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Freitag, 30. November 2012

Was uns von den Griechen bleibt: Sisyphos

Mit Wolfgang Schäubles Bekenntnis zu Sisyphos hat Deutschland doch noch einen Anhänger des griechischen Geistes: Siehe den FAZ-Bericht zu Schäuble bei Beckmann.

Wir müssen uns Schäuble als einen glücklichen Menschen vorstellen.

Donnerstag, 29. November 2012

Fremdbild: The Tyranny of Greece over Germany


“The Tyranny of Greece over Germany”: Der kuriose Titel dieses 1934 in England erschienenen Buches von Eliza Butler ist in den letzten zwei Jahren wiederholt in einem uneigentlichen Zusammenhang mit der Griechenland-Krise zitiert worden, zum Beispiel von einem empörten Griechen, der keine Ahnung vom Inhalt des Buches hatte, aber den heutigen Deutschen noch einmal unter die Nase reiben will, was ihre Vorfahren seinem Land im Zweiten Weltkrieg angetan haben.

Ich hatte noch nie von diesem Buch gehört, bis ich dem Titel im letzten “Spiegel” begegnete, wiederum im Zusammenhang mit der Griechenland-Krise. Da habe ich mich auf die Suche gemacht. Erst der Untertitel zeigt, worum es geht: “A study of the influence exercised by Greek art and poetry over the great German writers of the eighteenth, nineteenth and twentieth centuries”.
Die englische Germanistin Eliza Butler (1885-1959) war ihr Leben lang von einer Hassliebe zu Deutschland und den Deutschen bestimmt. Ihr germanophiler irischer Vater hatte seine drei Töchter gegen den Willen der Mutter auf ein Internat nach Hannover geschickt. Das führte bei Eliza schon als Kind zu einer Grundhaltung von Hass und Ekel in Bezug auf ihre deutschen Mitschülerinnen. Da sie nun aber schon einmal gut Deutsch konnte, wurde sie Deutschlehrerin und Germanistin mit längeren Aufenthalten in verschiedenen deutschen Städten und schließlich Professorin in Manchester und Cambridge.

Nach der Machtergreifung Hitlers schrieb sie das oben genannte Werk, in dem sie die Theorie einer Selbstversklavung der Deutschen unter den griechischen Geist entwickelte. So hätten die Deutschen schon im 18. Jahrhundert die radikale Unterordnung unter eine Idee entwickelt, die im 20. Jahrhundert so schreckliche Folgen zeitigte. Auch bei der Autorin ist der Titel des Buches also uneigentlich gemeint. Das Buch scheint absolut nicht dumm und obskur zu sein, wenn auch methodologisch fragwürdig. Die Nazis haben 1935 verhindert, dass es auf Deutsch erscheinen konnte. Bei einem Besuch Deutschlands 1948 fand Butler in den zerstörten Städten “a kind of beauty, as if Berlin had found her soul in the surrounding chaos”(Paper Boats, 189). Butler beschreibt ihre Geschichte in ihrer Autobiographie “Paper Boats” (1959). Einen kurzen Überblick über Butlers Leben und Denken gibt Sandra Peacock in ihrem Artikel “Struggling with the daimon: Eliza M. Butler on Germany and Germans” (2005).
Erst nach dem Krieg erschien 1948 eine gekürzte deutsche Ausgabe unter dem verfälschenden Titel “Deutsche im Banne Griechenlands”, die kaum Aufmerksamkeit gefunden hat. Weitere deutsche Ausgaben und eine Rezeptionsgeschichte durch die deutsche Germanistik scheint es nicht gegeben zu haben. Das finde ich verwunderlich, da Butler sich völlig auf die großen deutschen Dichter und Denker Winckelmann, Lessing, Herder, Goethe, Schiller, Hölderlin und Heine konzentriert und ihre Botschaft über die sklavische Eigenart aller Deutschen nur indirekt vermittelt, was auch für das englische Publikum nicht so einfach herauszulesen gewesen sein mag.
In der angelsächsischen Welt dagegen hat es immer wieder Neuausgaben des Buches gegeben, zuletzt 2006 und 2012, und mit der amerikanischen Historikerin Suzanne Marchand (“Down from Olympus”, 1996) auch eine methodologische Fortentwicklung des Ansatzes von Eliza Butler. So ist das Werk eine bedeutende Quelle des angelsächsischens Denkens über Germany und Germanness geworden, die man kritisieren, aber nicht ignorieren sollte.

