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Mittwoch, 31. Oktober 2012

Halloween: Der Horror mit dem Kürbis


Das Wort Halloween ist für mich und meine deutsche Generation vor allem mit dem gleichnamigen großartigen Horrorfilm (1978) von John Carpenter verbunden. Die jüngeren deutschen und niederländischen Generationen üben sich dagegen in der globalisierenden Adaption einer schönen amerikanischen Tradition.
Als ich letztens mal zu ganz anderen Zwecken einen Kürbis zu zerteilen versuchte, wurde mir klar, welchen Gefahren die amerikanischen Hausfrauen & Co sich damit aussetzen. Aber die tun das schon seit Generationen. Die jungen deutschen Frauen dagegen müssen noch üben, und das Resultat lässt auch zu wünschen übrig:
 
 

Deutscher Krimi auf Platz 1

Seit langem mal wieder ein deutscher Krimi auf Platz 1 der Bestenliste der ZEIT:

http://www.zeit.de/2012/45/ZEIT-Krimibestenliste-November

Die Täterkinder 1945: der Film “Lore” von Cate Shortland

Die australische Regisseurin Cate Shortland hat mit “Lore”(2012) einen ungewöhnlichen Film zur unmittelbaren Nachkriegszeit gedreht. Das Drehbuch von “Lore” beruht auf dem Roman “The Dark Room” (2001) von Rachel Seiffert (deutsch: Die dunkle Kammer, 2001): eine subtile Verfilmung eines subtilen Romans über die ideologisch verhetzten Kinder der Täter in den Trümmern des Dritten Reiches.

Deutscher Kinostart: 1. November. Der Film kommt nicht in die niederländischen Kinos.
 
 

Montag, 29. Oktober 2012

Der Rummel um Rommel: Film mit Ulrich Tukur in der ARD

Am Donnerstag, dem 1. November zeigt das Erste Deutsche Fernsehen um 20:15 den neuen Rommel-Film, gefolgt von einer Dokumentation.

Der SPIEGEL dieser Woche widmet dem Film und dem Mythos Erwin Rommels seine Titelgeschichte. Der Film hat positive Besprechungen bekommen.

Drs. P - Groningen

Wir hörten Klagen aus Deutschland, dass der legendäre „Dodenrit“ (Trojka!) von Drs. P dort nicht mehr (auf YouTube?) verfügbar ist. Zum Trost bietet Café Deutschland sein Groningen-Video (das hoffentlich nicht gesperrt ist).

Wir wollten unseren auswärtigen Besuchern schon immer mal einen Eindruck vom Heimatort des virtuellen „Café Deutschland“ verschaffen. Und wer könnte dazu geeigneter sein als der niederländische Allround-Künstler Drs. P, ein in der Schweiz geborener Mann mit österreichischem Vater und niederländischer Mutter, der während der Besatzungszeit beinahe von den Deutschen füsiliert worden wäre (hätte er keinen Schweizer Pass gehabt!). Drs. P, "Groningen" (1983):
 

Sonntag, 28. Oktober 2012

Cloud Atlas & Atlas eines ängstlichen Mannes: Kartografierungen der Gegenwart

Eine schöne Koinzidenz: Fast am selben Tag kommen ein außergewöhnlicher Film und ein außergewöhnlicher Roman heraus, die das Wort “Atlas” im Titel tragen und auch sonst einiges gemeinsam zu haben scheinen: “Cloud Atlas” von Tom Tykwer und Andy Wachowski  und “Atlas eines ängstlichen Mannes”  des österreichischen Schriftstellers Christoph Ransmayr.

Ich kenne den zugrundeliegenden Roman “The Cloud Atlas” (2006) von David Mitchell und vermute von den ersten Rezensionen von Ransmayrs Buch her, dass es sich hier um zwei verwandte und ambitiöse Versuche handelt, unsere Gegenwart in künstlerischer Form zu erfassen. Dazu werde ich weitere Beiträge schreiben.
Der Film aus den Händen von Tywker (“Lola rennt”) und den beiden Wachowskis (“The Matrix”) hat schon begeisterte Reaktionen ausgelöst. Hier ist der Trailer:
 
 

“Cloud Atlas” läuft in Deutschland am 15. November an, in den Niederlanden am 29. November.

Freitag, 26. Oktober 2012

Raumschiff Orion: Tanz in die Zukunft

Am 17. September 1966 startete im deutschen Fernsehen die Science-Fiction-Serie “Raumpatrouille – Die phantastischen Abenteuer des Raumschiffs Orion” : am Samstagabend im Hauptprogramm! Für mich als junger Science-Fiction-Fan war das ein denkwürdiger Tag. Science Fiction fand in Westdeutschland in der Zeit vor allem in den Roman-Reihen des Heyne- und Goldmann-Verlages statt und in den Perry-Rhodan-Heften. Das waren Nischen der Trivialliteratur, zu denen man sich als Gymnasiast nicht zu bekennen wagte.

