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Mittwoch, 15. November 2017

Die Foto-Text-Loops von Lara Konrad

In einem Online-Artikel der „Welt“ habe ich von Lara Konrads Instagram-Account erfahren. Die dreißigjährige New Yorkerin deutscher Abkunft veröffentlicht dort unter dem Label „Emotional Consumerism“ ihre Fotos, die sie jeweils mit einem kurzen englischen Text versieht. Sie hat aktuell mehr als 1500 Abonnenten. Der Welt-Redakteur Andreas Rosenfelder vermutet hier das Entstehen einer neuen Poesie im Netz, macht aber keinen Versuch, sich und uns den Erfolg dieser merkwürdigen Fotos und Texte zu erklären.

Hier ist mein Beitrag dazu:

In unseren Sehgewohnheiten erwarten wir beim Betrachten eines Fotos in den Medien eine erklärende Unterschrift zum abgebildeten Motiv/Objekt und eventuell eine Ortsangabe.  Wahrnehmungsphysiologisch ist dabei das Bild immer primär; es ist konkret, es zeigt ein Element aus der Wirklichkeit, es fängt unseren Blick ein. Der hinzugefügte Text ist sekundär; er ist schon durch seine Sprachlichkeit abstrakt und erfordert den Akt des Lesens und Verstehens, aber er hilft uns bei der Einordnung des Bildes.


Der begleitende Text lautet hier: 
"Her Photographs, saved in old metal chocolate boxes".
Lara Konrad unterläuft diese Wahrnehmungsgewohnheiten und Sinnerwartungen. Sowohl ihre Fotos als auch ihre Texte befinden sich in einem Unbestimmtheitsmodus. Ob es sich nun um Körper, Gesichter, Gebäude, Natur- und Landschaftselemente oder Objekte handelt: nie ist der Fokus der Aufnahme darauf zentriert, immer wird das Motiv in abgeschnittener und/oder unscharfer Weise gezeigt. Oft bringt die Fotografin Teil-Selfies von Gesicht und Körper, Körperteilen, bekleidet und unbekleidet, mit einer Bildausschnittserotik, die sich an die Erotik eines ausgeschnitten Kleides anlehnt. Sex ist aber nur ein mittelbares Thema ihrer Bilder, obwohl das Ganze ohne ihn wahrscheinlich gar nicht funktionieren würde.

Der begleitende Text lautet hier:
"Woman, the purpose of beauty fades and after we're almost anything".
Der Betrachter fühlt sich automatisch stimuliert, das Bild zu ergänzen, zu interpretieren, es durch seine eigene Betrachtungsweise mit Sinn zu versehen, wobei das durchaus nicht so ohne weiteres möglich ist. Dann wandert das Auge zum Text und sucht dort Hilfe. Aber mit den Texten verhält es sich ebenso: Es handelt sich um Aussagen zur Welt der Beziehungen und der Sinnsuche, Sätze oder Satzfragmente mit irritierenden Elementen, die keinen eindeutigen Sinn nahelegen, und auch der Zusammenhang mit dem Foto ist rätselhaft.

Der Betrachter/Leser ist und bleibt also in einer vergeblichen Sinngebungsschleife gefangen. Die Augen wandern vom Bild zum Text, vom Text zum Bild, hin und zurück, zurück und hin. Dieser Vergeblichkeits-Loop ist das Geheimnis der Wirkung und des Erfolgs von Lara Konrads Werk. 

Ähnlich wie bei den Kurzgeschichten Kafkas, übrigens.

Mittwoch, 25. Oktober 2017

Stiftung Photo & Text

Heute haben wir die „Stichting Photo & Text“ gegründet. Sie hat ihren Sitz in Groningen. Ihre Zielsetzung ist die Konzeption und Durchführung von Kunstprojekten, die zur Bewusstmachung unserer Lebenswelt und ihrer zeitlichen, räumlichen und sozialen Dimensionen beitragen.

Wir beschäftigen uns mit der Produktion von aufeinander bezogenen Fotos und Texten, die ein intensiveres Verständnis der Aktivitäten von Menschen im öffentlichen Raum ermöglichen sollen. Die Resultate werden in einer Kombination von Ausstellung, Buch und öffentlichen Veranstaltungen präsentiert.


Was hier noch so abstrakt klingt, wird in den einzelnen Projekten überraschend konkret. Aber noch können wir nichts verraten. Lasst euch überraschen! Ich halte euch in Café Deutschland und auf Facebook auf dem Laufenden.

Die Gründer der Stiftung Photo & Text
Von links nach rechts: Gerlinde, Maja, Peter, Rein (Foto: Rein Scholte)

Donnerstag, 5. Oktober 2017

Schnitgerfestival Groningen: Fritz Langs "Der müde Tod" mit Orgelbegleitung

Hier die offizielle Pressemitteilung zur Präsentation des Stummfilmklassikers "Der müde Tod" von Fritz Lang mit Orgelbegleitung am 1. November in der A-Kerk zu Groningen:








PERSBERICHT
Groningen, 3 oktober 2017

Filmklassieker Der müde Tod met orgelmuziek in de Der Aa kerk

De Der Aa kerk in Groningen wordt op woensdagavond 1 november omgetoverd tot filmzaal om de film “Der müde Tod” (Destiny) te vertonen. Deze klassieke zwart-wit film zonder geluid is in 1921 gemaakt door cinema-icoon Fritz Lang. Het krachtige beeld vertelt het hele verhaal. Top-organist Berry van Berkum bespeelt daarbij het Schnitgerorgel in de kerk.
Dit is dé kans deze film te gaan zien, in een omgeving die perfect past en zorgt voor een indrukwekkende belevenis. De filmavond start om 20.00 uur. Kaarten zijn te koop voor €12,50 op www.schnitgerfestival.nl.

Der müde Tod: liefde en spanning, mooie muziek

De Duitse regisseur Fritz Lang bouwde in deze film al volop aan zijn expressionistische vormtaal: hij kon zich helemaal uitleven in het epische sprookje over liefde en dood in drie exotische settings. De fillm wordt dan ook terecht beschouwd als een van de eerste typische Lang-films. Het verhaal gaat over de Dood die een jonge vrouw drie kansen geeft om haar overleden geliefde terug te halen, in drie verschillende tijdperken en drie verschillende landen. Hij laat haar drie brandende kaarsen zien. Die stellen elk het leven van een mens voor. Bij het uitgaan van de kaars sterft de persoon. Als zij erin slaagt een van de drie levens te redden, zal ze haar geliefde terugkrijgen.
Nog maar weinig mensen weten dat het orgel lange tijd werd gebruikt als begeleiding van film. In het begin waren alle films zonder geluid, muziek werd erbij geleverd door een orkest. En omdat een orgel als een compleet orkest kan klinken, bleek dit het perfecte begeleidingsinstrument voor film. Het Schnitgerorgel in de Der Aa kerk is dat zeker.

Schnitgerfestival

Deze film maakt deel uit van het Schnitgerfestival. Een feest voor liefhebbers van orgelmuziek dat plaatsvindt van 31 oktober t/m 5 november. Er is wereldwijd geen stad waar drie historische Schnitgerorgels bewaard zijn gebleven. Deze drie orgels staan centraal in het gevarieerde programma. Er treden wereldtoppers op, zoals de Nederlandse Bachvereniging, Ton Koopman en het Luthers Bach Ensemble, Sietze de Vries, blokfluitvirtuoos Erik Bosgraaf en zijn Ensemble Cordevento samen met het jonge talent Matthias Havinga. Er zijn, naast concerten met veel prachtige muziek in kerken en zelfs in huiskamers, ook lezingen, masterclasses, er is een kinderprogramma, orgelmuziek met poëzie of theater en popmuziek.

Samstag, 23. September 2017

Merkiavelli



Die Volkskrant von heute: Ich hielt „Merkiavelli“ zunächst für eine originelle Wortschöpfung der Volkskrant, hatte aber vergessen, dass der – inzwischen verstorbene – Soziologe Ulrich Beck das Wort schon 2012 in einem Spiegel-Essay benutzt hat.

Die "12 tips om zelf een Merkel te worden" sind:

  1  Beloof weinig
  2  Deel je recept voor aardappelsoep
  3  Treuzel tactisch
  4  Blijf in het openbaar achter je beslissingen staan
  5  Laat je onderschatten
  6  Voer het beleid van je politieke tegenstanders uit
  7  Volhard in het niet cool zijn, want het wordt vanzelf cult
  8  Zwijgen is goud
  9  Hou je (mogelijke) tegenstanders nabij
10  Blijf exclusief
11  Verontwaardigd? Spreek 'Klartext'.
12  Blijf wakker!



Mittwoch, 23. August 2017

Hinweise zu "Die fürchterlichen Tage des schrecklichen Grauens (3): Roman Ehrlichs Helden

Nehmen wir das Wort Held im altmodisch-literarischen Sinn, so sind der Erzähler Moritz und der Regisseur des Horrorfilm-Projekts Christoph die beiden Helden des Romans „Die fürchterlichen Tage des schrecklichen Grauens“.

Ein Christoph taucht auch in der Widmung auf: „Trotz allem: für Christoph“. In der langen Liste der „Helden“ Christophs auf Seite 63f. (siehe meine Hinweise 2) finden wir auch den Namen Schlingensief. Christophs Methode bei der Entwicklung seines Projekts sowie sein Umgang mit der Schauspielergruppe erinnert sehr an den 2010 verstorbenen Regisseur Schlingensief. Eines der bekanntesten Projekte Schlingensiefs war die angesichts seines kommenden Krebstodes produzierte „Kirche der Angst“ (2008).

Und Moritz? Paul Jandl hat in seiner Rezension in der NZZ festgestellt, dass „Roland Ehrlichs Geschichten mitunter so (klingen), als wäre Karl Philipp Moritz’ Figur des Anton Reiser hineingewürfelt in die Symptome des neuen Jahrtausends“. Wer dem Hinweis nachgeht, wird schnell viele Parallelen zwischen den beiden Romanen finden. Am Ende steht in beiden Fällen eine längere Fußreise nach Erfurt und eine dort scheiternde Schauspielergruppe mit einem flüchtigen Regisseur.

Moritz' autobiographische Figur Anton Reiser hat literarische Ambitionen, an denen sie scheitert: 

„Er suchte einen Stoff aus, der immer fürchterlich bleiben musste und den er in mehreren Gesängen bearbeiten wollte; was konnte dies wohl anders sein als der Tod selber! [...]
Als er nun aber zum Werke schritt und den ersten Gesang seines Gedichts, wovon er den Titel schon recht schön hingeschrieben hatte, wirklich bearbeiten wollte, fand er sich in seiner Hoffnung, einen Reichtum von fürchterlichen Bildern vor sich zu finden, auf das bitterste getäuscht. [...] Alles, was er niederschreiben wollte, löste sich in Rauch und Nebel auf, und das weiße Papier blieb unbeschrieben.” (Anton Reiser, Frankfurt am Main 1979, p. 422f.)


Roman Ehrlich nimmt den Moritz' Faden an dieser Stelle wieder auf und lässt seinen Erzähler Moritz (!) uns 640 eng bedruckte Seiten mit einem "Reichtum von fürchterlichen Bildern" liefern.