Das Buch wird auch in der aktuellen Situation der griechisch-europäischen Schuldenkrise in England (wieder) ernst genommen. So attestiert eine Rezension im London Review of Books zum einen den heutigen Deutschen, nichts mehr mit der alten Unterwerfung unter ein Ideal zu tun haben zu wollen und stellt zum anderen eine Verbindung zum positiven Umgang mit Griechenland und Greekness in der jetzigen Krise her.
Ich persönlich bin immer noch perplex, dass mir dieses Buch in all den Jahren meiner Beschäftigung mit Germanness in den Augen anderer noch nie begegnet ist, und eben auch nie in einem germanistischen Zusammenhang. Aber deutsche Germanisten lesen wohl auch heute noch nur deutsche Untersuchungen über deutsche Dichter und Denker.

Wir - ein deutsches und europäisches Wir - sollten aber wissen, auf welcher Grundlage englische und amerikanische Intellektuelle ihr heutiges Bild über Deutschland und die Deutschen entwickeln. Und uns dazu äußern.

Montag, 26. November 2012

Sonntag, 25. November 2012

Königin Angela

Vermischen sich die Welten? Als ich die Wochenendausgabe der niederländischen NRC las, traf ich auf dieses Foto und dachte: Ah, Beatrix!

Liegt’s an mir, liegt’s an ihr, liegt’s an meinem Blog? Oder einfach am Wetter?

But anyway: God save the Queen!
 
Angela Merkel auf der EU-Top in Brussel

Freitag, 23. November 2012

Die Verwienerung von Berlin

“Die Verwienerung Berlin schreitet so und so fort – und das ist gut so.”

Die kultivierte Österreicherin Marianne Sajdik, von der dieser Satz stammt,  hat in Berlin einen Wiener Salon eröffnet, in dem sie, ganz in der Tradition der Berliner Romantik, Künstlern und Kulturschaffenden einen gepflegten Treffpunkt bietet.

Sie hat Stil, allerdings einen völlig unberlinischen. Berlin wird auch das überleben:

 

Wer dagegen nur einfach mal in Berlin ein echtes Wiener Schnitzel essen will, dem sei das Wiener Beisl in der Kantstraße empfohlen: Wiener Küche und echt österreichische Bedienung.
 
 

Dienstag, 20. November 2012

Der "Stille Ort": Monster Munch (Tourist) versus Peter Handke

Wo liegen die Quellen der deutschen Kreativität? Richtig: im deutschen Gymnasium und in der deutschen Provinz. Beide sind so öde, dass lebendige Geister sich nur unter konvulsivischen Zuckungen davon befreien können und – bei hinreichendem Talent - auf diese Weise den Ort finden, an dem sie sich zum Ausdruck bringen.

Damit es nicht heißt, dass Café Deutschland sich nur mit der (allerdings unausschöpfbaren) Berliner Szene beschäftigt, propagiere ich heute eine völlig unbekannte Gruppe aus der Provinz (genauer: aus Wunstorf), die sich sicher auch bald nach Berlin aufmachen wird: Marwin, Stefan und Timo mit ihrer Band Monster Munch. Ich habe sie auf der Website Neue-bands.de gefunden. Es gibt ein frei zugängliches Digital-Album von ihnen mit sieben Songs, davon vier auf Deutsch.
"Tourist” ist ihr Demo-Video:

(Zum Weiterlesen hier klicken:)

Sonntag, 18. November 2012

Staplerfahrer Klaus: ein lehrreicher Kurzfilm!


Bei meiner Suche nach sehenswerten deutschen Kurzfilmen bin ich auf “Staplerfahrer Klaus” (2000) von Stefan Prehn und Jörg Wagner gestoßen. Am Anfang scheint es sich um einen Lehrfilm für Gabelstaplerfahrer (schönes deutsches Wort!) zu handeln, aber die FSK-Freigabe für “ab 16” scheint auf etwas anderes hinzudeuten. Ihr seid gewarnt!

Freitag, 16. November 2012

Die Schule der Neuen Prächtigkeit (2): Starckdeutsch

Es lebe Matthias Koeppel und seine ingeniöse Sprachschöpfung „Starckdeutsch".

„Das Starckdeutsche ist durch seinen vokalkräftigen und konsonantenverstärkten Charakter weniger zum stillen Lesen als zum lauten Vortrag von Gedichten geeignet.“ (Wikipedia)
Ja, das stimmt, setzt aber ein gehöriges Maß an Übung voraus. Diese Übung lässt sich auch durch stilles Lesen erreichen, wenn man akzeptiert, dass sich die Urkraft der starckdeutschen Laute über die Augen sofort in die Lippen fortsetzt, die – zumindest leise - einfach ausdrücken wollen, was dort (ent-)steht.

Es mag ein wenig gewöhnungsbedürftig sein, und nicht jedes Wort erschließt sich dem tastenden Leser im ersten Versuch, der Effekt rechtfertigt jedoch die Mittel: eine ganz ungekannte, und so bisher unempfundene Verstärckung von Sprache und Inhalt stellt sich ein.
Hier ein Beispiel, dass ich bei meiner Sammlung von deutschen Texten über die Niederlande völlig übersehen hatte:

Hullondüsche Tumautn
Harrlüch! – dönckst tu, gauffßt die rauten
Glantzind pfröschn Totumauten.
Duch peim Ößßn marckstde dunn,
dißß monn gurnüxx tschmarckn kunn;
Sünd’z nonn Gorcken, sünd'z Tumautn, –
Üst öss garr oin Heunarbrautn,
pfrösch oss Hullondt ümmporturt?
Hart monn düch woll arnngeschmuurt?

 
Überregional bekannt wurde er durch sein Gedicht zur Misere der deutschen Architektur:

 Arr, di Arr; di Arrckitucktn -
jarr, di sünd tautul pfarrucktn.
Pauhn onz euburoll Quaduren,
vo se gurrnücht henngehuren.
Vn demm Hurz büsz ze denn Ullpn
snd di Häusur steitz di sullpn.
Duch di Arrckitucktn tschumpfn:
Onzre Pauhörrn snd di Tumpfn!
Olle zullte mon kastruren,
düßße auff ze pauhin huren;
odur stott ünn rachtn Winkuln
se dönn pauhin, wi se pinkuln.

Zu finden in: Matthias Koeppel, Starckdeutsch. Sämtliche Gedichte. Volksausgabe, Berlin 1981



 

Samstag, 10. November 2012

Johannes Grützke

Johannes Grützke: Schule der Neuen Prächtigkeit (1)

Im November vor zwei Jahren wäre ich beinahe nach Berlin gefahren, um eine Retrospektive der „Schule der Neuen Prächtigkeit“ zu sehen. Johannes Grützke und Matthias Koeppel, die beiden übrig gebliebenen Maler dieser Berliner Gruppe aus den siebziger Jahren machten selbst die Führungen. Ich hatte mich sogar schon dafür angemeldet, dann bin ich aus nichtigen Gründen zu Hause geblieben. Danach habe ich zwei, drei Mal die Kataloge angesehen; jetzt ist mir wieder eingefallen, dass Matthias Koeppel zeitweilig auch eine ganz besondere Variante deutscher Lyrik produziert hat: er war der Erfinder des „Starckdeutsch“, einer vokal- und konsonantenverstärkten Kunstsprache, die mir viel Freude gemacht hat.

