Beste Groningers,
Auf dem Emmaplein steht eine schöne Bronzeskulptur: der „Zittende jongeling“, ein lebensgroßer nackter Jüngling, der bei näherer Betrachtung viel von einem echt Groninger Jungen hat.
Im März wird der Emmaplein in der Nähe des Bahnhofs zum schönsten Platz von Groningen. Tausende blaue und weiße Krokusse stehen dicht an dicht und bilden ein faszinierendes Blütenmeer. Viele Passanten bleiben stehen, sind ganz entzückt und machen Fotos.
Für den nackten Jüngling scheint sich jedoch kaum einer zu interessieren, und fragt man Groninger Bekannte, dann erinnern sie sich wohl an die Blumen, aber nicht an den Jungen.
Was ist los mit dieser Skulptur? Warum wird sie so übersehen?
Nun sind Skulpturen sowieso nicht das Ding der Groninger. Jede Verherrlichung oder Überhöhung einer Person geht ihnen zu weit. Außerdem ist die Figur nackt! Das geht schon mal gar nicht!
Auf dem Schildchen, dass die Gemeinde wie eine Stolperfalle vor der Skulptur angebracht hat, steht:
Frederik Engel Jeltsema, Zittende jongeling, 1960 (1916), www.staatingroningen.nl
Erfreut, mehr über den Jüngling erfahren zu können, rief ich die Seite auf. Die Website ist jedoch nicht mehr aktuell, man wird an eine neue weiterverwiesen: www.kunstpuntgroningen.nl . Dort finden sich ein paar Fotos und eine kurze Information zur Skulptur und ihrem Schöpfer, außerdem folgende Erläuterung: „Deze wijze van verbeelden van het mannelijk naakt – met de nadruk op idealisering en kracht – hanteerde men ook in het oude Griekenland.“
Ich habe noch eine Weile herumgegoogled, aber mehr als dieser allgemeine Hinweis auf die griechische Antike findet sich nirgends. Dabei gibt es doch eine griechisch-römische Skulptur von frappanter Ähnlichkeit, den „Ruhenden Hermes“ aus Herculaneum bei Pompeji. Diese lebensgroße Statue wurde 1758 in der Villa dei Papiri ausgegraben. Sie hat im 18. Jahrhundert viel Aufsehen erregt und wurde in zahllosen kleinen Kopien an begeisterte Europäer verkauft, die auf der „Grand Tour“ durch Italien waren. Das Original von 79 vor Christus steht heute im Archäologischen Museum von Neapel:
Jeltsema, Zittende jongeling, Foto: Gouwenaar 2009
Ist denn niemandem in Groningen dieser evidente Zusammenhang aufgefallen?
Ich will probieren, in einigen weiteren Blogposts auf diesen Hintergrund einzugehen.
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