Cookie

Donnerstag, 16. Oktober 2014

Thomas Manns „Joseph und seine Brüder“, eine Forscherangelegentlichkeit - Nu ook in het Nederlands


Aus einer Abneigung gegen Romane, die im biblisch-mythologischen Gewande daherkommen, habe ich Thomas Manns umfangreiches Werk „Joseph und seine Brüder“ (1933-1943) nie angerührt. Nachdem ich gestern gelesen habe, dass Thijs Pollmann seit 2004 zehn Jahre seines Lebens der ersten niederländischen Übersetzung dieses Romans gewidmet hat – ein Zeit- und Arbeitsopfer, für das ich großen Respekt empfinde -, bin ich heute an mein Regal getreten und habe meine alte, schäbige Taschenbuchausgabe (1967) des Fischer Verlags herausgezogen, um mir endlich ein Bild davon zu machen. Sie ging beim Aufschlagen sofort ganz buchstäblich aus dem Leim und sieht jetzt so aus, als hätte ich sie mindestens dreimal gelesen:
 
Mein Bild von "Joseph und seine Brüder"

Mit dem Bruchstück Nr. 1 („Vorspiel. Höllenfahrt“) habe ich mich dann in die Badewanne gelegt und in einer Mischung aus Abwehr und Bewunderung zu lesen begonnen: „Tief ist der Brunnen der Vergangenheit. Sollte man ihn nicht unergründlich nennen?“, so lauten die ersten beiden Sätze. Und wenige Zeilen später wird der Selbstzweifel, den Thomas Mann gleich zu Anfang seines Riesenwerks formuliert, zugleich verstärkt als auch überwunden:


„Mit unserer Forscherangelegentlichkeit treibt das Unerforschliche eine Art von foppendem Spiel“ (schön, dieser Satz; bin auf die Übersetzung gespannt).


Natürlich will er dieses Spiel sehr gerne spielen, und so nimmt die Erzählung nach umständlicher Einleitung ihren langen Lauf.


Vielleicht ist diese Bruchstückmethode für mich der richtige Weg. Mit der im deutschen Buchhandel augenblicklich erhältlichen kiloschweren gebundenen Ausgabe in einem Band (Fischer Verlag 2007, 1344 Seiten, 25 Euro) könnte man sich nicht einfach in die Badewanne legen.


Und wenn ich bei Wikipedia lese, dass im letzten der vier zwischen 1933 und 1943 erschienenen Teile des Joseph-Romans „eine Parallele Josephs des Ernährers zu Franklin D. Roosevelt und seinem New Deal“ festzustellen ist, ist auch meine Neugierde geweckt, ob ich dies wohl mit meiner eigenen Forscherangelegentlichkeit nachvollziehen kann.


Thomas Manns Deutsch ist eine Herausforderung, auch für Deutsche, es fordert besondere Konzentration. Daher ist die Entscheidung der „Wereldbibliotheek“, dieses Werk in Übersetzung herauszubringen (Jozef en zijn broers, 1344 pagina´s, 125 Euro, Erscheinungsdatum: 17. Oktober) eine mutige und wichtige Tat, denn sie rettet – vielleicht – ein wichtiges Werke der Weltliteratur für eine neue niederländische Generation, die derart komplexe Texte auf Deutsch nicht mehr liest. Dann darf es auch ruhig sechs Mal so teuer sein.

In der Groninger Buchhandlung Godert Walter gibt es am 21. Oktober um 20 Uhr eine Veranstaltung, in der Michiel Hagdorn und Anton Brand die niederländische Übersetzung angelegentlich präsentieren.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen