Johann Gottfried Herder, Ideen zur Philosophie der
Geschichte der Menschheit (1784-1791)
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Mittwoch, 27. Februar 2013
Aus gegebenem Anlass…
“Keine zwei Dinge konnten einander sich fremder sein, als
das römische Papsttum und der Geist deutscher Sitten.”
Dienstag, 26. Februar 2013
Auf Du und Du mit der Wehrmacht: Herbert, Georg, Egon, Fritz, Wilhelm und Heinz
Die deutsche Firma Custom Brick Design bedruckt Lego-Figuren
mit Designs, die von Lego selbst nicht geliefert werden, aber für die es wohl eine gewisse Nachfrage gibt: zum Beispiel
Wehrmachtsuniformen. Auch die dazu passenden Accessoires wie Helme und Waffen
werden von der Firma angeboten. All dies ist zum Beispiel bei amazon.de
erhältlich.
Wer das kauft? Keine Ahnung! Kinder und Jugendliche und ihre
Pappis, wahrscheinlich. In den USA sollen sie sehr beliebt sein. Für Neonazis sind die niedlichen Püppchen weniger
geeignet, und es gibt auch (noch) keine SS-Figuren (da ist man nach wie vor auf
die guten alten Zinnsoldaten angewiesen).
Was man damit macht? Krieg spielen, wahrscheinlich. Und da es ja das liebenswerte Genre der Brickfilme gibt, dem ich in Café Deutschland bereits Aufmerksamkeit gewidmet habe, überrascht es nicht, dass bereits ganze Schlachten des Zweiten Weltkriegs auf diese Weise nachgebildet worden sind: Historical Reenactment der neuen Art!
Das bestgemachte Beispiel hierfür ist allerdings nach dem fiktiven französischen Ort Ramelle benannt, der in dem Film “Saving Private Ryan” vorkommt. Der Regisseur von “Battle of Ramelle” (2010) ist der sechzehnjährige Jonathan Schneider, der hierfür auch noch vieles improvisieren musste:
Die Veränderung von Legofiguren durch Käufer und Kinder gibt
es schon lange. Neu ist jetzt das Produktionsverfahren DCP, das die Figuren
genauso kratzfest macht wie die Originalfiguren, bombenfest sozusagen. Sie sind
etwas teurer, aber der Markt dafür wächst. Bis jetzt gibt es sechs Soldaten mit verschiedener Ausrüstung: Herbert, Georg, Egon, Fritz, Wilhelm und Heinz. Das Angebot wird demnächst
ausgeweitet.
Wehrmacht-Scharfschütze Georg
|
Was man damit macht? Krieg spielen, wahrscheinlich. Und da es ja das liebenswerte Genre der Brickfilme gibt, dem ich in Café Deutschland bereits Aufmerksamkeit gewidmet habe, überrascht es nicht, dass bereits ganze Schlachten des Zweiten Weltkriegs auf diese Weise nachgebildet worden sind: Historical Reenactment der neuen Art!
Das bestgemachte Beispiel hierfür ist allerdings nach dem fiktiven französischen Ort Ramelle benannt, der in dem Film “Saving Private Ryan” vorkommt. Der Regisseur von “Battle of Ramelle” (2010) ist der sechzehnjährige Jonathan Schneider, der hierfür auch noch vieles improvisieren musste:
Muss ich mich darüber aufregen?
Samstag, 23. Februar 2013
Freitag, 22. Februar 2013
Frank Schirrmachers Ego-Monster - Die Gegenwart der Zukunft
Einer der bemerkenswertesten Fernsehaugenblicke der letzten
Jahre war für mich der beispiellose gemeinsame Auftritt der Bundeskanzlerin Merkel
und ihres Finanzministers im Jahre 2008. Merkel und Steinbrück versprachen in
den deutschen Nachrichtensendungen allen Bundesbürgern, dass trotz der
herrschenden Krise ihre Spareinlagen gesichert seien. Zu dem Zeitpunkt hatte
übrigens niemand eine derartige Frage gestellt. Ich weiß noch, dass es mir in
diesem Moment eiskalt den Rücken herunterlief:
Den Befindungen und Prognosen dieses Buches war die gestrige Sendung “beckmann” in der ARD gewidmet, eine der bemerkenswertesten Talkshows der letzten Jahre, an der neben Frank Schirrmacher selbst lauter kluge Leute teilnahmen.
Mir war damals folgendes klar:
Erstens: Diese Garantie konnten die beiden überhaupt nicht
geben, denn sie hätte nicht eingelöst werden können;
Zweitens: Wenn sie das sagten, musste die Krise auch aus der
Sicht der Regierung und der Fachleute völlig unvorhersagbare, undurchschaubare
und unbeherrschbare Ausmaße angenommen haben;
Drittens: Hier standen zwei der höchsten Regierungsrepräsentanten der
Bundesrepublik Deutschland und verkündeten eine Lüge. Okay: eine Notlüge, da
sie offenbar eine bevorstehende Panik befürchteten.
In Science-Fiction-Romanen und in kulturkritischen Prognosen
der letzten Jahre kam immer wieder die Vision vor, dass der Fortschritt der
Computertechnik binnen weniger Jahrzehnte zur Herausbildung einer
technisch-digitalen Superintelligenz führen könnte, die der biologischen
Kollektivintelligenz des Menschen überlegen wäre. Sie würde das Potential und
die Macht zu einer vollkommen anderen Zivilisation auf Erden haben.
