„Meine persönliche Geburtsgnade: Per Datum bin ich kein Kind
der Bundesrepublik, sondern der britischen Zone. Die Tatsache, dass mein Land
zum Zeitpunkt, als ich geboren wurde, staatlich nicht existierte, sondern
vollständig entmündigt war, verschafft mir bis heute ein temporäres
Glücksgefühl.“
Jochen Schimmang, Grenzen Ränder Niemandsländer, Hamburg
2014, 23
Die britische Besatzungszone |
Ja: So geht es mir auch. Ich habe immer darauf bestanden,
dass ich nicht in Deutschland geboren wurde, sondern in der britischen Besatzungszone (1945-1949),
deren Gouverneur der Feldmarschall
Bernard Montgomery war. Auch wenn – genau wie bei Helmut Kohls „Gnade der
späten Geburt“ – diese „Gnade der nichtdeutschen Geburt“ letztlich nichts von
der historischen Last abträgt, zu der sich die Deutschen der lebenden
Generationen verantwortlich verhalten müssen.
Ich habe in meinen historischen Überblicksvorlesungen zum
19. und 20. Jahrhundert immer darauf hingewiesen, dass – neben der
vergleichsweise extrem ruhigen staatlichen Entwicklung der Niederlande – die
deutschen Lande zwischen 1800 und 1990 eine extrem unruhige Entwicklung gehabt
haben: mindestens neun verschiedene Staats- und Territorialformen in
zweihundert Jahren! Und dass, wenn es so etwas wie nationale Identitäten und
Mentalitäten gibt, dieser Umstand darauf Einfluss gehabt haben muss.
Ob die Deutschen, wie gestern Abend geschehen, so weit gehen
müssen, anlässlich des zweihundertjährigen Jubiläums des Königreichs Hannover
(Personalunion mit England 1814-1837!) „The Last Night of the Proms“ mit allem
britisch-nationalistischen Schnickschnack im Hannoveraner Kuppelsaal aufzuführen,
ist dann eine Frage des Geschmacks. Und der Haltung.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen