Der Journalist Thomas Steinfeld (Süddeutsche Zeitung)
schreibt im neuen Merkurheft sehr lesbar und provokant über die Rolle von
Theorie und Methoden in der westdeutschen Literaturwissenschaft seit den
siebziger Jahren. Ich erinnere mich gut an diese Phase und habe die späteren
Entwicklungen mit einem gewissen Grausen aus dem Ausland mitverfolgt. Hier ist
eine kleine Kostprobe:
Der intensive Umgang mit Methoden in den siebziger und
achtziger Jahren habe “weniger mit Theorie zu tun als mit dem Vorhaben, in
einem sich schnell ausweitenden Fach möglichst viele Positionen zu besetzen,
womöglich noch ausgreifend auf andere Fächer. Es kommen hinzu: das Versprechen
einer reformierten Universität auf gesellschaftliche Relevanz […] und die
Verpflichtung auf einen Pluralismus der Methoden […] Das hat schließlich dazu
geführt, dass in der neueren deutschen Philologie lauter junge Menschen
ausgebildet werden, die der Literatur im Grunde fernstehen, also gar nicht auf
den Gedanken kämen, Lesen hätte etwas mit Leidenschaft oder gar Schmerz zu tun –
und nichts hat dem Fach mehr geschadet als diese Gleichgültigkeit."
Thomas Steinfeld, “General Stumm betritt die Bibliothek.
Über Wissenschaft, Theorie und Methode in der Philologie”, In: Merkur Nr. 780,
Mai 2014, 387-399, das Zitat: 392
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