Im Laufe seines Romans
“Apollokalypse” nennt und zitiert Gerhard Falkner viele Schriftsteller und
Künstler. Manche bekommen auch einen kleinen Cameo-Auftritt. Er hat ganz
offenbar großen Spaß daran, zum Beispiel Proust, Grass, Rilke,
Thomas Mann – manchmal auch parodierend und variierend - in seine Szenen
einzubauen.
Am Ende des
ersten Teils (“Das Buch Isabel”) lässt der Autor eine seiner Hauptfiguren,
Reinhard Büttner, auf einem Berliner S-Bahnhof Selbstmord begehen. Scheinbar
unmotiviert erzählt er diesen letzten Sonntagmorgen Büttners im Wechsel mit dem
Sonntagmorgen, den Georg Autenrieth (das Alter Ego des Autors) im idyllischen
Frühling seines fränkischen Dörfchens verbringt. Nun, letztlich ist ja der Autor
für den Tod seiner Figur verantwortlich…
Das Kapitel
beginnt in ironischer Referenz an Thomas Mann mit einer Variation des allseitigen
Glockenläutens über Rom, das Mann in seinem Roman “Der Erwählte” beschrieben
hat, um die göttliche Allmacht des Erzählers zu demonstrieren. (“Wer läutet?”:
“der Geist der Erzählung”). Das sieht dann bei Falkner für Berlin wie folgt
aus:
Gerhard Falkner, Apollokalypse, S. 177 |
Tja, die
Katholizität des Glockenschwalls über Rom ist dem kargen protestantischen
Berlin nicht gegeben, und so können alle Glocken Berlins nicht verhindern, dass
dem Leben Reinhard Büttners ein grausiges Ende bereitet wird (er wird von der
S-Bahn zerhäckselt). Aber hier hat eben der im katholischen Bayern sitzende
Autor seine Finger im Spiel. Und der Autenrieth-Falkner setzt noch - überhöhend
auf seinen Namen anspielend - eins drauf, indem er das Kapitel mit der Jagdszene
eines Raubvogels enden lässt:
“Autenrieth hat,
wie er später meinte, ziemlich genau um diese Zeit einen Sperber gesehen, der
in eine Schlehenhecke stieß, aus der ein Schwarm Goldammern stob, von
dem eine sich schließlich in der
Luft, nachdem der Sperber nachgestoßen war, in einem Schwall von Federn auflöste” (S. 184).
Nicht schlecht,
Herr Falkner. Aber Sie haben Berlin nicht verstanden.
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