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Sonntag, 23. Februar 2014

Philip Roth – Der Plot mit dem Hakenkreuz

In Philip Roth’ Roman “The Plot Against America” (2004) wird Franklin D. Roosevelt 1941 nicht wiedergewählt. An seiner Stelle wird der nazifreundliche Fliegerheld Charles Lindbergh Präsident der Vereinigten Staaten. Lindbergh schließt trotz des Krieges in Europa ein Friedensabkommen mit Hitler.

Diese kontrafaktische, aber wegen des amerikanischen Isolationismus gar nicht so unwahrscheinliche Geschichte wird aus der fiktiven Sicht des achtjährigen Philip Roth und seiner Familie in Newark geschildert. Sie sind voller Unruhe und Angst über die Entwicklung und ihre Folgen für die amerikanischen Juden. Am Ende des ersten Kapitels hat der begeisterte Briefmarkensammler Philip einen Alptraum. Eine seiner Lieblingsserien mit Abbildungen der amerikanischen Nationalparks ist mit schwarzen Hakenkreuzen überstempelt worden.
Dieses für den Roman essentielle Motiv wird in der amerikanischen Ausgabe des Romans auf dem Buchdeckel verwendet. (In den USA sollen Hakenkreuze auf Büchern verkaufsfördernd wirken.) Die Briefmarke hat dabei ungefähr ihre Originalgröße.

In der deutschen Ausgabe “Verschwörung gegen Amerika” (sowohl in der gebundenen Ausgabe des Hanser Verlages als auch im Taschenbuch bei Rowohlt) sieht das so aus:

Der Grund ist klar: In Deutschland darf das Hakenkreuz nur in rein wissenschaftlichem Zusammenhang abgebildet werden. Ich halte allerdings dieses Buchcover für einen Grenzfall, bei dem alles für seine Verwendung spricht. Büchersendungen mit der amerikanischen Ausgabe sind allerdings damals tatsächlich nicht nach Deutschland hereingelassen worden.

Die deutschen Verlage hätten sich nach meiner Meinung keinesfalls zu einer solchen Verfälschung des Covers bereitfinden dürfen. Dann meinetwegen ein anderes Motiv.
Und wie wurde das in den Niederlanden gehandhabt? Wie bei den Amerikanern, aber gleich dreimal so groß (die Pocketausgabe bei De Bezige Bij).

Das geht mir wieder zu weit, als dass ich es hier abdrucken würde.

Dienstag, 18. Februar 2014

Thüringer Klöße: Lecker, lecker!

Für die Erweiterung der Speisekarte von Café Deutschland tue ich fast alles, wie man an dem folgenden Video sieht. Vier Millionen Deutsche können nicht irren:





Das ist Fritz.


Und das ist Fritz' Leibgericht


Donnerstag, 13. Februar 2014

Bahncard Gold – Mit der Netzkarte kreuz und quer durch Deutschland

Dies ist in den achtziger Jahren einer meiner Lieblingsromane gewesen, und beim Wieder-Hineinblättern habe ich sofort wieder großen Spaß daran: Sten Nadolnys Debütroman “Netzkarte” (1981).

Ole Reuter, ein angehender Lehrer, der nicht so recht weiß, ob er diesen “krank machenden Beruf” ergreifen soll oder nicht, kauft sich eine Monatsnetzkarte der Deutschen Bundesbahn und fährt 30.000 km kreuz und quer durch die alte Bundesrepublik.
Was sucht er?  Den Sinn des Lebens? Ja, jedoch auch “eine sehr intensive, aber möglichst häufig das Objekt wechselnde Annäherung an das weibliche Geschlecht.” Das wird schwierig werden, und so ist es ein sehr  unterhaltsames Buch mit – tja - mit sehr vielen Ortswechseln eben.

Am Ende findet er sie, die eine, die einzige, die Traumfrau: “Sie saß im Speisewagen – einem sehr sehenswerten Modell der Mitropa [oh: der Mitropa-Speisewagen, P.G.]: ovale Durchgänge, nierenförmige Spiegel, der ganze Resopalplatten-Chic der fünfziger Jahre, ebenso so unernst wie humorlos. Sie saß mittendrin und hatte den Ernst und den Humor und das weite, bewegliche, bequeme Kleid.”
Sie hat ein Geheimnis, aber welches, das verrate ich nicht.

