In “Hundertvierzehn”, dem literarischen Online-Magazin
des Fischer Verlags, gibt Roman Ehrlich Auskunft über seine Erfahrungen mit dem eigenen Roman nach dessen Erscheinen. Das betrifft auch seine Vorbereitung auf
die diversen Lesungen und die Fragen der Leser.
Er charakterisiert dort sein Buch mit den folgenden
Worten:
“Der Roman, in dessen Zentrum die Arbeit an einem
Horrorfilmprojekt steht, umkreist in verschiedenen Bewegungen das Phänomen des
Untotseins und der Wiederkehr, auch am naheliegenden Beispiel des Zombies,
vielmehr aber in den alltäglicheren Formen der Träume, des Glaubens, der
Ideologie, der Sehnsucht, der Schuld und der Verletzung. […]
Im Roman erklärt der Regisseur Christoph Raub, dass
das Aufspüren und öffentliche Erzählen der eigenen Ängste der schnellste Weg
sei, an den Ort der wahrhaftigen Kreativität zu kommen. Die individuelle Angst
tritt hier ebenfalls als das Verdrängte, als untoter Wunsch oder unerfüllte
Sehnsucht auf, und dem Erzählen kommt eine Art Transferfunktion zu, im Wissen,
dass die Koordinaten der Wirklichkeit verschoben werden müssen, um den
verdrängten Inhalten des Bewusstseins Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.”
Roman Ehrlich spricht auch von den “Fäden und Fährten”,
die er selbst ausgelegt habe. Dafür nennt er allerdings keine Beispiele. Das
wäre auch zu blöde, denn diesen Spuren muss jeder Leser auf seine Weise
nachgehen.
Für mich sind “Christophs Helden” eine starke Spur.
Der Regisseur des Horrorfilmprojekts nennt Dutzende von Vorbildern für seine
Arbeit und die Ich-Figur Moritz schreibt sie alle brav mit:
Raúl Ernesto Ruiz Pino, Daniel Myrick und Eduardo Sánchez,
Fred Kelemen, Ayten Mutlu Saray, Frank Oz, Milos Forman, Alejandro Jodorowssky
und Alejandro Amenábar, Onno Nijmegen, Konrad Wolf, Kelly Reichardt, Christoph
Schlingensief, Percy Adlon, Tsipi Reibenbach, Irene Lilienheim Angelico, Jesús
Franco, Edgar Reitz, Bobo Speck, Alain Robbe-Grillet, Hito Steyerl, Harry
Kümel, Margarethe von Trotta, H.-G. Clouzot, Robert Wiene, Natascha Toll,
Maurice Tourneur, Roland Klick, Ariel Tuba, Claire Denis, Georges Franju,
Warren Kiefer und Herbert Wise, Robert Hampton, Mimi Leder, Mario Bava, Rainer
Werner Fassbinder, Anthony Daisies, Dario Argento und Asia Argento, Lucio
Fulci, Ruggero Deodato, Narciso Ibáñes Serrador, Enrique L. Eguiluz, Amando De
Ossorio, Choe-Gang Ai, Jorge Grau, und Martin Herbert [47 Namen, S. 63f.]
Dies ist ein wildes Gemisch aus Namen von Regisseuren und
Künstlern. Wer von ihnen mag zu Roman Ehrlichs eigenen Helden gehören? Viele,
aber bei weitem nicht alle, haben mit der Geschichte des Horrorfilms zu tun. Auch
eine Reihe wichtiger deutscher Nachkriegsregisseure werden genannt: Konrad
Wolf, Percy Adlon, Edgar Reitz, Margarete von Trotta, Roland Klick, Rainer
Werner Fassbinder, alles beileibe keine Horrorfilmmacher.
Einige Namen fallen aus der reinen Filmwelt heraus:
Christoph Schlingensief, Hito Steyerl und Martin Herbert. Die Arbeit von
Schlingensief kommt Roman Ehrlichs Romanprojekt am nächsten. Wahrscheinlich
kein Zufall, dass sein Regisseur Christoph heißt, Christoph Raub (!). Hito
Steyerl ist auch als Theoretikerin interessant. Und im Falle von Martin Herbert bleibt es ungewiss, ob Ehrlich den Filmregisseur Alberto de Martino meint, der auch unter dem Namen Martin Herbert aufgetreten ist, oder den Kunsttheoretiker Martin Herbert, der einen Essayband zur Unschärferelation in der Kunst ("The Uncertainty Principle") veröffentlicht hat.Wir werden
sehen...
Fünf Namen sind (meines Erachtens) fiktiv: Onno Nijmegen,
Bobo Speck, Natascha Toll, Ariel Tuba, Choe-Gang Ai. Wer einen von ihnen in der
realen Welt kennt, möge sich melden. Das Phänomen fiktiver Beispiele findet
sich auch bei den im Roman besprochenen Filmen und Büchern. Ehrlich akzentuiert
damit den Kunstcharakter seiner Romanwelt.
Soviel für heute.
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