Raumschiff Orion

Nun wurde das Genre vom Fernsehen geadelt! Natürlich habe ich dann alle sieben Folgen gesehen. Die Serie war auch ein großer Erfolg bei vielen Zuschauern, die mit Science Fiction eigentlich nichts am Hut hatten. Bei aller Begeisterung fand ich doch viele Schwächen in den Filmen, die mich damals geärgert haben, aber heute beim Wiedersehen amüsieren.

Der Start der deutschen Serie kam übrigens nur knapp zehn Tage nach der ersten Folge von “Star Trek” in den USA, die in Westdeutschland erst 1972 unter dem Titel “Raumschiff Enterprise” gesendet wurde. “Star Trek” hatte zunächst keinen besonderen Erfolg; das sollte sich aber bald ändern.

“Raumschiff Orion” dagegen hatte keine Folgestaffeln. Schade eigentlich, denn so viel schlechter als “Star Trek” waren sie nicht. Wahrscheinlich lag es daran, dass die eingebackene amerikanische Go-West-Ideologie des “The final frontier … To boldly go where no man has gone before” in Deutschland keine Entsprechung hatte (das deutsche Go-East konnte man ja schlecht romantisch überhöhen). Und auch die Propagierung des Meltingpots und des friedlichen Miteinanders der Rassen war in Deutschland noch kein Thema.
Die sieben einstündigen Folgen stehen komplett auf Youtube. Die erste kann man hier anklicken.

Wem das zuviel ist, der kann sich hier mit zwei kurzen Sequenzen einen Eindruck verschaffen. Der Raumflughafen auf der Erde lag aus für mich im Moment unerfindlichen Gründen am Boden des Ozeans. Der Start der Raumschiffe erfolgte also aus dem Wasser heraus. Das fand ich damals durchaus eindrucksvoll:

 
Die Serie widmte sich auch den zukünftigen gesellschaftlichen Entwicklungen von Mode und Freizeit. Die Kadetten der Raumflotte konnten sich im “Starlight Casino” unter der gläsernen Kuppel in der Tiefsee dem Alkohol und dem Tanzvergnügen widmen. Ein Fan hat sich die Mühe gemacht, die Zukunftstänze der sieben Folgen in YouTube auf die Reihe zu bringen. Auch das hat damals durchaus Aufsehen erregt und begeistert die Fans noch heute:

 

Donnerstag, 25. Oktober 2012

Markus Lüpertz’ Herkules: das i-Tüpfelchen über dem Ruhrgebiet

Von weitem wirkt der Kopf wie eine der unerklärlichen Statuen von den Oster-Inseln: Der Herkules auf dem Nordsternturm in hundert Meter Höhe ist kilometerweit sichtbar und gibt der ganzen Region ein Geheimnis. Der Schacht II der ehemaligen Kohlenzeche Nordstern in Gelsenkirchen-Horst ist mit vier neuen, gläsernen Etagen gekrönt worden, und darauf erhebt sich die achtzehn Meter hohe Figur. Ein herkulisches Werk in einer herkulischen Landschaft. Ich habe es am letzten Wochenende zum ersten Mal aus der Nähe gesehen.



Oben auf der Aussichtsplattform wendet uns Herkules sein Hinterteil zu:



Aus dem grauen Industrierevier der fünfziger Jahre ist ein halbes Jahrhundert später im Rahmen der Kulturhauptstadtplanung für 2010 eine riesige Parkanlage entstanden, über die Markus Lüpertz' neuer Herkules wacht. Er trotzt dem kleingeistigen Gezeter vieler Besucher, die ihm seinen Ort und seine Aufgabe nicht gönnen.
Der folgende Film zeigt uns seine Entstehung:


Markus Lüpertz hat mit seinen Skulpturen in den letzten zehn Jahren des öfteren kleinbürgerlichen Zorn und aggressive Bildersturzbewegungen auf sich gezogen.

Mittwoch, 24. Oktober 2012

Einweihung des Denkmals für die Sinti und Roma


Neue Kontakte: Wir haben einen kleinen Fehler versteckt. Wer findet ihn?

Die schlauen Verlagsleute von NEUE KONTAKTE haben auf ihren Werbeansichtskarten mit schönen deutschen Gedichten einen kleinen, aber entscheidenden, ja geradezu sinnverkehrenden Fehler versteckt und zwar in Eduard Mörikes “Er ist’s”. Natürlich nur, um die niederländischen Deutschlehrer zu testen. Vielleicht haben sie sogar einen Preis ausgeschrieben, und mir ist das entgangen.

Wer findet ihn? (Nicht schummeln und irgendwo nachgucken!):

Ich bin ja spät dran damit. Wie viele Fehlermeldungen mag der Verlag wohl schon erhalten haben?

Dienstag, 23. Oktober 2012

George Langelaan / Kurt Neumann: Die Fliege

Vor langer Zeit habe ich eine phantastische Kurzgeschichte von George Langelaan gelesen. Sie heißt “Die Fliege” (1957) und handelt von einem missglückten Teleportations-Experiment, bei dem sich die Körper eines Mannes und einer Fliege vermischen: der Mann bekommt den Kopf einer Fliege, und die Fliege den Kopf des Mannes, jeweils im passenden Maßstab:



Irgendwann habe ich dann auch im Fernsehen die erste Verfilmung dazu gesehen. Sie stammt von Kurt Neumann, einem Deutschen, der in die USA ausgewandert ist: The Fly (1958). Neumann hat auch einige der späteren Tarzanfilme gemacht.

Am Ende des Films wird die Fliege von einem Mann getötet. Es ist natürlich ein Horrorfilm und nichts für Sechsjährige. Er steht komplett auf Youtube:
 

Lee Miller 1945: Die Toten im Leipziger Rathaus

Einige der spektakulärsten Fotos von Lee Miller zeigen den Gruppenselbstmord im Leipziger Rathaus, der sich am 18. April 1945 ereignet hat. Der Bürgermeister Alfred Freyberg, ein NSDAP-Mitglied mit niedriger Mitgliedsnummer, und der Stadtkämmerer Kurt Lisso hatten sich, jeweils mit Frau und Tochter, vergiftet, kurz bevor die amerikanischen Truppen in Leipzig einzogen. Im Rathaus befanden sich noch weitere Leichen.

Kurt Lisso mit Frau und Tochter

Die Filmdokumentaristen der US-Armee haben die Situation beim Einzug in Leipzig in Farbe festgehalten:

 
Im Internet herrscht einige Verwirrung bezüglich der Identität der auf den Fotos abgebildeten Leichen und auch im Hinblick auf die Zuschreibung der Bilder an die beiden amerikanischen Fotografinnen, die am 19. und 20. April ihre Aufnahmen machen konnten: erst Lee Miller am 19. und danach Margaret Bourke-White am 20. April, kurz bevor die Leichen weggeschafft wurden.

Während Lee Miller beziehungsweise ihr Begleiter den Stadtkämmerer mit Frau und Tochter irrtümlicherweise für die Bürgermeisterfamilie gehalten haben, gibt Margaret Bourke-White später in ihrem Buch “Deutschland April 1945” eine korrekte Beschreibung:
“Am frühen Morgen des 20. April, eines Freitags, stürzte mein LIFE-Kollege Bill Walton zu mir herein. ‘Fahren Sie schnell zum Rathaus, ehe sie es aufräumen’, sagte er. ‘Da drin sieht es aus wie in Madame Tussauds Wachsfigurenkabinett!’ […]
Wir standen in einem überladen eingerichteten Büro, mit sentimentalen Landschaftsbildern an den Wänden und schweren Möbeln, wie sie die Deutschen im neunzehnten Jahrhundert für luxuriös hielten. Auf den massiven Ledermöbeln lehnte eine Familiengruppe, die so intim und lebendig wirkte, dass man kaum glauben konnte, dass diese Menschen nicht mehr am Leben waren. Am Schreibtisch saß Dr. Kurt Lisso, den Kopf in die Hände gelegt, als ob er ausruhen wollte. Auf dem Sofa lag seine Tochter und in dem dick gepolsterten Armsessel saß seine Frau. Die Ausweise und Dokumente der ganzen Familie waren ordentlich auf dem Schreibtisch ausgebreitet, daneben stand die Flasche Pyrimal, mit dem sie sich offensichtlich umgebracht hatten. Dr. Lisso war Stadtkämmerer und Schatzmeister der Stadt Leipzig gewesen, Parteifunktionär mit einer jener niedrigen Mitgliedsnummern, die besagte, dass er es zu den Getreuen der ersten Stunde gebracht hatte. In einem Nachbarzimmer saßen ebenso lebensecht Alfred Freiberg, der Oberbürgermeister, mit seiner Frau und seiner hübschen Tochter Magdalena im Kreis. Auch andere Zimmer in der Nähe bargen solch totenstille und schweigsame Gestalten. Am auffallendsten war der Befehlshaber des Volkssturms in seiner schönen Uniform und mit einem Hitlerbild neben sich.”

Walter Kempowski, Das Echolot. Abgesang ’45. Ein kollektives Tagebuch (München 2005), 49-50

Ich habe diesen Text in Walter Kempowskis Echolot-Projekt gefunden, als ich mich auf mein Seminar zum Jahr 1945 vorbereitete. Lee Miller war mir bekannt, von Margaret Bourke-White habe ich hier zum ersten Mal gehört. Weitere Großaufnahmen zu dem Geschehen will ich hier nicht zeigen. Sie finden sich im Internet.
 

Samstag, 20. Oktober 2012

Lee Miller in Hitlers Badewanne

Lee Miller war eine amerikanische Fotografin, die 1945 im Gefolge der US-Truppen die letzten Kriegsmonate in Frankreich und Deutschland dokumentiert hat.

Eines der kuriosesten und gleichzeitig historisch aussagekräftigsten Fotos dieser Zeit wurde von ihrem Freund aufgenommen und zeigt Lee Miller in der Badewanne in Hitlers Münchener Wohnung am Prinzregentenplatz. Die beiden haben dort eine Weile gewohnt.

Niemand würde dieses Foto von einem kleinen, beengten Bad für etwas Besonderes halten, wüsste man nicht, wer darin früher gebadet hat und wer - mit einigen Accessoires inszeniert - nun darin badet.

Was Lee Miller in den befreiten Konzentrationslagern sah, war -  zusammen mit der von ihr erfahrenen völligen Uneinsichtigkeit der besiegten Deutschen -  für sie unbegreiflich und tief erschütternd. Sie hatte ihr Leben lang Probleme, das Gesehene und Erlebte zu verarbeiten und hat später alle Kontakte zu Deutschen gemieden.
Eines ihrer verstörendsten Fotos zeigt einen bei der Befreiung von Buchenwald misshandelten KZ-Wächter. Wer mehr sehen und lesen will, dem sei das Buch “Lee Miller’s War” von Antony Penrose empfohlen.


Freitag, 19. Oktober 2012

Europäischer Monat der Fotografie Berlin

Heute beginnt der 5. Europäische Monat der Fotografie in Berlin. Wer im Oktober und November nach Berlin kommt, kann dort viele Fotografie-Ausstellungen sehen. Das Motto ist diesmal  “Der Blick des Anderen”. Das Thema spricht mich besonders an, da ich mich viel mit Fremdbildern in der Literatur beschäftigt habe. Nun also wirkliche Bilder. Café Deutschland stellt sich darauf mit ein paar eigenen Beiträgen ein, die – wie es bei meinem beruflichen Hintergrund nahe liegt – vor allem zeitgeschichtliche Aspekte betreffen.

Ich selbst bin ganz einfach ein schlechter Fotograf und habe mich auch nur selten mit Fotografie als Kunstform beschäftigt. Aber mir sind in den letzten Jahren eine Reihe von Fotografien begegnet, die bei mir und in meinen Computermappen hängengeblieben sind. Ein paar davon werde ich in den nächsten vier Wochen vorstellen.
Zunächst werden das Bilder vom Ende des Krieges 1945 sein, da ich mich mit diesem Jahr gerade besonders beschäftige. Das erste Foto wollte ich dem Zufall überlassen. Ich habe auf Google einfach das Jahr 1945 eingegeben und die Kategorie “Bilder”. Das erste Foto sollte es sein, und das war ein Hammer: Hiroshima nach dem Abwurf der Atombombe. Und damit nicht genug: Das Foto ist signiert von Paul Tibbets, dem Piloten, der diese Bombe (mit dem zynischen Namen “Little Boy”) abgeworfen hat. Er hatte sein Flugzeug auf den Namen seiner Mutter, Enola Gay, getauft.



Das Foto zeigt die denkbar extremste Form vom “Blick des Anderen”: die totale Auslöschung. Dass Paul Tibbets als Vollstrecker der größten Vernichtungstat eines Einzelnen in der Geschichte dieses Foto mehrfach, wahrscheinlich systematisch, signiert hat, fand ich dann doch erschütternd.

Sushis in der DDR

Die meisten Wessis haben, schlicht gesagt, sehr einseitige Vorstellungen vom Leben in der DDR in den vier Jahrzehnten ihres Bestehens. Auch ich bin nur ein einfacher Wessie, habe aber durch zahlreiche ein- bis siebentägige Aufenthalte in den siebziger und achtziger Jahren viele Einblicke in die Lebenswirklichkeit der DDR-Gesellschaft bekommen, darunter auch einige exotische.

Die Spiegelwebseite “eines tages” bringt heute solch ein exotisches Beispiel: das einzige japanische Restaurant in der DDR und dazu noch ein privates, das von 1966 bis 1986 existiert hat. Viele Westdeutsche wissen nicht einmal, dass private Kleinbetriebe dort in der Zeit möglich waren.



Restaurant Waffenschmied: Übungen mit Stäbchen

Donnerstag, 18. Oktober 2012

Dienstag, 16. Oktober 2012

War Donald Duck ein Nazi? – Walt Disney’s Der Fuehrer’s Face

Mein Faible für Listen aller Art ist in diesem Blog sicher schon aufgefallen. Dieser Tage habe ich mich aus irgendeinem Anlass auf der Liste der Oscars in der Kategorie „Bester animierter Kurzfilm“ umgesehen…

Dieser Oscar wird seit 1932 verliehen. In den dreißiger Jahren hat Walt Disney alle abgeräumt, in den vierziger Jahren gingen die meisten an Fred Quimby (Tom & Jerry). Danach wird es bunter, globaler und interessanter.
Aber nichts gegen Walt Disney; da gibt es manche Perle, und viele kenne ich auch schon. Ich stutzte nur beim Oscar von 1943: der ging auch an Disney und zwar für seinen Film Der Fuehrer’s Face. Führer? Nanu; aber das Jahr 1943 legt nahe, dass es sich um einen amerikanischen Propagandafilm gegen Hitler handelt. Und in der Tat das ist es. Es schmerzt allerdings etwas, Donald – und sei es im Traum - in der Rolle eines Nazis zu sehen.


Natürlich war es ein politischer Preis; der Film hat dramaturgische Schwächen. Die Szenen am Fließband sind zu lang, und sowieso fehlt es an Phantasie zur cartoonesken Darstellung des Faschismus.  Auf jeden Fall aber handelt es sich um eine ganz besondere, exotische Propagandaperle:

Felix Baumgartner - Nur ein Österreicher kann so tief fallen!


Samstag, 13. Oktober 2012

Gerhard Richter kann nichts dafür

Dieses Gemälde wurde heute für 26,4 Millionen Euro versteigert. Damit ist Gerhard Richter der teuerste lebende Künstler aller Zeiten. Er kann nichts dafür.
 



Entdeckungen (03): Britta Thie – Model & More


Ein paar kleine Fotos in der ZEIT und ein Hinweis, dass 70.000 ihr Video "Shooting" auf Vimeo angeklickt haben: Mit dem iPad in der Hand ist das schnell gecheckt, und ich bin beeindruckt: ein Model mit einem anderen Gesicht und mit einem Kopf, der reflektiert, und mit der Kreativität, das intensiv und minimalistisch auszudrücken.

Das hat es natürlich schon mehrfach gegeben. Schon Veruschka, das erste Supermodel der sechziger Jahre, ist ein Beispiel dafür, aber dazu gehört eine Leidensgeschichte (demnächst mehr dazu). Britta Thie scheint in der mädchenverschlingenden Modewelt von Anfang an dem Moloch ihren eigenen Willen entgegenzuhalten:
 


Und hier noch eine stille Variante, Screentest auf Vimeo.

Deutsche Nationalhymne mit dem Dudelsack


Freitag, 12. Oktober 2012

 
 
 
 
 

Regen: Joris Ivens und Hanns Eisler im Zusammenspiel


Heute scheint mir ein geeigneter Tag,  Joris Ivens’ Stummfilm “Regen” (1929) in mein Blog zu setzen, ein filmisches Gedicht zum Thema “Regen” im Geiste der Neuen Sachlichkeit. Und da Hanns Eisler 1940 hierzu mit “Vierzehn Arten, den Regen zu beschreiben” eine Musik geschrieben hat, ist hier auch die Rede von einem Beispiel deutsch-niederländischer kultureller Zusammenarbeit.

Die restaurierte Fassung von “Regen” mit dieser Musik liegt erst seit 2005 vor. Auf Wikipedia gibt es einen ausführlichen Artikel dazu. “Regen” wurde 2007 in den Kanon der sechzehn besten niederländischen Filme aufgenommen.

Zu Hanns Eisler ließen sich noch tausend Dinge sagen (vgl. die Länge des Wikipedia-Artikels über ihn), und er wird bestimmt nochmal in diesem Blog vorkommen. Als er diese Musik komponierte, befand er sich im Exil in den USA.
Aber jetzt gucken wir entweder aus dem Fenster oder wir schauen uns diesen schönen Film an:


Mittwoch, 10. Oktober 2012

Zitate (02): Der nachträgliche Kosmopolitismus der Niederländer

„Die zweite Hälfte des Gesprächs war dem von René Gude angeregten Versuch gewidmet, den Grundgedanken der ‚Theorie der Nachkriegszeiten‘ auf die niederländische Situation zu übertragen. Wie die Franzosen nach der libération plötzlich neben den Siegern aufmarschierten, als ob nie etwas gewesen wäre, in doppelter Heuchelei, links an der Seite Stalins, rechts an der Seite de Gaulles triumphierend, so haben auch die Niederländer nach 1945 sich etwas vorgemacht und ihre Nachkriegswirklichkeit auf einem nicht selbst erfochtenen Sieg aufgebaut. Die nachträgliche nukleare Großmannssucht der Franzosen ist das formale Äquivalent der nachträglichen kosmopolitischen Umarmungswilligkeit der Holländer. Die Rückkehr des Realen wird von beiden Ländern Zugeständnisse an die vergessenen Gläubigermächte fordern.“

Peter Sloterdijk, Zeilen und Tage (Berlin 2012), 176
René Gude ist Direktor der Internationale School voor Wijsbegeerte in Leusden. Es geht hier um die in seinem Buch „De morele staat van Nederland“ (2006) vertretenen Gedanken.

