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Sonntag, 27. Mai 2012

Museum Insel Hombroich

Ausflugstipp zu Pfingsten: Die Insel Hombroich, eine der schönsten Garten- und Museumsanlagen Deutschlands in der Nähe von Neuss, von den Niederlanden aus per Auto gut für einen Tagestrip erreichbar. Die eigene Website der Stiftung gibt einen Eindruck, was den Besucher erwartet.

Ich war hier vor drei Jahren zum ersten Mal und habe damals dieses Foto gemacht, das mich seitdem immer mal wieder zu sinnigen (?) Gedichten inspiriert. Inzwischen weiß ich endlich, von wem die Skulptur stammt: Es sind die „Eisenmänner/Wächter“ (1993) von Anatol Herzfeld, von dem in Hombroich noch viel mehr zu sehen ist.



Neun Herren (1): Der Zehnte

Neun Herren stehen in Reih‘ und Glied.
Sie stehen und warten; die Zeit verfliegt.
Am Mittag, da kam ICH vorbei
Und stellte mich vor sie hin.
Sie fragten, ob ich der Zehnte sei,
Das gäb‘ ihrem Warten Sinn.

Ich gab das Kommando: Stillgestanden!
Sie gehorchten mir aufs Wort.
Da kam mir die Geduld abhanden,
Und ich ging wieder fort.
Neun Herren stehen in Reih‘ und Glied.
Sie stehen und warten; die Zeit verfliegt.

Donnerstag, 24. Mai 2012

Adalbert Stifter hat die abstrakte Malerei erfunden

Das Gutenberg-Projekt, das uns so viele literarische Texte frei zugänglich macht, ist nicht immer ganz zuverlässig. Ich hatte dort den Stifter-Text zur Sonnenfinsternis gesucht und gefunden, habe aber durch Hinweise in einem anderen Zusammenhang festgestellt, dass der abschließende Teil des Textes fehlte: Stifter hat nämlich, angeregt durch das Naturerlebnis, am Ende seiner Beschreibung der Sonnenfinsternisavant la lettre, oder besser: avant la peinture – die abstrakte Malerei erfunden und beschrieben, also die Loslösung von Form und Farbe von realistisch-figurativen Zwecken:

Könnte man nicht auch durch Gleichzeitigkeit und Aufeinanderfolge von Lichtern und Farben ebenso gut eine Musik für das Auge wie durch Töne für das Ohr ersinnen? Bisher waren Licht und Farbe nicht selbständig verwendet, sondern nur an Zeichnung haftend; denn Feuerwerke, Transparente, Beleuchtungen sind doch nur noch zu rohe Anfänge jener Lichtmusik, als dass man sie erwähnen könnte. Sollte nicht durch ein Ganzes von Lichtakkorden und Melodien ebenso ein Gewaltiges, Erschütterndes angeregt werden können, wie durch Töne? Wenigstens könnte ich keine Symphonie, Oratorium oder dergleichen nennen, das eine so hehre Musik war, als jene, die während der zwei Minuten mit Licht und Farbe an dem Himmel war, und hat sie auch nicht den Eindruck ganz allein gemacht, so war sie wenigstens ein Teil davon.

Adalbert Stifter, Die Sonnenfinsternis am 8. Juli 1842, in: Die Mappe meines Urgroßvaters, Augsburg 1957, 313

In Stifters eigenen Bildern und Zeichnungen gibt es Übergänge in dieser Richtung, vom Impressionistischen bis hin zum Fast-Abstrakten. Auch unter seinen Mondbildern gibt es zwei, drei, die solche Übergänge demonstrieren. Das hier abgebildete ist um 1850 entstanden und durch und durch impressionistisch gestaltet, pur darauf hin, was das Mondlicht mit den Wolken und der Landschaft macht: es gleicht sie sich an.

Montag, 21. Mai 2012

Fünf sehenswerte deutsche Filme von 2011-2012

Ich komme zu wenig in deutsche Kinos, um eigene Rezensionen zu schreiben. Hier sind die Besprechungen von fünf sehenswerten deutschen Filmen der letzten zwei Jahre aus dem faz-net: Einfach anklicken!





Samstag, 19. Mai 2012

NATO-Gipfel 2012: Die Bundeswehr als Bonsai-Armee?

Am 20./21. Mai findet in Chicago der NATO-Gipfel statt. Im Vorfeld liest man in deutschen Zeitungen kritische Artikel über die Konzeptlosigkeit der Bundeswehr und die quasi nicht vorhandene deutsche Sicherheitspolitik.

In den letzten Jahren ist deutlich geworden, dass die Bundeswehr sich in einer schwierigen Phase ihres quantitativen und qualitativen Strukturwandels befindet, die nur durch entschlossene Führung zu bewältigen ist. Inzwischen geht das Wort von der „Bonsai-Armee“ um. Und anlässlich des Todes einer Kadettin auf dem Segelschulschiff „Gorch Fock“ im letzten Jahr sagte der Kapitän zur See Norbert Schatz, die motorischen Fähigkeiten des Nachwuchses hätten abgenommen. „Die Jugend sitzt nicht mehr im Kirschbaum, sondern eher vorm Computer“ (Der Spiegel 4/2011).

Eine ganze Generation, die für unsere zukünftige Verteidigung zuständig ist, hat nicht mehr im Kirschbaum gesessen! Wenn diese Grundbedingung des Soldatentums nicht mehr gewährleistet ist, ist dies der Moment für radikale Entscheidungen: wenn schon schrumpfen, dann aber auch richtig und mit dem dafür geeigneten Personal. Durch mein Seminar über „De verstrengeling van herbewapening en pacifisme in Duitsland na 1945“  habe ich eine gewisse Vertrautheit mit der Thematik gewonnen, mit der ich den deutschen Vertretern auf der NATO-Tagung zur Seite stehen möchte. Meine Vorschläge passen ausgezeichnet zu den derzeitigen Richtlinien der deutschen Politik: 1. Sparen! 2. Schonung von Menschleben! 3. Innovation und Effizienz durch deutsche Wertarbeit!

Durch Zufall bin ich letztes Jahr auf die besonderen Fähigkeiten von Hamstern bei der Steuerung moderner Geräte und Fahrzeuge aufmerksam geworden. Beim heutigen Stand der Computertechnik wäre es leicht möglich, die Lenkungs- und Bedienungsfunktionen von Fahrzeugen, Schiffen und Kampfjets hochmotivierten Hamstern anzuvertrauen, deren motorische Fähigkeiten im Vergleich zu ihren menschlichen Pendants durch die tägliche Übung im Laufrad stets auf dem höchsten Stand sind. Durch diese Maßnahme würden sich die Personalkosten der Bundeswehr auf etwa ein Tausendstel reduzieren lassen. In der Übergangsphase können sich Angehörige der heutigen Offiziersgeneration noch in den Sesseln vor den Computern der Kommandozentralen bequemen.


Die zukünftige Generation von Panzern, Zerstörern und Jets ließe sich dann um den Faktor 100 verkleinern; beim heutigen Stand der Technik ist das möglich, ohne die Kampfkraft wesentlich zu verringern. Die Miniaturisierung würde außerdem dazu führen, dass deutsche Kampffahrzeuge in Zukunft sehr schwer zu orten und zu treffen sein würden: Ein U-Boot von einem Meter Länge schlüpft durch alle Maschen! Ein Zerstörer von zwei Metern würde vom Feind wahrscheinlich für ein Modellbauboot gehalten. Und in einem einzigen der neuen Airbus-Transportflugzeuge vom Typ A400M ließen sich mehrere Panzerdivisionen transportieren. Man könnte es dann bei diesem einen Exemplar belassen.


Wie aus dem Beispielfilm ersichtlich, wäre außerdem die Bewegungsrichtung einer Hamsterarmee völlig unvorhersagbar, da sich die einzelnen Fahrzeuge einer Kampfpanzergruppe  ohne eigentlichen Geländegewinn im Zickzack bewegen und den Feind in totale Ratlosigkeit versetzen würden. („Wollt ihr die totale Ratlosigkeit?“) Der sture Einrichtungsverkehr etwa des Unternehmens Barbarossa -  zwei Jahre immer nur Richtung Osten, zwei Jahre immer nur zurück - , der den Deutschen viel Kritik eingebracht hat, gehörte damit endgültig der Vergangenheit an. Eine von Hamstern gelenkte Panzerdivision ist per definitionem eine Verteidigungsarmee. Und was macht es schon, wenn ein zukünftiger deutscher Panzergeneral Wazlav oder so ähnlich heißt, Hauptsache er schützt unsere Zukunft und befreit uns von unserer Vergangenheit.
Fazit: die Vorteile einer Hamsterarmee sind evident. Die bisherigen Sparziele des Verteidigungsministeriums angesichts der Finanzkrise ließen sich mühelos um ein Vielfaches übertreffen. Für weit weniger als eine Milliarde Euro pro Jahr würde die Bundesrepublik über eine Armee verfügen, deren Schlagkraft der heutigen nicht nachsteht. Und der heutige Verteidigungsminister könnte sich damit wärmstens für das Amt des Bundeskanzlers empfehlen.

Dienstag, 15. Mai 2012

Arthur Schnitzler

Arthur Schnitzler zum 150. Geburtstag

Heute ist der 150. Geburtstag von Arthur Schnitzler (1862-1931). Dies ist meine Lieblingsgeschichte von ihm:

Amerika (1889)

Das Schiff landet; ich setze meinen Fuß auf den neuen Weltteil...

Der graue Herbstmorgen überschattet Meer und Land; noch schwankt alles unter mir; noch immer fühle ich den unruhigen Gang der Wogen... Aus dem Nebel erhebt sich die Stadt... Neben mir, mit offenen Augen, lebendig, hastet die Menge. Nicht das Fremde empfinden sie; nur das Neue. Ich höre, wie der oder jener vor sich hinflüstert: Amerika – als wenn er sich's nur recht einprägen wollte, daß er jetzt wirklich hier sei, so weit!...

Ich stehe allein am Ufer. Nicht an das neue Amerika denk' ich, von dem ich das Glück zu fordern habe, das mir die Heimat schuldig geblieben – ich denke an ein anderes.

Ich sehe jenes kleine Zimmer, so deutlich sehe ich es, als hätt' ich es gestern verlassen, nicht vor so vielen Jahren. Auf dem Tisch die Lampe mit dem grünen Schirm, der gestickte Lehnsessel in der Ecke. Kupferstiche hängen an der Wand; die Bilder verschwimmen im Schatten. Anna ist bei mir. Sie liegt mir zu Füßen, den Lockenkopf an mein Knie gelehnt; ich muß mich niederbeugen, um in ihre Augen zu sehen.

Wir haben aufgehört zu plaudern; der Abend schreitet weiter, und stille ist's im Gemach. Draußen beginnt es zu regnen, wir hören die Tropfen an die Fensterscheibe schlagen, langsam, schwer. Sie lächelt, und ich beuge mich zu ihrem Munde. Ich küsse ihre Lippen, ihre Stirn, ihre Augen, die sie geschlossen hat. Meine Finger spielen mit den feinen goldenen Haaren, die sich hinter ihren Ohren kräuseln. Ich schiebe sie zurück und küsse sie auf diese süße, weiße Hautstelle hinter dem Ohre. Sie schaut wieder auf und lacht. »Was Neues«, flüstert sie, wie erstaunt. Ich halte meine Lippen fest hinter das Ohr gepreßt. Dann sage ich lächelnd: »Ja, was Neues habe ich entdeckt!« Sie lacht auf, und wie ein Kind fröhlich ruft sie aus: »Amerika!«

Wie drollig war das damals! So toll und dumm! Ich sehe ihr Gesicht vor mir, wie es zu mir ausschaute mit den Schelmenaugen, und wie von ihren roten Lippen der Ruf erschallte: »Amerika!« Wie haben wir damals gelacht, und wie hat mich der Duft berauscht, der aus ihren Locken heraus über unser Amerika strömte...

Und bei dieser großartigen Benennung blieb es auch. Zuerst riefen wir es immer aus, wenn von den unzähligen Küssen einer sich hinters Ohr verirrte; dann flüsterten wir es – dann dachten wir es uns nur mehr; aber immer kam es zum Bewußtsein.

Eine Fülle von Erinnerungen steigt in mir auf. Wie wir einmal auf einer Anschlagsäule ein großes Schiff abgebildet sahen und, nähertretend, lasen: »Ab Liverpool – An New York – Ab Bremen – An New York«... Wir lachten auf, mitten auf der Straße, und sie behauptete ganz laut, während Leute herumstanden: »Du, wir reisen heute noch nach Amerika!« Die Leute schauten sie ganz verwundert an; besonders ein junger Mann mit einem blonden Schnurrbart, der noch dazu lächelte. Mich ärgerte das sehr, und ich dachte: Ja, der möchte wohl mitreisen...

