdselig sind deine Gerüche!
Gestovte Kastanien im grünen Kohl!

So aß ich sie einst bei der Mutter!

Ihr heimischen Stockfische, seid mir gegrüßt!

Wie schwimmt ihr klug in der Butter!
Jedwedem fühlenden Herzen bleibt

Das Vaterland ewig teuer –

Ich liebe auch recht braun geschmort

Die Bücklinge und Eier.
Wie jauchzten die Würste im spritzelnden Fett!

Die Krammetsvögel, die frommen

Gebratenen Englein mit Apfelmus,

Sie zwitscherten mir: »Willkommen!«
»Willkommen, Landsmann« – zwitscherten sie –,

»Bist lange ausgeblieben,

Hast dich mit fremdem Gevögel so lang

In der Fremde herumgetrieben!«
Es stand auf dem Tische eine Gans,

Ein stilles, gemütliches Wesen.

Sie hat vielleicht mich einst geliebt,

Als wir beide noch jung gewesen.
Sie blickte mich an so bedeutungsvoll,

So innig, so treu, so wehe!

Besaß eine schöne Seele gewiß,

Doch war das Fleisch sehr zähe.
Auch einen Schweinskopf trug man auf

In einer zinnernen Schüssel;

Noch immer schmückt man den Schweinen bei uns

Mit Lorbeerblättern den Rüssel.

Heinrich Heine, Deutschland, ein Wintermärchen, 9. Kapitel

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