Dieses “Monster” ist keine Zukunftsvision, sondern zum Teil
bereits Gegenwart. Davon handelt eines der bemerkenswertesten Bücher der
letzten Jahre: Frank Schirrmachers “Ego. Das Spiel des Lebens” (2013). Die
global verflochtene Finanzwelt wird von den Algorithmen superschneller Computer
gesteuert, deren Agieren von Menschen nicht mehr durchschaubar ist. Ziel ist
die größtmögliche Effizienz. Dasselbe Modell bahnt sich auch in anderen
gesellschaftlichen Bereichen an, zum Beispiel bei den Medien.Den Befindungen und Prognosen dieses Buches war die gestrige Sendung “beckmann” in der ARD gewidmet, eine der bemerkenswertesten Talkshows der letzten Jahre, an der neben Frank Schirrmacher selbst lauter kluge Leute teilnahmen.
Es lohnt sich, die Zeit zu investieren und sich diese
Sendung anzusehen. Hier gibt's sie:
Mediathek Das Erste (Je nach Verarbeitung dieses Links muss man sich noch das Datum einstellen: Donnerstag, 21. Februar, 22:45 Uhr).
Donnerstag, 21. Februar 2013
Zensur einer Hitlerparodie - Bugs Bunny: Herr Meets Hare
Noch heute gibt es eine Zensur von Hitlerparodien. Warum
bloß? Wenn ich auf YouTube die Fragmente des siebenminütigen Trickfilms “Herr Meets Hare” (1945) von Friz Feleng sehe, verstehe ich einfach nicht, warum
Warner Brothers die Vorführung dieses Films verhindern will:
Die komplette Version gibt es aber doch auf der DVD “Looney Tunes Golden Collection: Volume 6” (disc 2), zum Beispiel bei Amazon.
Dienstag, 19. Februar 2013
Die literarische Küche: Currywurst
“… da war sie auf der dunklen Treppe ins Stolpern gekommen.
Klatsch. Drei Flaschen Ketchup waren kaputt. Sie machte oben Licht, schloss
die Tür auf. Ein roter Matsch. Und in dem Matsch auch noch das Currypulver aus
der Dose, die sie im Auto aufgemacht hatte, um an dem Curry zu lecken. […]
Glücklicherweise waren die Flaschen nicht so kleingesplittert, dass man den
rotbraunen Matsch nur noch wegkippen musste. Sie fischte die Scherben aus dem
Ketchup. Aber das Ketchup war verdorben, es war mit dem Currypuder vermischt.
Sie holte den Abfalleimer, wollte es wegschmeißen, da leckte sie
gedankenverloren an den verschmierten Fingern – leckte nochmals, hellwach, und
nochmals, das schmeckte, das schmeckt, so, dass sie lachen musste, scharf, aber
nicht nur scharf, etwas Fruchtigfeuchtscharfes, lachte über dieses
Missgeschick, diesen schönen Zufall. […] Sie stellte die Pfanne auf das Gas und
schüttete den vom Boden zusammengeschobenen Curry samt Ketchup hinein. Da,
langsam, erfüllte die Küche sich mit einem Duft, einem Duft wie aus
Tausendundeiner Nacht. […] Und weil sie seit dem Frühstück nichts gegessen
hatte, schnipselte sie sich eine von den hautlosen Kalbsbratwürsten in die
Pfanne, briet sie mit dem Currymatsch. Und was sonst nur dröge und labberig
schmeckte, war fruchtigfeucht mit diesem fernen, unbeschreibbaren Geschmack.
Sie saß und aß mit Genuss die erste Currywurst.”
Uwe Timm, Die Entdeckung der Currywurst (1993), 212-214
P.S.: Currywurst isst man bei einer Imbissbude. Meine Lieblingscurrywurst
bekomme ich – fruchtigfeucht und extrascharf – bei der Hasenecke am Savignyplatz
vor meiner Berliner Haustür. Da gibt es mindestens die zweitbeste Currywurst
von Berlin.
Currywurstkiosk Hasenecke am Savignyplatz |
Die literarische Küche: Rheinischer Sauerbraten
“Mein Köstlichstes, würde sie erzählen, um meinen Appetit zu
steigern, mein Köstlichstes war ein deutsches Menü. Man glaubt es kaum, gelten
die Deutschen doch als mittelmäßige Köche. Ein Rheinischer Sauerbraten, stellen
Sie sich vor, mein lieber Freund, ein Schulterstück vom Rind vier Tage in
Rotwein eingelegt, die Soße mit Lebkuchen eingedickt und mit halbierten
Haselnüssen und Rosinen verfeinert, dazu Blaukraut mit Äpfeln und einem
Serviettenkloß mit Muskatnuss und viel gehackter Petersilie. Und Weißwein.
Sicher ein Stilbruch: Rotweinsoße und Weißwein. Aber es muss Weißwein sein. So
sind die Deutschen. Zum Nachtisch Apfelmus, simples Apfelmus mit einer Haube
Preißelbeerkompott. So sind die Deutschen.”