Dann saßen wir einmal im Theater, ich weiß nicht mehr, bei welchem Stück, da sprach irgendeiner auf der Bühne von Kolumbus. Es war ein Stück in Jamben, und ich entsinne mich des Verses: »– und da Kolumbus auf die Brücke trat...« Anna stieß mit ihrem Arm leicht an den meinen; ich sah sie an und verstand ihren geringschätzigen Blick. Der arme Kolumbus... als wenn der das wahre Amerika entdeckt hätte! Als wir nach dem Theater in einem Weinhause saßen, da sprachen wir viel von dem guten Manne, der sich so viel eingebildet hatte auf sein armseliges Amerika. Eigentlich bedauerten wir ihn. Ich konnte mir ihn lange Zeit hindurch nicht anders vorstellen, als mit trauervollem Blicke an der Küste seines neuen Weltteiles stehend, sonderbarerweise mit einem Zylinder und einem ganz modernen Überzieher, und enttäuscht den Kopf schüttelnd. Einmal zeichneten wir ihn gemeinschaftlich auf der Marmorplatte eines Kaffeehaustisches und fanden immer neue Details. Sie bestand darauf, daß er eine Zigarre rauchen müsse; außerdem trug der große Entdecker auf unserem Gemälde einen Regenschirm, und sein Zylinder war eingedrückt – natürlich – wegen der Meuterer. So wurde Kolumbus für uns die humoristischste Figur der ganzen Weltgeschichte. Wie toll! Wie dumm!...

Und nun stehe ich mitten in der großen, kalten Stadt. Ich bin in dem falschen Amerika und träume von meinem süßen, duftenden Amerika da drüben... Und wie lange das schon her ist! Viele, viele Jahre. Ein Schmerz, ein Wahnsinn kommt über mich, daß so etwas unwiederbringlich verloren ist. Daß ich nicht einmal weiß, wo eine Kunde von mir, wo ein Brief sie treffen könnte – daß ich nichts, gar nichts mehr von ihr weiß...

Weiter hinein in die Stadt führt mich mein Weg, und mein Gepäckträger folgt mir. Ich bleibe einen Augenblick stehen, schließe die Augen, und durch ein seltsames trügerisches Spiel der Sinne umfängt mich derselbe Duft, wie er an jenem Abend von Annas Locken über mich wehte, da wir Amerika entdeckten...

Montag, 14. Mai 2012

Die Piraten zwischen imperativem Mandat und repräsentativer Demokratie

Die Piraten haben gestern auch in Nordrhein-Westfalen ein gutes Ergebnis geholt: 7,8%.


Ich habe mich bei den Wahlerfolgen der Piraten in Berlin und im Saarland in meinem Blog mit einem gewissen Jubel und dem großen “Hook”-Arm geäußert. Ich kann mir tatsächlich vorstellen, bei der nächsten Bundestagswahl die Piraten zu wählen.

Dafür erwarte ich allerdings von dieser Partei, die ihren Erfolg selber nicht ganz zu verstehen scheint, ein wenig mehr Nachdenken über ihr Funktionieren im System der repräsentativen Demokratie. Die totale „Liquid Democracy“ wird keine Lösung sein. Auch die Piraten brauchen karrieresichere Berufspolitiker, die nicht im nächsten Moment von einem Shitstorm an die Seite gefegt werden oder psychisch unter der Last der ständigen Öffentlichkeit und Kritik zusammenbrechen.
Zuletzt war die Landesvorsitzende Jasmin Maurer im Saarland ein Opfer ihrer selbst und ihres Internetverhaltens: sie erlitt am Wahltag einen Kreislaufkollaps. Später wurden allerlei halbintime Dinge über sie bekannt und herumgereicht, die sie ihrer eigenen Netzoffenheit zu verdanken hat. In den letzten Tagen hatte ich mich gewundert, warum auf einmal mein Blogbeitrag mit ihrem Foto mehr als hundert Mal in Deutschland angeklickt wurde. Das war also der Grund. So konnte ich auch meine Blogleserstatistik auf über 500 Klicks in der Woche anheben! Mooi meegenomen.

Was ich damit sagen will: auch Piraten brauchen ein Privatleben und die Möglichkeit, eine kompetente und über Jahre hin entwickelte Politik zu machen. Das imperative Mandat, bei dem der Mandatsträger verpflichtet ist, in allen Entscheidungen den Willen seiner Wähler zu vertreten, ist uns aus den Zeiten der Räterepublik bekannt und wurde auch vom linken Flügel der Studentenbewegung 1968 propagiert. Die moderne Kommunikationstechnologie macht das theoretisch auch für große Gruppen möglich. Die repräsentative Demokratie mit dem freien Abgeordnetenmandat hat diese Form jedoch verboten. Es kann dann auch keine einfache Koexistenz von imperativem Mandat und repräsentativer Demokratie geben. Hierzu sind kreative Kompromisse gefragt, Nachdenken eben.
Im Mai-Heft des „Merkur“ gibt es einen guten Essay zu diesem Problem: Stefan Schulz, „Zwischen Netzwerk und Organisation. Zum Erfolg der Piratenpartei“. Er gehört zu den beiden Artikeln, die der Merkur jeden Monat frei im Netz zugänglich macht. Auch die gute alte Tante Merkur lernt hinzu.

Sonntag, 13. Mai 2012

Schneeweiße Entfremdung: Villa Schöningen

Nach dem Fall der Mauer haben wir bei unseren Berlin-Besuchen lange Spaziergänge über die ehemaligen Grenzen hinaus unternommen. Einer der schönsten, den wir seitdem immer wiederholen, beginnt bei der Glienicker Brücke an der Grenze zu Potsdam, dann rechts in die Schwanenallee, um den Heiligen See herum und durch die Berliner Vorstadt zurück. Man kommt dabei am Schloss Cäcilienhof und dem Marmorpalais vorbei.

Berliner Vorstadt in Potsdam
Gleich am Anfang des Weges, an der Ecke Glienicker Brücke/ Schwanenallee, lag eine verfallene alte Villa. Während um sie herum, die Schwanenallee entlang und in der ganzen Berliner Vorstadt  im Laufe der Jahre viele Villen dieser vor dem Kriege sehr reichen und vornehmen Gegend wieder – von Joop bis Jauch - neue Besitzer fanden und renoviert wurden, schien es hier was das betrifft Probleme zu geben. Erst vor zwei Jahren sahen wir sie plötzlich im Gerüst stehen.

Die ganze Gegend, auch als Potsdams Arkadien bekannt, veränderte rasch ihren Charakter. Leider scheint der neureiche deutsche Geschmack davon auszugehen, dass eine Villa schneeweiß verputzt zu sein habe und so erhielt die ehedem so italienisch-toskanisch anmutende Parklandschaft, zu der eben sand- und erdtonfarbene Häuser gehören, immer mehr fremde weiße Flächen. Die Villa an der Ecke hat dem lange standgehalten. Wie schön sie war:


Aber damit ist es nun auch vorbei: bei meiner Beschäftigung mit Anselm Kiefer stieß ich darauf, dass seine letzte Ausstellung 2011 in der Villa Schöningen in Potsdam stattgefunden hat. Der Name Schöningen war mir kein Begriff. Als ich ihn anklickte, kam der Schock: ich wollte es erst nicht glauben, aber das war das Haus am Anfang der Schwanenallee. Es strahlt in klinischem Weiß; man könnte eine Nervenheilanstalt dahinter vermuten. Dahin unsere Ruinenromantik!

Natürlich ist es gut, dass dieses schöne Haus vor dem Verfall gerettet wurde. Es hatte sogar der Abriss durch einige Haie gedroht. Das konnte durch eine private Initiative abgewendet werden, und jetzt ist die Villa sogar ein öffentlich zugängliches Museum geworden. Anselm Kiefer ist schon wieder weg. Georg Baselitz ist nun zu sehen. Dazu gleich mehr.

Dienstag, 8. Mai 2012

De nagalm van de geschiedenis: Het Kapitulationsmuseum in Berlin-Karlshorst

Op 10 mei 1995, vijftig jaar na het einde van de oorlog, werd in Berlijn een gemeenschappelijk oorlogsmuseum van de voormalige tegenstanders Duitsland en Rusland geopend. Het Deutsch-Russische Museum Berlin-Karlshorst is ontstaan uit een afspraak tussen de Duitse en de Sovjet regering na de gesprekken over de Duitse hereniging in 1990.

