Im letzten Sommer standen wir in einer Eisdiele am Ludwigkirchplatz in Wilmersdorf. Auf einmal flüsterte G. mir ins Ohr: "Da steht Hamlet!" Ich, in verblüffter Lautstärke: "Hamlet? Wieso Hamlet? Hamlet, wo?" Direkt vor mir stand ein schlanker Mittdreißiger mit modischem Strickkäppchen auf dem Kopf, an seiner Seite ein kleines Töchterchen. Ihm schien ihre Aufregung zu gelten. Mir sagte er nichts. Ich erkannte ihn nicht, aber wer erwartet schon in einer Eisdiele etwas anderes als Eis. (Und doch hatte ich ihn schon gesehen: im Film "Alle anderen" von Maren Ade.) Aber Hamlet? Nein!
Nach mehreren vergeblichen Versuchen - ausverkauft, ausverkauft, ausverkauft - haben wir jetzt endlich Lars Eidingers "Hamlet" in der Regie von Thomas Ostermeier in der Berliner Schaubühne gesehen. Man muss die Karten mindestens vier Wochen vorher bestellen. Die Inszenierung ist ein Welterfolg und schon über den halben Globus gereist.
In den deutschen Feuilletons steht mehr über Lars Eidinger als schauspielerisches Phänomen als über seine Vergegenwärtigung des Hamlet, die für Traditionalisten wohl ein Gräuel ist.
Die Gegenwärtigkeit dieses Hamlets ist jedoch überwältigend. Schaut ihn euch an!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen