Nein, ein Underground-Regisseur sei er doch eigentlich
nicht, stellte Rosa von Praunheim auf eine entsprechende Frage richtig. Vor
allem seine Filme „Die Bettwurst“ (1971) und „Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt“ (1971) hätten doch weit über
Underground und Schwulenszene hinaus Erfolg gehabt. Und „Die Bettwurst“ sei
auch nach über vierzig Jahren noch (oder wieder?) ein Kultfilm der jüngeren
Generation.
Rosa von Praunheim |
Rosa von Praunheim hat gestern im Kino am Bundesplatz in Berlin seinen
autobiografischen Film „Praunheim Memoires“ (2014) vorgestellt. Praunheim ist der
Stadtteil von Frankfurt, in dem er seine Jugend verbracht und von dem er
seinen Künstlernamen abgeleitet hat. Es ist ein Film voller Liebe zu den
Menschen und zu der doch eigentlich trostlosen Umgebung dieses Vorortviertels.
Das Frankfurt der sechziger und siebziger Jahre sei die
toleranteste, weltoffenste Stadt der alten Bundesrepublik gewesen, nicht etwa
Berlin. Auch das ist eine wichtige Feststellung, die ich ihm sofort abnehme,
denn Westberlin war damals nicht tolerant, im Gegenteil!
Rosa von Praunheim hat für die Befreiung der Schwulenszene
aus der Subkultur in die Gesellschaft hinein und für die Akzeptanz des
Schwulseins im öffentlichen Leben der Bundesrepublik Großes geleistet. Was mir
gestern auffiel, ist die Serenität, die absolute Aggressionslosigkeit und
Menschenfreundlichkeit dieses Mannes, der doch die gewalttätigen und
hysterischen sechziger und siebziger Jahre aus einer Underdog-Position
mitgemacht und mit seinen Filmen aktiv kommentiert und analysiert hat.
Und ja: „Die Bettwurst“ war damals auch unser Kultfilm! Was
haben wir gelacht! Zitate des Hauptdarstellers Dietmar Kracht gehörten noch jahrelang
zu unserem alltäglichen Beziehungsleben.
„Die Bettwurst“ gibt es auch als dvd. Auf Youtube findet
sich nur dieser fünfzehnminütige Zusammenschnitt, der natürlich für eine
angemessene Würdigung des Films nicht ausreicht:
Praunheim ist all
die Jahre aktiv geblieben und mit 72 Jahren immer noch ein Ausbund an
Lebensfreude und Kreativität. Er hat gestern für jeden Kinobesucher ein Gedicht
mitgebracht. Hier ist meines. Ich werde es in Ehren bewahren:
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