Michael Köhlmeier, Die Abenteuer des Joel Spazierer (München
2013), 493
Sonntag, 17. Februar 2013
Alleskino – Ein tolles Projekt
Auf der Website www.alleskino.de
, die letzte Woche gestartet wurde, werden nach und nach alle Kinofilme, die je
in Deutschland produziert wurden, als Video on Demand zugänglich gemacht. Der
Berliner Tagesspiegel berichtet darüber.
Im Moment sind es erst 190 Filme, darunter ein Kultfilm
meiner Generation, der nicht auf DVD erhältlich ist: “Zur Sache Schätzchen” (1968)
von May Spils. Den habe ich auf meiner Liste von BRD-Filmen vergessen. Auf YouTube gibt’s immerhin den Trailer. Meine Empfehlung:
Samstag, 16. Februar 2013
Science Fiction als Gegenwartsbewältigung - Deutsche Romane des 21. Jahrhunderts
Seit einigen Jahren bedienen sich auch eine Reihe deutschsprachiger
Triple-A-Autoren des Genres Science Fiction:
Wenn die Gegenwart stagniert und sich auf Vergangenheits- und Zukunftsbewältigung reduziert, wenn sie also mit sich selbst nichts richtig anzufangen weiß, dann ergibt das einen Nährboden für Utopien. Das scheint seit etwa 2005 der Fall zu sein.
Schaut man zum Vergleich auf die Jahre 1989-2005, so finden sich
(außerhalb des kommerziellen Unterhaltungsgenres Science Fiction natürlich)
kaum literarische Utopien in Deutschland. Gut, es kann an mir liegen, aber
außer Christoph Ransmayrs “Morbus Kitahara” (1995) fällt mir nichts ein. Und
das ist ein Roman, der einen alternativen Geschichtsverlauf nach 1945
schildert, also Science Fiction im Dienst von Vergangenheitsbewältigung.
In den anderthalb Jahrzehnten nach dem Fall der Mauer war die Gegenwart so realutopisch aufgeladen, dass es keiner fiktionalen Nachhilfe bedurfte. Aber jetzt ist es wieder soweit: Es braut sich was zusammen, und all das wird global wirksam werden. Die sieben oben genannten Romane bieten faszinierende Facetten der Gegenwartsbewältigung im Angesicht des Unvorhersagbaren. Sie handeln alle vom Jetzt.
Ich vermute mal, dass sie in der Bonner Ausstellung “Science Fiction in Deutschland” nicht vorkommen.
Thomas Lehr, 42 (2005)
Thomas Glavinic, Die Arbeit der Nacht (2006)
Dietmar Dath, Die Abschaffung der Arten (2008)
Christian Kracht, Ich werde hier sein im Sonnenschein und imSchatten (2008)
Juli Zeh, Corpus delicti. Ein Prozess (2009)
Reinhard Jirgl, Nichts von euch auf Erden (2013)
Wenn die Gegenwart stagniert und sich auf Vergangenheits- und Zukunftsbewältigung reduziert, wenn sie also mit sich selbst nichts richtig anzufangen weiß, dann ergibt das einen Nährboden für Utopien. Das scheint seit etwa 2005 der Fall zu sein.
In den anderthalb Jahrzehnten nach dem Fall der Mauer war die Gegenwart so realutopisch aufgeladen, dass es keiner fiktionalen Nachhilfe bedurfte. Aber jetzt ist es wieder soweit: Es braut sich was zusammen, und all das wird global wirksam werden. Die sieben oben genannten Romane bieten faszinierende Facetten der Gegenwartsbewältigung im Angesicht des Unvorhersagbaren. Sie handeln alle vom Jetzt.
Ich vermute mal, dass sie in der Bonner Ausstellung “Science Fiction in Deutschland” nicht vorkommen.
Freitag, 15. Februar 2013
Science Fiction in Deutschland - Ausstellung in Bonn
Im “Haus der Geschichte” in Bonn läuft noch bis zum 1. April
2013 die Ausstellung “Science Fiction in Deutschland”. Danach wird sie vom 11.
Juni 2013 bis zum 12. Januar 2014 im Zeitgeschichtlichen Forum Leipzig zu sehen
sein.
Die Ausstellung hat das Konzept, die zeitgeschichtlichen Hintergründe der Zukunftsvisionen aus BRD und DDR sichtbar zu machen. Andreas Eschbach, der zur Zeit erfolgreichste deutsche SF-Autor, hat sich in einem schnellen Rundgang einen Eindruck verschafft.
Die Ausstellung hat das Konzept, die zeitgeschichtlichen Hintergründe der Zukunftsvisionen aus BRD und DDR sichtbar zu machen. Andreas Eschbach, der zur Zeit erfolgreichste deutsche SF-Autor, hat sich in einem schnellen Rundgang einen Eindruck verschafft.
Mittwoch, 13. Februar 2013
Hi, hi, Hitler
Nach allen tief- und
scheinseriösen Erinnerungsspektakeln über Hitler mehren sich seit einigen
Jahren witzige, schräge oder auch schlichtweg geschmacklose Versuche, dem
(nicht nur) deutschen Bedürfnis entgegenzukommen, über Hitler auch mal lachen
zu wollen.
Das neueste Beispiel ist Timur Vermes' Roman “Er ist wieder da. Der Roman” (2012), in dem Hitler im Jahre 2011 auf einer Wiese mitten in Berlin aufwacht. Das Buch steht seit sechs Wochen auf Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste, hat in wenigen Monaten 12 Auflagen erlebt und regt die Deutschen zu unzähligen Kommentaren bei Amazon und in den social media an.
Ich will ja kein Spielverderber sein, aber ich habe irgendwie keine Lust, es zu lesen.
Dabei habe ich vor sechs Jahren durchaus meinen Spaß gehabt mit Walter Moers’ “Adolf – Der Bonker. Eine Tragikomödie in drei Akten” (2006) und auch mit dem dazugehörigen Lied:
Das neueste Beispiel ist Timur Vermes' Roman “Er ist wieder da. Der Roman” (2012), in dem Hitler im Jahre 2011 auf einer Wiese mitten in Berlin aufwacht. Das Buch steht seit sechs Wochen auf Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste, hat in wenigen Monaten 12 Auflagen erlebt und regt die Deutschen zu unzähligen Kommentaren bei Amazon und in den social media an.
Ich will ja kein Spielverderber sein, aber ich habe irgendwie keine Lust, es zu lesen.
Dabei habe ich vor sechs Jahren durchaus meinen Spaß gehabt mit Walter Moers’ “Adolf – Der Bonker. Eine Tragikomödie in drei Akten” (2006) und auch mit dem dazugehörigen Lied:
Aber wieder einmal
scheint mir der angelsächsische Humor angenehmer: Wer mehr Witz und
Schreibtalent sucht, ist zum Beispiel bei dem jungen Londoner Ned Beauman gut
aufgehoben. Sein Debütroman “Boxer, Beetle” (2010) hat aus den oben genannten
Gründen in der deutschen Übersetzung ein lustiges Cover und den Locktitel “Flieg, Hitler, flieg” bekommen. Hitler ist auch nicht die Hauptsache darin, aber das macht nichts: Den
kann man (bzw. ich) lesen.
Dienstag, 12. Februar 2013
Abbitte an die Österreicher: Sie schreiben die besseren deutschen Romane
Ich rede hier
immer von „deutscher Literatur“ und „deutschen“ Romanen. Sieht man genauer hin,
so geht es aber in der Überzahl der Fälle um österreichische Autoren.
Wenn man das letzte Jahrzehnt überblickt, lassen sich mühelos zehn Österreicher mit bemerkenswerten Romanen nennen, während ich bei einer deutschen oder gar Schweizer Liste schwer ins Grübeln komme:
Dieses österreichische Übergewicht ist Felicitas von Lovenberg von der FAZ schon vor einigen Jahren aufgefallen. Felix Austria!
Wenn man das letzte Jahrzehnt überblickt, lassen sich mühelos zehn Österreicher mit bemerkenswerten Romanen nennen, während ich bei einer deutschen oder gar Schweizer Liste schwer ins Grübeln komme:
Michael
Köhlmeier, Die Abenteuer des Joel Spazierer (2013)
Elfriede
Jelinek, Neid (Internetroman, 2008)
Thomas
Glavinic, Der Kameramörder (2001)
Peter Handke,
Die morawische Nacht (2008)
Robert Menasse,
Die Vertreibung aus der Hölle (2001)
Walter
Kappacher, Selina oder Das andere Leben (2005)
Christoph
Ransmayr, Atlas eines ängstlichen Mannes (2012)
Daniel
Kehlmann, Die Vermessung der Welt (2005)
Clemens Setz,
Indigo (2012)
Dieses österreichische Übergewicht ist Felicitas von Lovenberg von der FAZ schon vor einigen Jahren aufgefallen. Felix Austria!
Sonntag, 10. Februar 2013
Samstag, 9. Februar 2013
„Ohne meinen Alltours sage ich nichts“
Wer in dieser
Jahreszeit deutsches Fernsehen guckt, kommt in den 20 Sekunden vor der
Tagesschau oder der Heute-Sendung nicht um den Werbespot des Reiseveranstalters
„Alltours“ herum:
Der Clip läuft inzwischen seit fünf Jahren, was in der kurzlebigen Werbewelt für eine außerordentliche Wirksamkeit spricht. Ich sehe ihn sehr gerne, obwohl ich nicht zur eigentlichen Zielgruppe gehöre. Das sind, schätze ich einmal, junge Familien mit Kindern, die ein bisschen aufs Geld achten müssen. Und doch geht die Reichweite dieses Clips weit darüber hinaus.
Der inzwischen sprichwörtliche Satz „Ohne meinen Alltours sage ich nichts“ lebt von der Diskrepanz zwischen Kindlichkeit und Erwachsenheit, Unschuld und Erotik, Heimlichkeit und der Gefahr der Entdeckung: Ein zehnjähriges Schülerpaar während einer Unterrichtsstunde; Stillarbeit, im Hintergrund geht die Lehrerin auf und ab; der Junge sucht mit einem Zettel Kontakt zu dem Mädchen, eine Szene, die jedem Zuschauer, ob Mann ob Frau, ob Mädchen oder Junge, etwas sagt.