Zitate (01): Geschichtsbilder: Der Esel der Geschichte

Peter Sloterdijk zitiert in „Zeilen und Tage“ (2012) die folgenden Zeilen von Wilhelm Raabe und bezeichnet sie als „erstaunliches Zitat“:

„Verkehrt auf dem grauen Esel ‚Zeit‘ sitzend reitet die Menschheit ihrem Ziele zu… Welchem Ziel schleicht das graue Tier entgegen? Ist’s das wiedergewonnene Paradies, ist’s das Schaffott? Die Reiterin kennt es nicht; sie – will es nicht kennen!“

Wilhelm Raabe, Die Chronik der Sperlingsgasse (1856)

Warum ist Sloterdijk wohl so verblüfft? Offenbar wegen der Nähe von Raabes vor mehr als 150 Jahren geschriebener Betrachtung zu dem berühmten Benjamin-Text vom Engel der Geschichte, der in den Benjamin-Renaissancen der sechziger und neunziger Jahre immer wieder als verrätselte Ultima Ratio der modernen Geschichtsphilosophie zitiert wird:

„Es gibt ein Bild von Klee, das Angelus Novus heißt. Ein Engel ist darauf dargestellt, der aussieht, als wäre er im Begriff, sich von etwas zu entfernen, worauf er starrt. Seine Augen sind aufgerissen, sein Mund steht offen und seine Flügel sind ausgespannt. Der Engel der Geschichte muss so aussehen. Er hat das Antlitz der Vergangenheit zugewendet. Wo eine Kette von Begebenheiten vor uns erscheint, da sieht er eine einzige Katastrophe, die unablässig Trümmer auf Trümmer häuft und sie ihm vor die Füße schleudert. Er möchte wohl verweilen, die Toten wecken und das Zerschlagene zusammenfügen. Aber ein Sturm weht vom Paradiese her, der sich in seinen Flügeln verfangen hat und so stark ist, dass der Engel sie nicht mehr schließen kann. Dieser Sturm treibt ihn unaufhaltsam in die Zukunft, der er den Rücken kehrt, während der Trümmerhaufen vor ihm zum Himmel wächst. Das, was wir den Fortschritt nennen, ist dieser Sturm.”

Walter Benjamin, Zur Kritik der Gewalt, Frankfurt am Main 1965, 84f.

Dienstag, 9. Oktober 2012

Entdeckungen (02): Anne Wenzel, Deutscher Schäferhund

Otto Schaap in seinem Haus, Foto: Thijs Wolzak

In der Wochenendbeilage LUX der NRC das rührende Bild eines alten Mannes inmitten seiner seit vierzig Jahren gesammelten Kunstobjekte.  In der einen Hand hält er ein altmodisches Hörrohr, in der anderen ein iPad. Manche Kunstwerke sind an den Wänden aufgereiht, manche auf dem Boden im Raum. Die merkwürdige Skulptur eines zerfließenden Schäferhundes steht mitten in der offenen Schiebetür, die die beiden Räume des Amsterdamer Herrenhauses verbindet. Man kommt nicht drum rum, darum herumzugehen und es von allen Seiten zu betrachten: “Dit beeld staat voor tanende macht”, sagt sein 1933 geborener Besitzer.

Dieser Hund ist von Anne Wenzel, einer in Rotterdam lebenden deutschen Künstlerin, von der ich heute zum ersten Mal etwas sehe. Auf dem Internet finde ich einen ähnlichen Schäferhund und  viele Keramikskulpturen, die mich an die “schuldigen Landschaften” von Armando erinnern. Dennoch ist dies nicht so einfach eine deutsch-niederländische Geschichte. Anne Wenzel, 1972 geboren, ist eine neue Generation und hat Neues vor.
Blood & Honour (German Shepherd #1), 2009
 
 
Silent Landscape, 2006
 
Anne Wenzel ist sehr aktiv, macht viele Ausstellungen, scheint aber völlig uneitel zu sein. Nur mit Mühe sind ein paar Informationen über sie zu finden, Fotos von ihr selbst kaum. Ihre Skulpturen dagegen sind präsent und eindringlich, manche riesengroß. Auf der japanischen Website Ghost Room gibt es viele Abbildungen ihrer Werke.

