Der blöd-sinnige Titel „Apollokalypse“ ärgert mich immer
wieder. Ich dachte erst an das Mondlandeprogramm der Amerikaner (1969-1972).
(Nein, es geht um den griechischen Gott und das philosophisch Apollinische).
Habe ich dadurch schon ein Vorurteil? Nicht unbedingt. Der gerne zitierte erste
Satz will mir wohl gefallen:
„Wenn man verliebt ist und gut gefickt hat, verdoppelt die
Welt ihre Anstrengung, in Erscheinung zu treten“ (Apollokalypse, S. 7)
Im Feuilleton und in der Lesereise-Welt wird schon eine
Weile von diesem Roman und seinen Chancen auf den Buchpreis geraunt, aber es
sei eben ein Roman mehr für Intellektuelle. Auch das finde ich nicht unbedingt
abschreckend. Weiterlesend fällt mir folgendes auf:
Gerhard Falkner (Foto: Paul Englert) |
„Für das neugeborene Kalb eines Steppenhuftieres ist es
überlebenswichtig, nach der geburtshalber erlittenen Bodenlandung schnell auf
die Beine zu kommen. Während der Körper sich vorne noch auf die Kniegelenke
stützt und der Kopf die wilde Außenwelt
mit stark verneinenden Bewegungen bedenkt, haben die Hinterbeine sich bereits
hochgestemmt, und das Becken sucht in diesen eckigen und äußerst jung wirkenden Bewegungen den inneren
Schwerpunkt. Solche Bewegungen hatte sich Bella für Gelegenheiten wie diese, in
einem neuen Kleid aus einem fremden Badezimmer zu treten, aus wer weiß welcher evolutionären Vorzeit bewahrt”
(S. 45f.).
Nun, gut: das
erzeugt hilarische Effekte, sicher beim männlichen Publikum, das im weiteren
auch durch abstraktere Vergleiche gefordert wird:
“Bellas
Bewegungsabfolge gipfelte beim Weitergehen darin, dass sie den Arm wie die
Hypotenuse eines mit der Spitze auf der Schulter stehenden Dreiecks über den
Kopf legte, wobei diese aufgelegte Last sie, wie bei einer Wasserträgerin,
abdominal betonte” (S. 47).
Noch kühner lässt
sich dieser losgelassene männliche Blick an:
“Da traf sie ein
Blick. Dieser Blick tauchte ein in ihr Inneres, machte dort ein paar
Unterwasseraufnahmen und wahrscheinlich sogar Nacktfotos und sprühte dann aus
ihren Augen wieder auftauchend in die Augen des Blickwerfers zurück. Natürlich
hätte niemand diesen Blick ausgerechnet von Richard Winter erwartet” (S.57).
Deutlich ist, dass Gerhard Falkner sich intensiv mit Wesen und Funktion der Metapher beschäftigt
hat. Er scheut darin auch keine Plattheiten, wenn er sie für gerechtfertigt hält:
“Nur der Mund
brachte alles durcheinander. Er lag unter der Nase, so schwer dieser Vergleich
sich vielleicht rechtfertigen lässt, wie eine dicke alte Matratze” (S. 47).
So viel für
heute.
Gerhard Falkner,
Apollokalypse, Berlin Verlag: München/Berlin 2016, 430 Seiten, € 22.-
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