Der Junge benutzt das Wort Urlaub statt Ferien; die Frage: “Möchtest du mit mir in den Urlaub fahren” kommt eher aus der Erwachsenenwelt. Die kokett hochgezogene Schulter des Mädchens bei der Antwort vermittelt ein reizvolles Sich-Zieren und damit auch eine erotische Erwachsenheit. Das Ganze spielt sich während des Unterrichts unter den Augen der Lehrerin ab, die aber nichts mitkriegt; also ein Rahmen der Verbotenheit und der prickelnden Gefahr, entdeckt zu werden.
„Alltours“ wird von dem Mädchen als schützende Instanz angerufen, die aber Aussicht auf eine besonders gelungene Erfüllung gibt; das beglückte „Ja“ ist schon da, wird jedoch mit einem retardierenden Element (sozusagen mit dem Alltours-Vorbehalt) versehen, aus dem die wirkliche Erlösung kommen kann: Der Clip zielt eigentlich auf die Entscheidungsfindung in einer jungen Familie mit beschränkten finanziellen Möglichkeiten, auf die Diskussion zwischen Mann und Frau und die Möglichkeiten der Frau, über den Alltours-Katalog mitzubestimmen (wahrscheinlich lässt es sich statistisch nachweisen, dass Frauen die Kataloge beschaffen und die Reiseziele vorsortieren): ein äußerst gelungenes Beispiel von Werbepsychologie, das in allen Köpfen und Herzen ankommt und hängen bleibt. Genial!
Der Satz „Ohne meinen Alltours sage ich nichts“ hat übrigens untergründige Qualitäten, die weit über die originale und originelle Reiseveranstalterwerbung hinausgehen. Bei meiner Google-Suche zum Alltours-Werbespot stieß ich in einer Website mit Alltagsdialogen auf den folgenden Erlebnisbericht:
Der Clip läuft inzwischen seit fünf Jahren, was in der kurzlebigen Werbewelt für eine außerordentliche Wirksamkeit spricht. Ich sehe ihn sehr gerne, obwohl ich nicht zur eigentlichen Zielgruppe gehöre. Das sind, schätze ich einmal, junge Familien mit Kindern, die ein bisschen aufs Geld achten müssen. Und doch geht die Reichweite dieses Clips weit darüber hinaus.
Der inzwischen sprichwörtliche Satz „Ohne meinen Alltours sage ich nichts“ lebt von der Diskrepanz zwischen Kindlichkeit und Erwachsenheit, Unschuld und Erotik, Heimlichkeit und der Gefahr der Entdeckung: Ein zehnjähriges Schülerpaar während einer Unterrichtsstunde; Stillarbeit, im Hintergrund geht die Lehrerin auf und ab; der Junge sucht mit einem Zettel Kontakt zu dem Mädchen, eine Szene, die jedem Zuschauer, ob Mann ob Frau, ob Mädchen oder Junge, etwas sagt.
Der Junge benutzt das Wort Urlaub statt Ferien; die Frage: “Möchtest du mit mir in den Urlaub fahren” kommt eher aus der Erwachsenenwelt. Die kokett hochgezogene Schulter des Mädchens bei der Antwort vermittelt ein reizvolles Sich-Zieren und damit auch eine erotische Erwachsenheit. Das Ganze spielt sich während des Unterrichts unter den Augen der Lehrerin ab, die aber nichts mitkriegt; also ein Rahmen der Verbotenheit und der prickelnden Gefahr, entdeckt zu werden.
„Alltours“ wird von dem Mädchen als schützende Instanz angerufen, die aber Aussicht auf eine besonders gelungene Erfüllung gibt; das beglückte „Ja“ ist schon da, wird jedoch mit einem retardierenden Element (sozusagen mit dem Alltours-Vorbehalt) versehen, aus dem die wirkliche Erlösung kommen kann: Der Clip zielt eigentlich auf die Entscheidungsfindung in einer jungen Familie mit beschränkten finanziellen Möglichkeiten, auf die Diskussion zwischen Mann und Frau und die Möglichkeiten der Frau, über den Alltours-Katalog mitzubestimmen (wahrscheinlich lässt es sich statistisch nachweisen, dass Frauen die Kataloge beschaffen und die Reiseziele vorsortieren): ein äußerst gelungenes Beispiel von Werbepsychologie, das in allen Köpfen und Herzen ankommt und hängen bleibt. Genial!
Der Satz „Ohne meinen Alltours sage ich nichts“ hat übrigens untergründige Qualitäten, die weit über die originale und originelle Reiseveranstalterwerbung hinausgehen. Bei meiner Google-Suche zum Alltours-Werbespot stieß ich in einer Website mit Alltagsdialogen auf den folgenden Erlebnisbericht:
„Vor langer, langer Zeit bin ich mal im Zug von Altglashütten-Falkau zurück
nach Freiburg gegurkt. Dabei erlebte ich folgende Konversation:
Eine Reihe vor mir sitzen sechs ältere Damen:
“Hajajei! Jetzt isch miin Deggl weg!”
“Welle Deggl?”
“Weisch de vo Tuppawär …”
“Ohne mein ‘Alltours’ sag’ ich nichts, hihihi …”
Schallendes Gelächter bei allen Beteiligten.
“Welli Farb’ hätt’ er denn?”