Hans Ulrich Gumbrecht als Primaballerina

Stephan Schlak findet in seiner Besprechung von Hans Ulrich Gumbrechts “Nach 1945” ein passendes Bild: “Was Gumbrecht als Zukunft der Geisteswissenschaften anscheinend vorschwebt, ist die Überführung von Theorie in Ausdruckstanz” (FAZ-Literaturbeilage, 6. Oktober, Seite L 24). Das wird wohl noch häufiger zitiert werden.

Hinter die Kernthese des Buches vom Ende der Geschichte setzt er nur einige höfliche Fragezeichen. Danach der Schluß: “Hans Ulrich Gumbrecht beschirmt kein Engel der Geschichte”. So kann man’s auch machen (siehe zum Vergleich die Rezension in Café Deutschland).

Montag, 8. Oktober 2012

Deutscher Buchpreis 2012 für einen Vergangenheitsroman


Die Jury des Deutschen Buchpreises hat sich – wieder einmal – für das entschieden, was im allgemeinen Trend der Zeit liegt: Vergangenheitsliteratur, diesmal: Ursula Krechels Roman “Landgericht”.


Wie im letzten Jahr lag ich mit meinem Tipp für einen großen Gegenwartsroman daneben  – 2011 mit “Gegen die Welt” von Jan Brandt, 2012 mit “Indigo” von Christoph Setz . Ich kann damit leben.
So sind die Zeiten nun einmal.

Clemens Setz, Indigo (08): Der Mond

Wenn “Indigo” heute den deutschen Buchpreis gewinnt, werden Tausende den Roman kaufen, zu lesen anfangen und ihn nach dreißig, fünfzig, hundert Seiten zur Seite legen, ganz einfach weil er ihren Erwartungen an einen Roman nicht entspricht. Setz erzählt keine Geschichte, löst nicht das Rätsel der Indigo-Kinder, obwohl gerade die Verrätselung des Phänomens manchen Leser bei der Stange halten mag. Nein, er breitet “nur” ein trostloses, auswegloses Panorama vom Zustand des Menschen in der Gegenwart aus.

Ein Merkmal für die Qualität dieses Romans ist seine Sprache. Setz findet immer wieder Sätze, die hängen bleiben, große Prosa! Zum Beispiel der letzte Absatz von ”Indigo” vom armen Mond, der auf uns herunterschaut:

“Vor ein paar Tagen hatte Robert den Mond am Tag gesehen. Dieses bedauernswerte Versehen im Sonnensystem. Dieser verwirrte Ausdruck, den er hatte. Die Menschen auf der Brücke, die sich nicht um ihn kümmerten. Es war schrecklich, ihn so zu sehen. Mit schwerer Schlagseite, halb gekentert im Blau. Hellweiß und zart wie Gehörknöchelchen. Und kein Zuständiger, kein Notdienst, dem man es hätte melden können, wie man einen gestrandeten Wal meldet oder eine junge Katze, die in einer Baumkrone festsaß. Als wäre der Himmel eine Klebefalle, ausgelegt vor Tausenden Jahren, in der er sich heute Morgen verfangen hatte und von wo er nun befremdet und zugleich fasziniert herunterstarrte auf die ihm sonst unbekannten Tageslichtspielarten der Menschen und Tiere, unfähig, sein Gesicht mit dem halb offenstehenden Krater-Mund auch nur für eine Sekunde von uns abzuwenden.” (475)

Samstag, 6. Oktober 2012

Wer wir sind: Das dickste Buch auf der Frankfurter Messe

Wäre der Widerstand gegen Hitler so umfangreich gewesen wie Sabine Friedrichs Buch über dieses Thema, das Dritte Reich wäre in tausend Stücke zerbrochen: Auf zweitausend Seiten beschreibt die Autorin in “Wer wir sind” die Schicksale der Mitglieder der Roten Kapelle und des Kreisauer Kreises, wobei sie historische Korrektheit mit eindringlicher Erzählkraft verbindet.

Das jedenfalls lässt sich den ersten Rezensionen entnehmen. Ich habe das Buch nicht gelesen und kann das vorläufig auch nicht tun. Aber es imponiert mir, und ich möchte auf dieses ungewöhnliche Produkt sechsjähriger Arbeit aufmerksam machen.
Sabine Friedrich, Wer wir sind, München: dtv 2012, 2032 Seiten, EUR 29.90, ergänzt um (und nicht zu verwechseln mit): Wer wir sind. Werkstattbericht, 128 Seiten, EUR 5.90

Freitag, 5. Oktober 2012

Welcher James-Bond-Film spielt in der DDR?

Café Deutschland gratuliert heute James Bond zu seinem 50jährigen Filmjubiläum: Am 5. Oktober 1962 kam der erste Bond-Film „Dr. No“ in die Kinos. Ich habe alle 23 gesehen (stimmt nicht! Der Dreiundzwanzigste ist noch nicht zu sehen).

