Im SPIEGEL dieser Woche beklagt Botho Strauß in einem kurzen Essay das seiner Meinung nach im Gang befindliche Aussterben der deutschen Nation und der deutschen Nationalliteratur. Zwei Entwicklungen macht er dafür verantwortlich: die Überspülung mit Flüchtlingen aus der islamischen Welt und die „Hegemonie des Ökonomischen über unsere Lebenswelt“
„Es ist mir, als
wäre ich der letzte Deutsche“, schreibt Strauß, „der letzte Deutsche, dessen
Empfinden und Gedenken verwurzelt ist in der geistigen Heroengeschichte von
Hamann bis Jünger, von Jakob Böhme bis Nietzsche, von Klopstock bis Celan“.
Dieser letzte
Deutsche befindet sich in einer aussichtslosen Lage. Ihm bleibt nur die „Zuflucht
in die ästhetische Überlieferung zum einen, zum anderen Erdulden ihrer
Auslöschung. Palmyra, auch hier“. (Interessant, dieser Vergleich des
IS-Bildersturms mit dem von Strauß postulierten Kulturverlust durch die globale
Ökonomie.)
Wächst in dieser
Not irgendwo etwas Rettendes? Nicht wirklich, so scheint es. Das Ende der
Deutschen ist nicht mehr abzuwenden: „Eher wird ein Syrer sich im Deutschen so
gut bilden, um eines Tages Achim von Arnims ´Die Kronenwächter´ für sich zu
entdecken, als dass ein gebildeter Deutscher noch wüsste, wer Ephraim der Syrer
war.“
Dieses Gleichnis
sollte den gebildeten deutschen Leser von heute mit der gleichen Wucht treffen wie
es den Jüngern Jesu widerfahren sein muss, als sie zum ersten Mal mit dem
Urbild dieser Anti-Prophezeiung konfrontiert wurden: „Eher geht ein Kamel durch
ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt.“
Und doch: zu
ihrer großen Erleichterung sagte Jesus den Jüngern auf ihre Nachfrage, ob denn
überhaupt noch jemand gerettet werden könne: „Für Menschen ist das unmöglich,
aber nicht für Gott, denn für Gott ist alles möglich.“
Und auch Botho
Strauß hat, wohl eher unbewusst, in seinem mit biblischer Allüre verkündeten
Statement ein ebenso geheimes wie sichtbares Schlupfloch eröffnet, von dem
inzwischen dutzende, vielleicht sogar hunderte verstörte Spiegelleser Gebrauch
gemacht haben: das Internet, Google, die Wikipedia, der Gott unserer Zeit! Ich
jedenfalls habe mich sofort mit der Frage an ihn gewendet, wer Ephraim der
Syrer war - und eine Antwort erhalten!
Am Ende seines
Essays spricht Botho Strauß von seiner Hoffnung auf ein „Geheimes Deutschland“.
Nun, da braucht er sich keine Sorgen zu machen: Ich und mindestens hundert
andere Spiegelleser stehen dafür ein und halten uns bereit.
An den Reclamverlag: bitte neu auflegen! |
Und was die Syrer
und ihre Beziehung zu Arnims „Die Kronenwächter“ betrifft: Ich werde in Zukunft
jeden Syrer, dem ich begegne, fragen, welche Entdeckungen er in Deutschland
gemacht hat, und ich sehe mit Sehnsucht dem Tag entgegen, wo die Antwort lauten
wird: „Ich habe Achim von Arnims `Die Kronenwächter` für mich entdeckt.“
Diesen Prozess
könnte man auch ein wenig beschleunigen, indem man jedem syrischen Flüchtling
statt eines Kuscheltieres gratis die Reclamausgabe der „Kronenwächter“
überreicht. Ich möchte alle Vertreter des Hellen Deutschlands dazu auffordern,
an dieser Aktion teilzunehmen. Das wäre nun wirklich eine „Willkommenskultur“!
Bereits im Jahr 1980 stellte Günter Grass in 'Kopfgeburten oder Die Deutschen sterben aus' verschiedene Gedankenexperimente zur Zukunft der Deutschen auf. Diese reichten vom Extrem der Vorstellung, was wäre, wenn es plötzlich eine Milliarde Deutsche gäbe, bis zur Idee, alle Deutschen entschlössen sich dazu, sich zukünftig überhaupt nicht mehr fortzupflanzen und innerhalb von 80 Jahren völlig auszusterben. Mehrfach wird ein Bild von Deutschland entworfen, in dem die Deutschen infolge von beständiger Zuwanderung, Vermischung (im Sinne vom Aufgehen in asiatischer Mehrheitsbevölkerung) und geringer eigener Vermehrung immer mehr zur Minderheit im eigenen Land würden.
AntwortenLöschenInteressant, dass Botho Strauss' Kulturpessimismus sich auf die Deutschen beschränkt, als ob die Entwicklungen, die sein Zukunftsbild bestimmen, nicht in den meisten europäischen Ländern auftreten.
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