Aus den Augen, aus dem Sinn. Das gilt auch für Bücher. Irgendwann habe ich die älteren Kriminalromane auf den Dachboden verbannt, wo sie im Laufe der Jahre hinter Kartons und Plunder verschwunden sind.
Ross Macdonald |
Damals habe ich
ihm Chandler und Hammett vorgezogen. War ich denn blind? Dass Ross Macdonald der
größte unter den amerikanischen Detective-Autoren ist, scheint sich inzwischen herumgesprochen zu haben.
Was mir beim
Wiederlesen besonders auffiel, waren seine Metaphern, die – auch wenn sie
Klischees zu bedienen scheinen – immer originell sind und den Kontext akzentuieren.
Wenn es Frauen betrifft, kommt es oft zu tierischen Vergleichen:
„Sie wandte
sich zum Spiegel, nahm eine Bürste und begann sich das Haar zu bürsten, mit
kurzen, bestimmten Strichen. Es umwogte geschmeidig ihren Hinterkopf und fiel
in weichen, kupfrig schimmernden Locken über ihre Schultern. (…) Die Bürste
glitt knisternd durch ihr Haar wie ein Tiger durchs Unterholz” (Blue City,
Zürich1985, 78).
„In ihrem
dunklen Seidenkleid bewegte sie sich mit der intensiven, schimmernden Freiheit
und Grazie eines Seelöwen im Wasser“ (Blue City, Zürich 1985, 36).
„Schnell und
entschlossen ging sie auf die äußere Bürotür zu. Der Nacken unter dem kurzen
Haar war breit und muskulös wie der eines Holzfällers oder eines Wildschweines,
das mit dem Rüssel im Dreck wühlt“ (Ein Grinsen aus Elfenbein, Zürich 1976, 12).
Aber auch
Männer kriegen ihr Fett weg:
„He leaned sideways, the crooked fingers of his large
hand groping for the bowl of peanuts. The hand missed the bowl and scrabbled in the grass like a crippled lobster”
(The Moving Target, New York 1979, 31).
Und oft sind sie sehr
subtil, wie in diesem Fall, wo Macdonalds Detektiv Lew Archer bei der
kalifornischen Villa einer reichen Klientin ankommt:
„A heavy woman in a blue-linnen smock came out on the
service porch and watched me climb out of the cab. ‘Mr. Archer?’
‘Yes, Mrs. Sampson?’
‘Mrs. Kromberg. I’m the housekeeper.’ A smile passed over
her lined face like sunlight on a plowed field“ (The Moving Target, New York
1979, 2).
Auch
gesellschaftliche Bezüge metaphorisiert der Autor auf geniale Weise. Hier kommt
Lew Archer in einem Canyon an, in dem die Sehr-Reichen ihre versteckten Anwesen
haben:
„The light
blue haze in the lower canyon was like a thin smoke from slowly burning money“
(The Moving Target, New York 1979, 1)
Kurz und gut:
Da kann unsere Metaphernkönigin Juli Zeh noch viel lernen.
Das Schönste
für mich: Die offenbar besten Krimis von Ross Macdonald kenne ich noch gar
nicht. Mit The Drowning Pool, The Galton
Case, The Chill und The Blue Hammer
werde ich in Berlin einen kalifornischen Sommer verbringen.
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