In de hoofdstad van de DDR bestond al sinds 1967 het zogenoemde Kapitulationsmuseum (de officiële naam was Museum der bedingungslosen Kapitulation des faschistischen Deutschland im Großen Vaterländischen Krieg 1941-1945). Dit museum was onder Sovjet beheer in het Oostberlijnse stadsdeel Karlshorst ingericht in het gebouw waar op 8 mei 1945 de Duitse capitulatie werd ondertekend. Het had een herinneringsfunctie, vooral voor de soldaten van het Rode Leger die in de DDR gestationeerd waren. De herinnering was als Sovjet heldenverhaal met veel vlagvertoon geconcipieerd en concentreerde zich op de laatste fase van de oorlog, de strijd om Berlijn en de overwinning op het nazi-regime. Het museum was in principe openbaar toegankelijk, ook al waren de verklarende teksten uitsluitend in het Russisch. Maar de DDR-bevolking kreeg pas in 1970 officieel te horen, dat zo’n museum bestond. In 1990 bevonden zich  340.000 Sovjetsoldaten met 210.000 familieleden in de DDR, die tot 1994 het verenigde Duitsland zouden moeten verlaten.

In de euforische historische sfeer van 1990 en de daarop volgende jaren kreeg het plan om op grondslag van de bestaande tentoonstelling tot een gemeenschappelijk Duits-Russisch oorlogsmuseum met een gemeenschappelijke visie op de oorlog te komen een echte kans op verwerkelijking.



Dit museum is sinds 1995 de ‘officiële’ Duitse plaats ter herinnering aan het Duits-Russische oorlogsverleden. Het object van het museum dat de meeste indruk op mij heeft gemaakt kwam ik in de eerste verdieping tegen: in een lange muur met tientallen ingelijste brieven en documenten was een opening van circa anderhalf bij één meter. Ik moest buigen om er doorheen te kunnen, deed voorzichtig een stap naar beneden en belandde in een klein hokje. Hier stond een stoel en opeens zat ik voor een raam en keek beneden de authentieke zaal in, waar de Duitse capitulatie was ondertekend. Ik wist van tevoren niet, of had niet beseft, dat het authentieke oord bewaard was, maar de sfeer drong meteen tot me door en de ruimte galmde als het ware van de geschiedenis.

En toch: men had dit als het ware voor mij geënsceneerd en mij op deze stoel geplaatst, en voor wie niet uit zichzelf de nagalm van de geschiedenis kon produceren, hing links van de stoel een kleine projectiescherm met de authentieke zwart-wit-beelden van de ondertekening, opgenomen vanuit hetzelfde perspectief. Toen ik er zat, was er niemand in de zaal en ik dacht eerst dat de zaal om quasi sacrale overwegingen ook niet publiekelijk toegankelijk zou zijn en dat de enige manier om de zaal te zien deze eenzame stoel met het nagebootste vogelperspectief was. Later bleek dat niet zo te zijn. Toen ik beneden een lawaaierige Duitse schoolklas de zaal in volgde, was de sfeer verdwenen.

Montag, 7. Mai 2012

Nicole Uniquole

Das Wunder von Oranienbaum (3): Nicole Uniquole spricht mich an!

Zwei Stunden waren wir mit wachsender Begeisterung durch die größtenteils noch unrestaurierten Räume des Schlosses gelaufen. Ich wunderte mich dabei über eine auffällige große Frau im langen Ringelkleid, die mit einem leeren Handtaschenrahmen in der Hand geheimnisvoll lächelnd überall auftauchte.

Nicole Uniquole

Es war schon deutlich, dass sie irgendwie dazu gehörte und als lebendiges Accessoire der Ausstellung figurierte. Eine Art Statistin, vielleicht? Ich bin ja leider nicht der Typ, der junge schöne Frauen anspricht, aber – oh Wunder! – sie sprach mich an, als ich suchend im Katalog blätterte: Ob ich eine Frage hätte, sie sei die Kuratorin.

Da war ich baff und habe ihr erst einmal zu ihrer fantastischen Ausstellung gratuliert, und sie hat uns etwas zum Zustandekommen des Ganzen erzählt.
Nicole Uniquole hat ein Büro in Den Haag, kennt sich – natürlich – in der holländischen Designerwelt aus und arrangiert mit Vorliebe Ausstellungen, in denen sie Kontraste zwischen Alt und Neu arrangieren kann. Das ist zwar eine Kuratorenmode geworden, über die ich mich auch schon mal geärgert habe, aber ihr Konzept hat mich überzeugt und hingerissen.

Dus nog een keer: Gefeliciteerd, Nicole!