Der Roman ist als Taschenbuch in der 14. Auflage noch immer im Buchhandel erhältlich.

Warum ich mich heute an dieses Buch erinnert habe? Nun, die Deutsche Bahn hat anlässlich der Olympischen Winterspiele eine spezielle Bahncard 25 Gold angeboten, die am Tag nach jedem Goldmedaillengewinn der deutschen Mannschaft das Recht auf kostenlose Nutzung des Gesamtnetzes von ICE und IC/EC in Deutschland gibt. Und so lässt sich in diesen Tagen für einen Spottpreis  die Erfahrung von Ole Reuter wiederholen. Die deutsche Mannschaft in Sotschi sorgt schon dafür.
Ich weiß von mindestens einem Studenten, nennen wir ihn Jens Fröhlich, der gerade dabei ist: Berlin, Mannheim, Stuttgart...
P.S. Der Verkauf der Bahncard Gold war leider bis zum 7. Februar limitiert.

Dienstag, 11. Februar 2014

Wilhelm Busch - Pfannkuchen und Salat

Pfannkuchen und Salat

Von Fruchtomletts da mag berichten
Ein Dichter aus den höhern Schichten.
Wir aber, ohne Neid nach oben,
Mit bürgerlicher Zunge loben
Uns Pfannekuchen und Salat.


Wie unsre Liese delikat
So etwas backt und zubereitet,
Sei hier in Worten angedeutet.


Drei Eier, frisch und ohne Fehl,
Und Milch und einen Löffel Mehl,
Die quirlt sie fleißig durcheinand
Zu einem innigen Verband.
Sodann, wenn Tränen auch ein Übel,
Zerstückelt sie und mengt die Zwiebel
Mit Öl und Salz zu einer Brühe,
Daß der Salat sie an sich ziehe.


Um diesen ferner herzustellen,
Hat sie Kartoffeln abzupellen.
Da heißt es, fix die Finger brauchen,
Den Mund zu spitzen und zu hauchen,
Denn heiß geschnitten nur allein
Kann der Salat geschmeidig sein.
Hierauf so geht es wieder heiter
Mit unserem Pfannekuchen weiter.


Nachdem das Feuer leicht geschürt,
Die Pfanne sorgsam auspoliert,
Der Würfelspeck hineingeschüttelt,
So daß es lustig brät und brittelt,
Pisch, kommt darüber mit Gezisch
Das ersterwähnte Kunstgemisch.
Nun zeigt besonders und apart
Sich Lieschens Geistesgegenwart,
Denn nur zu bald, wie allbekannt,
Ist solch ein Kuchen angebrannt.


Sie prickelt ihn, sie stochert ihn.
Sie rüttelt, schüttelt, lockert ihn
Und lüftet ihn, bis augenscheinlich
Die Unterseite eben bräunlich,
Die umgekehrt geschickt und prompt
Jetzt ihrerseits nach oben kommt.
Geduld, es währt nur noch ein bissel,
Dann liegt der Kuchen auf der Schüssel.


Doch späterhin die Einverleibung,
Wie die zu Mund und Herzen spricht,
Das spottet jeglicher Beschreibung,
Und darum endet das Gedicht.
Wilhelm Busch, Zu guter Letzt, 1904

Wilhelm Busch
 

Samstag, 8. Februar 2014

Joachim Gauck hat eine sensationelle Rede gehalten

Reden von Bundespräsidenten sind so vielen verfassungspolitischen Restriktionen unterworfen, dass sie meistens langweilig und politisch unbedeutend sind. Eine berühmte Ausnahme ist die Rede Richard  von Weizsäckers am 8. Mai 1985 zum vierzigjährigen Ende des Zweiten Weltkriegs, die besonders in den Niederlanden sehr viel Aufmerksamkeit und Beifall bekommen hat. Aber da ging es um deutsche Vergangenheitspolitik, und dafür gibt es kein speziell zuständiges Ministerium. Das merkt man auch in diesem Jahr des Gedenkens an 1914: Niemand scheint “zuständig” zu sein.