Jetzt ist es wieder November, und wieder findet in Berlin eine Grützke-Ausstellung statt. Nein, gleich mehrere: Er ist dieses Jahr 75 geworden.
Von Johannes Grützke hatte ich als Student mein erstes Original-Kunstwerk gekauft, eine kleine Radierung, auf der ein angewinkelter Ellenbogen und das unvermeidliche verzerrte Gesicht Grützkes zu sehen waren. Grützkes Bilder hatten es mir angetan; wieso wusste ich damals nicht genau. Meine damalige und heutige Frau, mit der ich in Geschmacksfragen meist übereinstimme, fand und findet Grützke ganz schrecklich. Ich mag ihn immer noch. Mein besagtes erstes Original hat sie damals auf dem Flughafen in Düsseldorf stehen lassen, unabsichtlich natürlich. Wenn ich in die Gegend komme, schaue ich mich immer noch um, ob es nicht irgendwo auftaucht.

Grützke hält sich internetmäßig sehr zurück. Seine Website oder „Heimseite“ wie es dort heißt, wird von einem Mittelsmann unterhalten, da der Meister ja malen muss. Dort finden sich mal mehr mal weniger aktuelle Werke, im Moment eher weniger: www.johannesgruetzke.de/ .

Meine Lieblingsbilder waren damals diese beiden:


Unser Fortschritt ist unaufhörlich, 1973

Darstellung der Freiheit, 1972
 
 

Samstag, 3. November 2012

Walt Disneys Anti-Nazifilm “Education for Death” (1943)

Außer “The Fuhrer’s Face” hat Walt Disney 1943 noch einen weiteren Anti-Nazifilm gemacht: „Education for Death“. In diesem Zeichentrickfilm lässt er nicht Donald & Co. figurieren, sondern versucht sich an einem politisch-didaktischen realistischen Film über Erziehung im Nationalsozialismus. Als Grundlage benutzte er das gerade erschienene Buch „Education for Death. The Making of the Nazi“ von Gregor Ziemer. Der Film sollte offenbar auch eine Werbung für das Buch sein:


Ziemers Buch ist übrigens im selben Jahr auch von Edward Dmytryk unter dem Titel „Hitler’s Children“ verfilmt worden.

Freitag, 2. November 2012

Mau Mau: ein saublödes Kartenspiel mit hohem Suchtfaktor

Als Jugendlicher war ich der Mau-Mau-König von Leer. Nicht dass ich irgendwelche Wettkämpfe gewonnen hätte; es fiel nur im Kreise meiner Freunde auf, dass ich sehr häufig gewann.

Bei Skat hatte ich dagegen keine Chance. Ich kann und mag es noch heute nicht. Wahrscheinlich, weil man bei diesem Spiel gut bei der Sache bleiben und sich die ausgespielten Karten merken muss. Bei Mau Mau brauchst du im Prinzip nur die Karten mechanisch abzuwerfen und ab und zu ein klein wenig aufzupassen. Das liegt mir mehr. Dann kann man auch mal an was anderes denken oder sich in der Kneipe umgucken. Trotzdem ist es ein schönes Kartenspiel, dass wahrscheinlich alle nach dem Krieg geborenen Deutschen kennen. Und in den Niederlanden wahrscheinlich kaum jemand.
Deshalb installiere ich heute das Label “Spieltisch” im Café Deutschland und fülle es mit einem Online-Mau-Mau-Spiel. Die Regeln findet ihr im Wikipedia-Artikel. Dazu genügen die Abschnitte “Die Grundregeln” und “Weitere Regeln”. Die ellenlangen Varianten könnt ihr vergessen.