Das Vorbild für Tom Hillenbrand waren ohne
Zweifel Daniel Suarez’ Drohnenromane Daemon
(2006) und Freedom™ (2010), aber
die sind nur was für Hardcore-Cyber-Technik-Fans. Tom Hillenbrand muss sich
gesagt haben: „Das kann ich besser“. Er übernimmt in seinem im Mai erschienenen Roman Drohnenland zwar allerlei
Strukturelemente von Daemon, bleibt aber
realistischer, viel näher an einer aus unserer Gegenwart heraus extrapolierten
Wirklichkeit der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts. Und es ist eben ein Krimi
mit einem Kommissar und seiner Assistentin, die eine überschaubare Zahl von
Morden zu lösen haben, nicht so ein absurdes Gemetzel wie in Daemon.
Das Hauptthema bleibt aber wie bei Suarez die
Vision einer mittels Drohnen und einer digitalen Gesamtsimulation total
überwachten Welt. Große Teile der
Handlung spielen im auf der Grundlage von Millionen Kameras und Sensoren
erzeugten “Mirrorspace”, in den sich der Kommissar für seine Ermittlungen
einscannen kann.
Für europäische Leser ist es reizvoll, aber
auch beängstigend, eine gespenstische Zukunft der Europäischen Union vorgeführt
zu bekommen, in der man das gerade in diesen Wochen (Juncker!) so deutlich
sichtbare Nebeneinander von nationalen Machtinteressen und transnationaler (Schein-)demokratie
wiedererkennt. Neu sind eine europäische Streitmacht, die in Nordafrika mit
massiver Gewalt gegen die Armutsterroristen vorgegangen ist und ein
europäischer Geheimdienst, der im Innern keine Morde scheut, um die Politik der
Eliten zu unterstützen.
Daß die Macht der Großkonzerne die der Nationalstaaten übertrifft, ist
dagegen schon heute keine Science Fiction mehr. Die gerade auf den Markt
gekommene Datenbrille von Google spielt in modifizierter Form eine wichtige
Rolle im Land der Drohnen.
Tja, und die Niederlande gibt es leider nicht
mehr: sie stehen komplett unter Wasser. Westeuropa leidet unter monatelangen
Regenzeiten. Dafür ist der Held des Romans ein niederländischer Kommissar, der
von Brüssel aus operiert.
Drohnenland hat aus dem Stand Platz 5 der Krimi-Bestenliste der „Zeit“ (Zeit Nr.
24/14) erreicht. Die Rezensionen sind einmütig positiv. In der Kombination von
Krimi und Science Fiction ist der Roman in dieser Qualität bei einem deutschen
Autor einzigartig.
Bei Daniel Suarez folgte auf Daemon die mehr sozialutopisch
orientierte Fortsetzung Freedom™. Da hoffe
ich doch, dass Hillenbrand auch so etwas vorhat.
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