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Freitag, 2. September 2016

Gerhard Falkner, Apollokalypse – Erste Eindrücke von einem hoch gehandelten Roman

Der blöd-sinnige Titel „Apollokalypse“ ärgert mich immer wieder. Ich dachte erst an das Mondlandeprogramm der Amerikaner (1969-1972). (Nein, es geht um den griechischen Gott und das philosophisch Apollinische). Habe ich dadurch schon ein Vorurteil? Nicht unbedingt. Der gerne zitierte erste Satz will mir wohl gefallen:

„Wenn man verliebt ist und gut gefickt hat, verdoppelt die Welt ihre Anstrengung, in Erscheinung zu treten“ (Apollokalypse, S. 7)

Im Feuilleton und in der Lesereise-Welt wird schon eine Weile von diesem Roman und seinen Chancen auf den Buchpreis geraunt, aber es sei eben ein Roman mehr für Intellektuelle. Auch das finde ich nicht unbedingt abschreckend. Weiterlesend fällt mir folgendes auf:

In den Anfangskapiteln seines Debütromans „Apollokalypse“ stellt der alternde Poet Gerhard Falkner mit einer aberwitzigen Bilderwelt die bisherige deutsche Metaphern-Meisterin Juli Zeh eindeutig in den Schatten.


Gerhard Falkner (Foto: Paul Englert)
Dabei meint der jetzt Prosa schreibende Lyriker, seine Metaphern erzählend entfalten zu müssen. Er schreibt über eine entzückende Sechzehnjährige also nicht: „Sie bewegte sich wie ein neugeborenes Kälbchen“, sondern:

„Für das neugeborene Kalb eines Steppenhuftieres ist es überlebenswichtig, nach der geburtshalber erlittenen Bodenlandung schnell auf die Beine zu kommen. Während der Körper sich vorne noch auf die Kniegelenke stützt und der Kopf die wilde Außenwelt mit stark verneinenden Bewegungen bedenkt, haben die Hinterbeine sich bereits hochgestemmt, und das Becken sucht in diesen eckigen und äußerst jung wirkenden Bewegungen den inneren Schwerpunkt. Solche Bewegungen hatte sich Bella für Gelegenheiten wie diese, in einem neuen Kleid aus einem fremden Badezimmer zu treten, aus wer weiß welcher evolutionären Vorzeit bewahrt” (S. 45f.).

Nun, gut: das erzeugt hilarische Effekte, sicher beim männlichen Publikum, das im weiteren auch durch abstraktere Vergleiche gefordert wird:

“Bellas Bewegungsabfolge gipfelte beim Weitergehen darin, dass sie den Arm wie die Hypotenuse eines mit der Spitze auf der Schulter stehenden Dreiecks über den Kopf legte, wobei diese aufgelegte Last sie, wie bei einer Wasserträgerin, abdominal betonte” (S. 47).

Noch kühner lässt sich dieser losgelassene männliche Blick an:

“Da traf sie ein Blick. Dieser Blick tauchte ein in ihr Inneres, machte dort ein paar Unterwasseraufnahmen und wahrscheinlich sogar Nacktfotos und sprühte dann aus ihren Augen wieder auftauchend in die Augen des Blickwerfers zurück. Natürlich hätte niemand diesen Blick ausgerechnet von Richard Winter erwartet” (S.57).

Deutlich ist, dass Gerhard Falkner sich intensiv mit Wesen und Funktion der Metapher beschäftigt hat. Er scheut darin auch keine Plattheiten, wenn er sie für gerechtfertigt hält:

“Nur der Mund brachte alles durcheinander. Er lag unter der Nase, so schwer dieser Vergleich sich vielleicht rechtfertigen lässt, wie eine dicke alte Matratze” (S. 47).

So viel für heute.

Gerhard Falkner, Apollokalypse, Berlin Verlag: München/Berlin 2016, 430 Seiten, € 22.-

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