Für die Richtlinien der Politik ist die Bundeskanzlerin zuständig; sie sind keinesfalls Aufgabe des Bundespräsidenten, vor allem nicht in Kernbereichen der politischen Willensbildung. Wenn also ein Bundespräsident eine Rede hält, in der ein Paradigmenwechsel zur deutschen Außen- und Sicherheitspolitik formuliert wird, der bisher weder von der Kanzlerin, noch vergleichbar explizit vom Außenminister in der Öffentlichkeit vorgestellt worden ist, dann ist das ein ganz besonderer Vorgang. Ich wüsste nichts Vergleichbares in der Geschichte der Bundesrepublik.

Genau das ist jetzt geschehen: Joachim Gauck, dem bereits nachgesagt wurde, er habe kein Thema für eine interessante Ausübung seines Amtes gefunden und genüge sich selbst im Sound des Seelsorgers, hat am 31. Januar auf der 50. Sicherheitskonferenz in München eine Aufsehen erregende Rede gehalten. Natürlich tut er das in bedachtsamen, wohlüberlegten Worten, die erst in ihrem Nachhall die Tragweite des Gesagten bewusst machen. Und so hat es einige Tage gedauert, bis auf breiterer Ebene durchgedrungen ist, dass hier ein fundamentaler  Wechsel in der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik angekündigt wurde. Die FAZ hat das schnell  kapiert, und die ZEIT hat nachgezogen.
 
Gewiss: Gaucks Äußerungen sind nach wochenlanger Vorbereitung in enger Abstimmung mit dem neuen Außenminister Frank-Walter Steinmeier geschehen. Dazu gibt es Informationen. Inwieweit auch Angela Merkel daran beteiligt war, ist dagegen nicht auszumachen. Sie sitzt die Dinge aus und ist dabei auch schon auf den Hintern gefallen. Ein Vorzeichen?

Wer betritt in diesen Zeiten der politischen Leere auf einmal die Bühne?: “Meine Damen und Herren, der Präsident der Bundesrepublik Deutschland!”

P.S. Ich habe bisher politische Themen weitgehend aus Café Deutschland herausgehalten und so gab es auch kein Label dafür. Nun, wo wird in einer Kneipe Politik diskutiert? Natürlich am Stammtisch!

Freitag, 7. Februar 2014

Preis der Leipziger Buchmesse 2014 - Die Nominierten



Vom 13. – 16. März ist wieder die Buchmesse in Leipzig. Gestern wurden die Nominierungen für den Preis der Leipziger Buchmesse bekannt gegeben. 

Auf der Website des Preises gibt es vorbildliche Informationen zu den Büchern und Autoren.
Martin Mosebachs Roman “Das Blutbuchenfest”, den ich vor ein paar Tagen empfohlen habe, ist auch dabei. Ansonsten wieder viel Vergangenheitsliteratur.

Interessant sind übrigens auch die fünf Sachbuchtitel. Da empfehle ich besonders Helmut Lethen, "Der Schatten des Fotografen" (erscheint am 7. März).

Donnerstag, 6. Februar 2014

Ingeborg Bachmann versus Christa Wolf – Weibliche Antagonismen als postfeministische kulturwissenschaftliche Methode

Ein Jahrtausende alter Code, schreibt Ursula März in ihrem Artikel “Bündnis der Blondinen” in der ZEIT Nr. 7, sei im RTL-Dschungelcamp gebrochen worden. Das Dschungelcamp interessiert mich nicht, aber der Code machte mich neugierig , und so las ich den ganzen Artikel.

Marilyn Monroe
Ursula März zielt nämlich auf “weibliche Antagonismen” ab, auf die “Dramaturgie des klassischen Königinnendramas”, wofür es in allen Zeiten Beispiele gebe: Krimhild und Brünhilde, Marilyn Monroe und Ava Gardner und zahllose andere: immer gehe es um den Kontrast einer Blonden mit einer Brünetten.
Ava Gardner
Soweit, so gut. Das ist ja noch nicht besonders originell, aber zum Abschluss ihrer Beispielreihe schreibt sie: “Auch Ingeborg Bachmann und Christa Wolf darf man in gewisser Weise diesem Muster und seinem Code zurechnen.”

