Das vierundzwanzigste Türchen:
Drei kleine Weihnachtsgedichte
Advent
Es treibt der Wind im Winterwalde
die Flockenherde wie ein Hirt
und manche Tanne ahnt wie balde
sie fromm und lichterheilig wird.
Und lauscht hinaus: den weißen Wegen
streckt sie die Zweige hin - bereit
und wehrt dem Wind und wächst entgegen
der einen Nacht der Herrlichkeit.
Rainer Maria Rilke
Weihnachtslegende
Maria lag in Schmerzen sieben Stunden,
Und ihre Augen leuchteten nach innen,
Da gab man ihr, gehüllt in weisses Linnen,
Den jungen Gott, der sich zu ihr gefunden.
Sie zitterte, der schwachen Hand zu trauen,
Aus Furcht, er möchte fallen. Doch er schwebte
Ganz ohne Schwere über ihr im blauen
Nachthimmel, während ihre Ahnung bebte.
Klabund
Hätt' einer auch
fast mehr Verstand
Hätt' einer auch fast mehr Verstand
als wie die drei Weisen aus Morgenland
und ließe sich dünken, er wäre wohl nie
dem Sternlein nachgereist, wie sie;
dennoch, wenn nun das Weihnachtsfest
seine Lichtlein wonniglich scheinen lässt,
fällt auch auf sein verständig Gesicht,
er mag es merken oder nicht,
ein freundlicher Strahl
des Wundersternes von dazumal.
Wilhelm Busch
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