“Tuppawär isch amerikanisch!”
“Welli Farb’?”
“Ohne mein ‘Alltours’ sag’ ich nichts, hihihi …”
Gelächter.
“Ich kann amerikanisch!”
“Welli Farb’?”
“Blass!”
“Also eckig!?”
“Weisch blass!?
“Ohne mein ‘Alltours’ sag’ ich nichts, hihihi …”
Kein Gelächter der anderen Damen.
“Blass, sehr blass. Tuppawär!”
“Lueg halt uff em Bode!”
“Des goht jetzt nit.”
“Ohne mein ‘Alltours’ sag’ ich nichts.”
Kurze Stille.
“Ah do isch er!”
“Hajajei! Jetzt isch miin Deggl weg!”
“Welle Deggl?”
“Weisch de vo Tuppawär …”
“Ohne mein ‘Alltours’ sag’ ich nichts, hihihi …”
Schallendes Gelächter bei allen Beteiligten.
“Welli Farb’ hätt’ er denn?”
“Tuppawär isch amerikanisch!”
“Welli Farb’?”
“Ohne mein ‘Alltours’ sag’ ich nichts, hihihi …”
Gelächter.
“Ich kann amerikanisch!”
“Welli Farb’?”
“Blass!”
“Also eckig!?”
“Weisch blass!?
“Ohne mein ‘Alltours’ sag’ ich nichts, hihihi …”
Kein Gelächter der anderen Damen.
“Blass, sehr blass. Tuppawär!”
“Lueg halt uff em Bode!”
“Des goht jetzt nit.”
“Ohne mein ‘Alltours’ sag’ ich nichts.”
Kurze Stille.
“Ah do isch er!”
Den sechs alten Damen
im Zug, die nach dem verschwundenen Deckel suchen, waren diese Zusammenhänge
wohl nicht bewusst. Ihr großes Gelächter auf die Anwendung des Spruchs „ Ohne
meinen Alltours sage ich nichts“ in dieser Situation deutet aber daraufhin,
dass der erotische Zusammenhang im Unterbewusstsein von allen wirksam war.
Jedes Töpfchen hat sein Deckelchen.
Kein Wunder, dass
der Werbespot nunmehr im fünften Jahr läuft und auch allerlei Preise
eingeheimst hat. Dennoch: Ist diese Werbung schon am Rande von
Kinderpornographie?
Freitag, 8. Februar 2013
Frits Botermans kurzer Weg von Goethe zu Hitler
Ich hab es ja nicht so mit Goethe, aber wenn jemand sagt “Aan
Goethes Faust zie ik dat de nazi’s niet uit het niets kwamen” (“An Goethes
Faust sehe ich, dass die Nazis nicht aus dem Nichts gekommen sind”), verschlägt
es mir erst einmal die Sprache.
Der zitierte Satz kommt in ähnlicher Form noch einmal am
Ende des Artikels vor: “Mijn vrouw zet elke avond rond elf uur muziek van
Beethoven op. Daarin hoor ik het onweer nog niet naderen. Maar als ik naar
Wagner luister, of ik lees Goethes Faust, dan realiseer ik me goed dat de nazi’s
niet uit het niets zijn verschenen.” Also irgendwann um 1800 herum beginnt der
Weg, der zu Hitler führt, und er beginnt nicht bei irgendwelchen dumpfen frühen
Rassisten, sondern im Zentrum der deutschen Hochkultur.
Nun ist das Verhältnis von Kultur und Macht in Deutschland
in der Tat ein besonderes, aber mir war es immer erschienen, dass es gerade die
Machtlosigkeit war, die das deutsche
Bildungsbürgertum in den Kulturbereich getrieben hat und dass Hitlers
Hauptstütze das Kleinbürgertum und der enttäuschte Teil der Arbeiterschaft waren,
was wiederum sehr viel mit dem Ersten Weltkrieg und seinen Resultaten zu tun
hatte. Ich weiß nicht wie Boterman seine
neue Sonderwegversion begründet. Da müssen wir wohl auf sein Buch warten.
Vorläufig empfehle ich unseren Lesern (und auch Frits Boterman) Kurt Tucholskys Aufsatz aus dem Goethejahr 1932 (= 100. Todesjahr) zum gleichen Thema. Wer etwas mehr Zeit hat, kann sich auch Hiltraud Häntschels reichillustrierten Artikel “Hitler bei der Betrachtung von Goethes Schädel” zu Gemüte führen.
Und wenn ich jetzt nach Worten suche, so nicht um Goethe zu
verteidigen, sondern um eine Erklärung zu finden, wie Frits Boterman, der frühere
Inhaber der Professur für Duitslandstudies an der Rijksuniversiteit Groningen, zu solch einem Nonsense kommen kann. In seiner
damaligen Antrittsvorlesung hat er jedenfalls noch vor einem “finalistischen Blick” auf die
deutsche Geschichte gewarnt.
