Es gibt viele
moderne Inszenierungen, denen es gelingt, bei absoluter Texttreue eine deutlich
kontrastierende Interpretation zu liefern. Besonders umstritten ist in den
letzten Jahren die Arbeit des spanischen Regisseurs Calixto Bieito. Seine Bühne
ist voll von Blut, Gewalt und Nacktheit. Ich habe von ihm nur Die Entführung aus dem Serail in der Komischen Oper in Berlin gesehen und war sehr fasziniert. Er spielt die
Tatsache, dass es sich ja tatsächlich um eine gewalttätige Handlung handelt,
voll aus. Entführung, Gefangenschaft, Sex, sexuelle Bedrohung, Folter, Gewalt:
all das ist in diesem Stoff vorhanden und wird in den traditionellen
Aufführungen meist nur ganz orientalisch-niedlich dargestellt. Hier ist es
krass, sehr krass sogar und natürlich gewinnt so das Bühnengeschehen eine
ablenkende, vielleicht sogar vorherrschende Macht über die Musik Mozarts. Es
gibt eine Folterszene, in der der Körper einer Frau in einer Realistik
zerschnitten wird, die jeden Betrachter entsetzen musste und Teile des
Publikums in Aufregung und Abscheu versetzte.
„Wo bleibt denn
da Mozart“, rief ein junger Besucher empört. Und ich fühlte mich spontan
versucht, zurückzurufen, dass Mozart im 21. Jahrhundert angekommen sei. Aber
ich bin kein Zwischenrufer. Ich kann nicht einmal „Buh“ rufen. Das Publikum war
überhaupt sehr lebendig an dem Abend. Es wurde viel gepfiffen. Und das heißt ja
auch, dass die Oper lebt und eine Existenzberechtigung hat.Auf YouTube gibt es hierzu nur ein sehr kurzes Fragment. Diese Inszenierung ist in Berlin in diesen Wochen noch zu sehen. Kurios, dass es heutzutage noch (oder wieder?) sogar bei einer Oper möglich ist, eine Empfehlung ab 18 Jahren (niemand braucht seinen Ausweis zu zeigen) auszusprechen:
Spektakulär ist auch diese Szene, die offenbar ein Zuschauer mit seinem Handy aufgenommen hat:
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