Für den bei uns notwendigen Deutschlandbezug stellen wir die Quizfrage: „Welcher James-Bond-Film spielt (zum Teil) in der DDR?"
Roger Moore vor dem Todesstreifen

Antwort: „Octopussy“ (1983). Die Handlung spielt unter anderem in Ost-Berlin und in Karl-Marx-Stadt. Der Film konnte dort natürlich nicht gedreht werden, aber die Szenen in West-Berlin sind vor Ort aufgenommen worden. Unser Foto ist allerdings eine Montage.

Donnerstag, 4. Oktober 2012

Literaturbeilagen im Oktober 2012

Im Vorfeld der Frankfurter Buchmesse erscheinen allerlei Literaturbeilagen in den Zeitungen. Zum Beispiel:

DIE ZEIT: Donnerstag, 4. Oktober

Frankfurter Allgemeine Zeitung: Samstag, 6. Oktober

Die Tageszeitung (taz): Montag, 8. Oktober

Süddeutsche Zeitung: Dienstag, 9. Oktober


Plakat der ersten Frankfurter Buchmesse
 

Mittwoch, 3. Oktober 2012

Nationalfeiertag: 3. Oktober versus 9. November

Jedes Jahr am 3. Oktober habe ich wieder das ungute Gefühl, am falschen Tag zum Nationalfeiergefühl gezwungen zu werden. Das will sich dann auch nicht so recht einstellen.

Hinzu kommt noch der falsche Ort: Diesmal sind die offiziellen Feiern in München, da irgendwelche Politiker auf die Schnapsidee gekommen sind, die zentrale Feier müsse dezentral in den Bundesländern roulieren. Der Tag der deutschen Einheit auf dem Oktoberfest: Dass ich nicht lache!
 
 
Der falsche Ort, die falsche Zeit. Der richtige Tag und der richtige Ort wären natürlich der 9. November und Berlin, wobei für den 9. November noch viel mehr spricht als allein der großartige und wundersame Tag, an dem die Mauer fiel: Es ist ein Tag, an dem die richtigen und die falschen,die glücklichen und die schrecklichen Momente der deutschen Geschichte zusammenkommen.

Okay, es sei so. Gottseidank lebe ich in den Niederlanden, wo der 3. Oktober ein Tag wie jeder andere ist. Ich muss jetzt wieder an meine Arbeit.

Dienstag, 2. Oktober 2012

Clemens Setz, Indigo (07): Die Lieblingsromane von Clemens Setz

Im Roman Indigo nennt der Protagonist Clemens Setz, quer durch das Buch verstreut, immer mal wieder einen Buchtitel als seinen „Lieblingsroman“. Insgesamt geschieht das fünf Mal:

Philip K. Dick, Ubik (93)
Kobo Abe, Die Känguruhhefte (169)
Halldór Laxness, Am Gletscher (355)
Nathanael West, Miss Lonelyhearts (369)

Und – als letzter -  von Setz als “mein absoluter Lieblingsroman” verkündigt (in dem interessanterweise auch eine merkwürdige „Zone“ vorkommt):
Thomas Pynchon, Gravity’s Rainbow (447)

Wir wissen nicht, inwieweit der Protagonist Clemens Setz mit dem Autor Clemens Setz identisch ist, aber ich denke, wir können davon ausgehen, dass diese Romane für den realen Clemens Setz viel bedeuten und dass sie als eine Art poetologische Wegweiser in diesen Roman eingefügt wurden. Bei aller Unterschiedlichkeit ähneln sie sich und ähnelt Indigo ihnen.

Es ginge zu weit, das hier im Einzelnen zu verifizieren – dazu müsste ich vier von den fünf auch erst lesen - aber wer sich die Mühe macht, wird die Verwandtschaft dieser fünf, mit Indigo sechs – allesamt etwas mühsam zu lesenden - Romane erkennen. Vorläufig muss Wikipedia helfen.
Ähnliche Listen ließen sich für die zitierten Musik- und Filmtitel anlegen. Hier nur ein Beispiel: das Album Great White Death  der Gruppe Whitehouse, „ein absolutes Meisterwerk“ (149).

Berlin-Gedicht von Marsman an der Niederländischen Botschaft

Die niederländische Botschaft in Berlin hat Ende Juli 2012 anlässlich des 775sten Geburtstages der Stadt das Gedicht “Berlijn” von Hendrik Marsman an einer blinden Mauer des Gebäudes anbringen lassen, zusammen mit der deutschen Übersetzung von Ard Posthuma.



Komisch: Ich habe bei dem Wort “kleed” in der ersten Zeile immer an “tafelkleed” (Tischdecke) gedacht. Warum hat Ard Posthuma sich für “Kleid” entschieden?
Allerdings: “Der Morgen ist eine besudelte Tischdecke” klingt auch irgendwie nicht gut. Aber “Teppich” vielleicht?