Boterman hat gestern seine Abschiedsvorlesung an der
Universiteit van Amsterdam gehalten. Der zitierte Satz stammt aus dem Artikel
von Bart Funnekotter in der NRC vom 7. Februar (Seite 17). Der Redakteur hatte
ein Interview mit Boterman geführt, in dem es um sein neues Opus magnum geht, das im Mai unter dem Titel “Cultuur
als macht. Cultuurgeschiedenis van Duitsland, 1800-heden” erscheint.Vorsicht mit Goethe |
Vorläufig empfehle ich unseren Lesern (und auch Frits Boterman) Kurt Tucholskys Aufsatz aus dem Goethejahr 1932 (= 100. Todesjahr) zum gleichen Thema. Wer etwas mehr Zeit hat, kann sich auch Hiltraud Häntschels reichillustrierten Artikel “Hitler bei der Betrachtung von Goethes Schädel” zu Gemüte führen.
Donnerstag, 7. Februar 2013
Preis der Leipziger Buchmesse: Die Schwergewichte folgen später
Heute wurden die Nominierten für den Preis der Leipziger
Buchmesse (14.-17. März 2013) bekannt. Die Informationen findet ihr auf der Website.
Natürlich muss die Jury immer allerlei Ausgewogenheiten
beachten, und so ist das Ergebnis meist etwas enttäuschend. Am meisten regt
mich seit Jahren die Nichtberücksichtigung von gegenwartsbezogenen Romanen auf.
Jedenfalls kann mich keiner der für Belletristik nominierten Titel sonderlich begeistern.
Aber das Jahr 2013 ist noch lang, und die Schwergewichte
folgen erst noch: Zum Beispiel Michael Köhlmeier, dessen von Michael Maar in der ZEIT bejubelter Roman “Die Abenteuer des Joel Spazierer” gerade erschienen ist sowie Reinhard Jirgl mit seinem
utopischen Roman “Nichts von euch auf Erden” (Ende Februar) und Botho Strauss
mit dem neuen Erzählband “Die Fabeln von der Begegnung” (Ende Februar). Zu
diesen dreien jedenfalls wird es auch in Café Deutschland Besprechungen geben.
Dienstag, 5. Februar 2013
Der DKW – ein gesamtdeutsches Auto und ich
Ich sitze hier in einem DKW F89 Meisterklasse, meines Vaters erstem Auto und ganzem Stolz, wie man an seinem kühn vorwärts gerichteten Blick im Jahr 1953 ablesen kann. Ich halte mich am Steuerrad fest wie an einem unverstandenen Rettungsring und wirke mit meinen heruntergerutschten weißen Sonntagsstrümpfen und Lackschuhen mit Schnalle auf dem Fahrersitz völlig deplaziert. Mehr als zwei, drei Mal in meinem Leben habe ich danach dann auch nicht am Steuer eines Autos gesessen, und es muss auch irgendeinen Grund dafür geben, dass ich nie den Führerschein gemacht habe. Kein Trauma, das kann es nicht gewesen sein. Mein Vater hat nie einen Unfall gebaut. Dazu fuhr er viel zu schlecht; jeder Fahrer in seiner Nähe spürte das und hielt Abstand. Ich interessierte mich einfach nicht für Autos.
Beim Einscannen alter Photos bin ich auf dieses Bild
gestoßen. Das gab den Anstoß für zwei Erinnerungsketten: eine biographische und
eine technikgeschichtliche. Von unserem DKW wusste ich nur, dass es ein
Zweitakter war, und das charakteristische Geräusch des Motors habe ich immer
noch im Ohr. Ästhetisch macht der Wagen eigentlich einen ganz guten Eindruck.
Natürlich gibt es heute noch Liebhaber, die über ein gut erhaltenes Exemplar
verfügen. Unserer war allerdings grün:
Dieser Pkw hätte
eigentlich schon im Jahr 1940 bei der Auto Union produziert werden sollen, wozu
es wegen des Krieges nicht mehr kam. Überrascht hat mich, dass er dann ab 1950
in beiden deutschen Staaten hergestellt wurde: als DKW F89 in Düsseldorf und
als IFA F9 in Zwickau. Die DDR-Autogeschichte ist vielfältiger als der trabantfixierte
Wessiblick es wahrhaben will.
Übrigens war der preisgünstige DKW auch in den Niederlanden
der fünfziger Jahre ein beliebtes Fahrzeug. Und so gibt es neben dem
deutschen Audi-Museum in Ingolstadt auch ein niederländisches Auto-Union-Museum in Bergen.
Warum erzähle ich das bloß alles? Ich interessiere mich
nicht für Autos.
Montag, 4. Februar 2013
Tafelspitz: Das Leibgericht des Bezirkshauptmanns Franz Freiherrn von Trotta und Sipolje
“Nach der Suppe trug man den garnierten Tafelspitz auf,
das Sonntagsgericht des Alten seit unzähligen Jahren. Die wohlgefällige
Betrachtung, die er dieser Speise widmete, nahm längere Zeit in Anspruch als
die halbe Mahlzeit. Das Auge des Bezirkshauptmanns liebkoste zuerst den zarten
Speckrand, der das kolossale Stück Fleisch umsäumte, dann die einzelnen
Tellerchen, auf denen die Gemüse gebettet waren, die violett
schimmernden Rüben, den sattgrünen, ernsten Spinat, den fröhlichen, hellen
Salat, das herbe Weiß des Meerrettichs, das tadellose Oval der jungen
Kartoffeln, die in schmelzender Butter schwammen und an zierliche Spielzeuge
erinnerten. Er unterhielt merkwürdige Beziehungen zum Essen. Es war, als äße er
die wichtigsten Stücke mit den Augen, sein Schönheitssinn verzehrte vor allem
den Gehalt der Speisen, gewissermaßen ihr Seelisches; der schale Rest, der dann
in Mund und Gaumen gelangte, war langweilig und mußte unverzüglich verschlungen
werden. Die schöne Ansicht der Speisen bereitete dem Alten ebensoviel Vergnügen
wie ihre einfache Beschaffenheit. Denn er hielt auf ein sogenanntes
»bürgerliches« Essen: ein Tribut, den er seinem Geschmack ebenso wie seiner
Gesinnung zollte; diese nämlich nannte er eine spartanische. Mit einem
glücklichen Geschick vereinigte er also die Sättigung seiner Lust mit den
Forderungen der Pflicht. Er war ein Spartaner. Aber er war ein Österreicher.