Oh ja!?? Das fand ich im ersten Moment doch eine, gelinde gesagt, gewagte Behauptung! Dann begannen meine Neuronen neue Querverbindungen zu legen, was schließlich eine gewisse Begeisterung in mir erweckte. (Es kann natürlich sein, dass das an den erotischen Aspekten dieser Kontrastpaare liegt: schnell entflammbare Begeisterung für Blondinen, tiefe, dauerhafte Gefühle für Dunkelhaarige.)
Ingeborg Bachmann
Aber lassen wir mich mal beiseite. Der Vorschlag, dieses – wahrscheinlich von vielen als sexistisch empfundene - Muster auf zwei große deutschsprachige Schriftstellerinnen anzuwenden, die sich wahrscheinlich nie in ihrem Leben gesehen haben, hat etwas für sich und könnte der in kulturwissenschaftlichen Abstraktionen verschlungenen deutschen Germanistik ein wenig auf die Sprünge helfen.


Christa Wolf
Ursula März legt noch eine Reihe von Eigenschaften nach. Blonde seien: “naiv, spontan, unbeholfen, anarchisch, triebgesteuert, anstrengend”, Brünette dagegen: “reif, lebensklug, reserviert, überlegt, kontrolliert, unanstrengend”. Leider kann sie in ihrem kurzen Artikel, der ja dann auch um etwas ganz Anderes geht, nicht die Konsequenzen für das Paar Bachmann/Wolf ausmalen. Solch eine Ausarbeitung hätte ja hochinteressante kulturhistorische Aspekte, sobald man das alles auch auf Österreich/Westdeutschland auf der einen und die DDR auf der anderen Seite bezieht.
Welche(r) junge Literaturwissenschaftler/in stellt sich dieser Aufgabe, mit einer postfeministisch revolutionären Methode die langweilige Universitätsgermanistik aufzumischen?

P.S. Übrigens sind weder Marilyn Monroe noch Ingeborg Bachmann echte Blondinen gewesen. Sie haben nachgeholfen.

Dienstag, 4. Februar 2014

Martin Mosebachs großer Roman “Das Blutbuchenfest”

Zwar ist erst ein Zwölftel des neuen Jahres vergangen, aber es scheint so, dass einer der besten deutschen Romane von 2014 bereits gestern erschienen ist: “Das Blutbuchenfest” von Martin Mosebach (München, Carl Hanser Verlag, 448 Seiten, 24,90 Euro).

Er kam noch vor dem ersten Verkaufstag auf Platz 4 der Februar-Bestenliste des SWR und erhielt höchstes Lob von Ijoma Mangold in der letzten ZEIT sowie  von Judith von Sternburg in der Frankfurter Rundschau. Das hypergrundsätzliche Gemecker von Andreas Platthaus in der FAZ über den Anachronismus, dass es in diesem 1990/91 spielenden Roman bereits avancierten Handy- und E-Mail-Verkehr gibt, lässt mich dabei völlig kalt.
Allerdings: Ich muss ihn noch lesen. Mir schickt ja keiner vorher was.

Sonntag, 2. Februar 2014

Sonntagsbraten




Komisch: Der Kurzfilm “Sonntagsbraten” von Andrea Lehmann ist professionell gemacht, mit professionellen Schauspielern.  Er müsste doch ein Publikum finden. Aber er wurde seit Oktober 2013 auf YouTube nur sechs Mal angeklickt (davon ein Mal von mir).
Und noch ein Rätsel: Warum heißt der Film “Sonntagsbraten”?

Apropos: Bei uns gibt’s heute Tafelspitz. Hoffentlich nicht unter vergleichbaren Umständen.



Samstag, 1. Februar 2014

“Das Cabinet des Dr. Caligari” – frisch restauriert

Im Rahmen der Berlinale wird am Sonntag, dem 9. Februar, in der Berliner Philharmonie erstmals die neu restaurierte Fassung des Films “Das Cabinet des Dr. Caligari” (1920) von Robert Wiene gezeigt. Der (Stumm-)Film wird von John Zorn an der Orgel (!) begleitet. (Hat es das schon mal gegeben, ein Film in der Philharmonie?)

Die Musik wird aufgezeichnet und zusammen mit dem Film am 12. Februar auf ARTE gesendet.