Taras Schewtschenko (1814-1861)
| Das VermächtnisSterb ich, so begrabt auf einem Kurhan 1) mein Gebeine Mitten in der weiten Steppe
Meines Lands Ukraine, Dass ich Felder schau, des Dnjepr Steile Uferrande, Dass ich höre, wie der Wilde Braust durch Steppenlande!
Wie er stolz aus der Ukraine Fern ins Meer, ins blaue, Wälzen wird das Blut der Feinde — Felder, Berg und Aue, Alles will ich froh dann lassen, Nur zu Gott, dem Einen, Betend fliegen. Doch bis dahin — Freunde, kenn ich keinen!
Senkt mich ein — doch dann erhebt euch, Ketten sprenget, harte, Feindesblut, es röte eurer Freiheit Siegsstandarte! Und im neuen freien Bunde, In der Brüder Kreise, Denkt auch meiner dann mit einem Wörtchen lieb und leise!
Perjaslaw, 25. Dez. 1845.
*) Vgl. „Schewtschenkos Leben und Dichten“ Seite 23. 1) Grabhügel (vgl. Seite 31, Anm.) | Taras Schewtschenko (1814-1861) |
Osip Fedjkowytsch (1834-1888) |
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In Kiew an der Lawra,1)
Da saß ein Sängergreis,
Sein Bart war weiß wie Silber,
die Locken silberweiß.
Der sang viel alte Lieder,
Sang manchen Seherspruch
Und manchem Teufel Segen
Und manchem Engel Fluch.
Und manchem Helden Schande
Und manchem Weisen Hohn
Und manches Schwert in Stücke,
in Stücke manchen Thron.
Da riss sich eine Quader
Vom alten Dome los
Und stürzt zu seinen Füßen
Und sprang in seinen Schoß.
“O Sänger, du furchtbarer Sänger,
lass solch ein Singen sein,
Sonst stürzt zu deinen Füßen
Das ganze Russland ein.”
1) Das berühmte Höhlenkloster
(Gedicht auf Taras Schewtschenko aus: “Nationalpoesie der Ruthenen”, 1865, im Original Deutsch)
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