“… da war sie auf der dunklen Treppe ins Stolpern gekommen.
Klatsch. Drei Flaschen Ketchup waren kaputt. Sie machte oben Licht, schloss
die Tür auf. Ein roter Matsch. Und in dem Matsch auch noch das Currypulver aus
der Dose, die sie im Auto aufgemacht hatte, um an dem Curry zu lecken. […]
Glücklicherweise waren die Flaschen nicht so kleingesplittert, dass man den
rotbraunen Matsch nur noch wegkippen musste. Sie fischte die Scherben aus dem
Ketchup. Aber das Ketchup war verdorben, es war mit dem Currypuder vermischt.
Sie holte den Abfalleimer, wollte es wegschmeißen, da leckte sie
gedankenverloren an den verschmierten Fingern – leckte nochmals, hellwach, und
nochmals, das schmeckte, das schmeckt, so, dass sie lachen musste, scharf, aber
nicht nur scharf, etwas Fruchtigfeuchtscharfes, lachte über dieses
Missgeschick, diesen schönen Zufall. […] Sie stellte die Pfanne auf das Gas und
schüttete den vom Boden zusammengeschobenen Curry samt Ketchup hinein. Da,
langsam, erfüllte die Küche sich mit einem Duft, einem Duft wie aus
Tausendundeiner Nacht. […] Und weil sie seit dem Frühstück nichts gegessen
hatte, schnipselte sie sich eine von den hautlosen Kalbsbratwürsten in die
Pfanne, briet sie mit dem Currymatsch. Und was sonst nur dröge und labberig
schmeckte, war fruchtigfeucht mit diesem fernen, unbeschreibbaren Geschmack.
Sie saß und aß mit Genuss die erste Currywurst.”
Uwe Timm, Die Entdeckung der Currywurst (1993), 212-214
P.S.: Currywurst isst man bei einer Imbissbude. Meine Lieblingscurrywurst
bekomme ich – fruchtigfeucht und extrascharf – bei der Hasenecke am Savignyplatz
vor meiner Berliner Haustür. Da gibt es mindestens die zweitbeste Currywurst
von Berlin.
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Currywurstkiosk Hasenecke am Savignyplatz |
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