Das Wunder von Oranienbaum (2): Henriette Catharina von Oranien-Nassau und Nicole Uniquole

Een Oranjeprinsesje
Werd op haar vierde jaar verloofd.
Maar ze trouwde uiteindelijk
Met een Duitse vorst,
De vorst van Anhalt-Dessau.

De man gaf bij het huwelijk
Zijn vrouw een landgoed.
Ze gaf het landgoed en het bijbehorende dorp
Een naam, verwijzend naar haar afkomst:
Oranienbaum

Mit diesen Worten lässt Nicole Uniquole den von ihr herausgegebenen Katalog der Ausstellung beginnen: eine historische Einleitung, erzählt wie ein kleines Märchen. Es geht um Henriette Catharina von Oranien-Nassau (1637-1708), die mit ihren Aktivitäten und ihrem Reichtum ein Segen auch für die arme Bevölkerung von Anhalt-Dessau gewesen ist, für die sie Brot und Arbeit gebracht hat. Sie ließ das Schloss bauen und holte neue Handwerksformen ins Land.


Noch nie hatte ich von diesem Ort gehört, und als wir nach einigem Suchen durch die schlecht ausgeschilderten Landstraßen in diese große Barockanlage einfuhren, staunten wir nicht schlecht: Noch immer wirkt das Dorf wie angehäkelt an die beherrschende geometrische Anlage des 17. Jahrhunderts. Das überraschend große Schloss verfügt über alles, was dazu gehört: eine Orangerie (175 Meter lang!), einen englischen Garten und einen chinesischen Inselgarten mit Pagode und Teehaus. In der DDR-Zeit gab es hier ein Archiv, aber es fehlten der Wille und die Mittel, das umfangreiche Ensemble zu restaurieren.

Auch nach 1990 flossen die Gelder zur Restaurierung nur spärlich. Die Gegend ist arm, die Arbeitslosigkeit extrem hoch. Dann geschah das Wunder:

Eine junge Designprinzessin
Aus den Niederlanden
Mit einem Faible für verfallene Bauten
Als Kontrast für ihre schönen Glitzerdinge
Kam nach Oranienbaum.

Sie sah das alte Schloss
Und wünschte sich einen Raum, nur einen einzigen!
Sie erhielt aber alle und verschaffte dem Ort
Ungekannte Aufmerksamkeit und Arbeit:
Ein modernes Märchen, das Wunder von Oranienbaum

Beatrix, Joachim und Nicole

Das Wunder von Oranienbaum (1): Dutch Design - Die Präsenz der Dinge

Die Ausstellung umfasst mehr als 50 Räume des Schlosses. Jeder Raum enthält ein sorgfältig abgewogenes und aufeinander bezogenes Ensemble von Gemälden, Kostümen und Gegenständen aus deutschen Museen, den Beständen der niederländischen Königsfamilie und den Designprodukten von ca. 170 niederländischen Künstlern.

Viktor & Rolf

Manchmal ist es ein Schuh, ein Stoff, ein Muster, eine Farbe, die die Verbindungen zwischen den Dingen und Bildern aus dem 17./18. Jahrhundert und den Produkten des 21. Jahrhunderts herstellt. Das Verblüffende ist die ungeheure Verlebendigung, die die einzelnen Ensembles zuwege bringen. Dieses Konzept verscheucht alles Museale, Langweilige, Tote, das wir aus vielen anderen Schlössern und Ausstellungen kennen.

Sommerspeisesaal

Weg mit der Vergangenheit des Vergangenen! Alles wird gegenwärtig, alles ist da, ist anwesend, ist präsent und schön: Von Raum zu Raum empfängt uns ein ästhetischer Tusch nach dem anderen. Was muss es für Mühe und Arbeit gekostet haben, diese Effekte zu komponieren und zu verwirklichen!

Dierderick Kraaijeveld, Beatrix (Holzrelief)

Dieses Wunder der Präsenz der Dinge habe ich so noch nie gesehen und empfunden. Wie kommt es an diesen bisher so trostlosen Ort?

Schloss Oranienbaum: Dutch Design – Huis van Oranje. Kulturtipp des Jahres!

Im Schloss Oranienbaum im gleichnamigen Ort in der Nähe von Dessau läuft bis zum 30. September die Ausstellung Dutch Design – Huis van Oranje. Sie wurde vor zwei Wochen von Königin Beatrix und Bundespräsident Gauck eröffnet.
Schloss Oranienbaum 2012