Er machte sich nun, wie jeden Sonntag, daran, den Spitz
zu zerschneiden. Er stieß die Manschetten in die Ärmel, hob beide Hände, und
indem er Messer und Gabel an das Fleisch ansetzte, begann er, zu Fräulein
Hirschwitz gewendet:»Sehn Sie, meine Gnädige, es genügt nicht, beim Fleischer
ein zartes Stück zu verlangen. Man muß darauf achten, in welcher Art es
geschnitten ist. Ich meine, Querschnitt oder Längsschnitt. Die Fleischer
verstehen heutzutage ihr Handwerk nicht mehr. Das feinste Fleisch ist
verdorben, nur durch einen falschen Schnitt. Sehen Sie her, Gnädigste! Ich kann
es kaum noch retten. Es zerfällt in Fasern, es zerflattert geradezu. Als Ganzes
kann man's wohl ›mürbe‹ nennen. Aber die einzelnen Stückchen werden zäh sein,
wie Sie bald selbst sehen werden. Was aber die Beilagen, wie es die
Reichsdeutschen nennen, betrifft, so wünsche ich ein anderes Mal den Kren,
genannt Meerrettich, etwas trockener. Er darf die Würze nicht in der Milch
verlieren. Auch muß er knapp, bevor er zum Tisch kommt, angerichtet werden. Zu
lange naß gewesen. Ein Fehler!«”
Joseph
Roth, Radetzkymarsch, (1932) 2. Kapitel
Sonntag, 3. Februar 2013
Sensation: Tafelspitz in Holland
Mir ist heute
aufgefallen, dass es bisher im Café Deutschland keine Speisekarte gibt. Dabei
gehört für mich Essen absolut zur Kultur.
Niederländische
Zeitungen haben, was die deutsche Küche betrifft, jahrzehntelang große Ignoranz
an den Tag gelegt beziehungsweise nur hämisch von Bratwurst und Sauerkraut
berichtet. Auch hier haben sich die Zeiten geändert: In der Samstagsausgabe der
NRC schreibt Marjoleine de Vos zwei Seiten lang einen kulturhistorischen und
kochpraktischen Artikel über Tafelspitz, ein in erster Linie österreichisches,
aber durchaus auch süddeutsches Gericht.
„Waan je in Wenen“,
heißt ihr Artikel: Stell dir vor, du bist in Wien. Und: „Als je het eet, proef
je een andere cultuur“, wenn du es isst, schmeckst du eine andere Kultur! Und
was für eine! Tafelspitz ist herrlich und gehört zu meinen Lieblingsgerichten.
Er braucht wohl ein wenig Geduld beim Kochen.
„Tafelspitz is een driehoekig stuk van het staartstuk – het is
niet heel gemakkelijk om erachter te komen om welk stuk het precies gaat.“ Richtig, ein niederländischer Schlachter
kommt dann schon mal mit “dikke lende”, aber das müsst ihr selbst rausfinden. Ich
bringe hier das Rezept aus der NRC. Ihr könnt es ja im Internet mal mit
deutschen und österreichischen Rezepten vergleichen. Es gibt auch viele
Varianten.
Zur Sicherheit
hier noch eine Kochanleitung, die ich auf YouTube gefunden habe:Samstag, 2. Februar 2013
Jazz meets Wagner: Eric Schaefer
Jazz und Wagner? Mit beidem tue ich mich schwer, aber ich
probiere immer wieder mal, ob sich meine Ohren dafür öffnen. Vor einem Jahr
habe ich einen kleinen Beitrag über den Jazzpianisten Michael Wollny
geschrieben. Jetzt bin ich auf den Schlagzeuger Eric Schaefer gestoßen, mit dem Wollny in dem
Trio [em] spielt, zusammen mit der Bassistin Eva Kruse.
Schaefer hat 2011 reihenweise die deutschen Jazzpreise
abgeräumt und fällt jetzt durch seine Adaption von Wagner auf. Auf seiner neuen
CD “Who is afraid of Richard W.?” (2013) jazzt er sich quer durch Wagners
Opernmelodien, zum Beispiel den Walkürenritt, von dem hier nur das Anspiel auf
Amazon zu hören ist. Na ja, ich bin nicht überzeugt!
Fairerweise hier aber noch ein kompletter Titel aus dem
neuen Album: Nietzsche in Disguise.
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