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Samstag, 9. Februar 2013

„Ohne meinen Alltours sage ich nichts“

Wer in dieser Jahreszeit deutsches Fernsehen guckt, kommt in den 20 Sekunden vor der Tagesschau oder der Heute-Sendung nicht um den Werbespot des Reiseveranstalters  „Alltours“ herum:


Der Clip läuft inzwischen seit fünf Jahren, was in der kurzlebigen Werbewelt für eine außerordentliche Wirksamkeit spricht. Ich sehe ihn sehr gerne, obwohl ich nicht zur eigentlichen Zielgruppe gehöre. Das sind, schätze ich einmal, junge Familien mit Kindern, die ein bisschen aufs Geld achten müssen. Und doch geht die Reichweite dieses Clips weit darüber hinaus.

Der inzwischen sprichwörtliche Satz „Ohne meinen Alltours sage ich nichts“ lebt von der Diskrepanz zwischen Kindlichkeit und Erwachsenheit, Unschuld und Erotik, Heimlichkeit und der Gefahr der Entdeckung: Ein zehnjähriges Schülerpaar während einer Unterrichtsstunde; Stillarbeit, im Hintergrund geht die Lehrerin auf und ab; der Junge sucht mit einem Zettel Kontakt zu dem Mädchen, eine Szene, die jedem Zuschauer, ob Mann ob Frau, ob Mädchen oder Junge, etwas sagt.

Der Junge benutzt das Wort Urlaub statt Ferien; die Frage: “Möchtest du mit mir in den Urlaub fahren” kommt eher aus der Erwachsenenwelt. Die kokett hochgezogene Schulter des Mädchens bei der Antwort vermittelt ein reizvolles Sich-Zieren und damit auch eine erotische Erwachsenheit. Das Ganze spielt sich während des Unterrichts unter den Augen der Lehrerin ab, die aber nichts mitkriegt; also ein Rahmen der Verbotenheit und der prickelnden Gefahr, entdeckt zu werden.


„Alltours“ wird von dem Mädchen als schützende Instanz angerufen, die aber Aussicht auf eine besonders gelungene Erfüllung gibt; das beglückte „Ja“ ist schon da, wird jedoch mit einem retardierenden Element (sozusagen mit dem Alltours-Vorbehalt) versehen, aus dem die wirkliche Erlösung kommen kann: Der Clip zielt eigentlich auf die Entscheidungsfindung in einer jungen Familie mit beschränkten finanziellen Möglichkeiten, auf die Diskussion zwischen Mann und Frau und die Möglichkeiten der Frau, über den Alltours-Katalog mitzubestimmen (wahrscheinlich lässt es sich statistisch nachweisen, dass Frauen die Kataloge beschaffen und die Reiseziele vorsortieren): ein äußerst gelungenes Beispiel von Werbepsychologie, das in allen Köpfen und Herzen ankommt und hängen bleibt. Genial!

Der Satz „Ohne meinen Alltours sage ich nichts“ hat übrigens untergründige Qualitäten, die weit über die originale und originelle Reiseveranstalterwerbung hinausgehen. Bei meiner Google-Suche zum Alltours-Werbespot stieß ich in einer Website mit Alltagsdialogen auf den folgenden Erlebnisbericht:

„Vor langer, langer Zeit bin ich mal im Zug von Altglashütten-Falkau zurück nach Freiburg gegurkt. Dabei erlebte ich folgende Konversation:

Eine Reihe vor mir sitzen sechs ältere Damen:

“Hajajei! Jetzt isch miin Deggl weg!”
“Welle Deggl?”
“Weisch de vo Tuppawär …”
“Ohne mein ‘Alltours’ sag’ ich nichts, hihihi …”
Schallendes Gelächter bei allen Beteiligten.
“Welli Farb’ hätt’ er denn?”
“Tuppawär isch amerikanisch!”
“Welli Farb’?”
“Ohne mein ‘Alltours’ sag’ ich nichts, hihihi …”
Gelächter.
“Ich kann amerikanisch!”
“Welli Farb’?”
“Blass!”
“Also eckig!?”
“Weisch blass!?
“Ohne mein ‘Alltours’ sag’ ich nichts, hihihi …”
Kein Gelächter der anderen Damen.
“Blass, sehr blass. Tuppawär!”
“Lueg halt uff em Bode!”
“Des goht jetzt nit.”
“Ohne mein ‘Alltours’ sag’ ich nichts.”
Kurze Stille.

“Ah do isch er!”

Den sechs alten Damen im Zug, die nach dem verschwundenen Deckel suchen, waren diese Zusammenhänge wohl nicht bewusst. Ihr großes Gelächter auf die Anwendung des Spruchs „ Ohne meinen Alltours sage ich nichts“ in dieser Situation deutet aber daraufhin, dass der erotische Zusammenhang im Unterbewusstsein von allen wirksam war. Jedes Töpfchen hat sein Deckelchen.

Kein Wunder, dass der Werbespot nunmehr im fünften Jahr läuft und auch allerlei Preise eingeheimst hat. Dennoch: Ist diese Werbung schon am Rande von Kinderpornographie?

8 Kommentare:

  1. Ja genau, Kinderpornographie. Und weil wir schon dabei sind: Ich esse gerne Mohrenköpfe und liebe Negerküsse.

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  2. Ich glaube du bist der einzige Mensch der mit dem Spot etwas erotisches verbindet. Vielleicht solltest du dich mal untersuchen lassen. Steckt in dir ein kleiner Pedo?

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    1. Sie müssen blind sein. Natürlich ist in dem Spot etwas Erotisches. Das ist ja sein Thema.
      Im Übrigen sollten Sie Ihre Umgangsformen mäßigen. So spricht man mich nicht an.

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  3. Ich ärgere mich schon lange über diese grenzwertige Alltours-Werbung mit Kindern.
    Sie haben recht, die Kinder werden zu kleinen Erwachsenen hochstilisiert.
    Dabei frage ich mich aber dennoch, warum Alltours die Kinder dann auch noch als dumm und affektiert darstellen muss. Wie kommen Kinder in der aktuellen Werbung sonst auf die Idee, beim "Onkel" einen Sonnenuntergang zu bestellen und sich dann auf ihren "Anwalt" berufen. Als Vater und Großvater bezweifel ich, dass Kinder so reagieren, wenn sie "normal" und mit dem nötigen Respekt vor ihnen in ihrer Familie aufwachsen. Ich persönlich würde mich denjenigen aktiv anschließen wollen, die gegen eine solch kindesmissachtende Werbung angehen würden. Ganz anonym würde ich nicht bleiben wollen, wenn man sich hier meiner Meinung anschlösse.

    Rainer S. aus S.

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  4. Wer kümmert sich denn überhaupt noch um grenzwertige Werbung, Werbung mit Kindern, die die Tragweite ihrer Aussagen kaum einleuchten wird. Dumme Werbung, Werbung mit sexuellen Anzüglichkeiten. Mir wird immer schlecht, wenn ich bei Alltours solche jungen Mädchen etwas sagen höre. Schlecht wird mir aber auch, wie dümmlich Werbung immer mehr geworden ist und verlogen - das war es ja schon immer...

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  5. Das ist ein echt langweiliger blöder Werbespot

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  6. Er ist so blöd, dass er gut ist. Und gut ist er, weil er im Gedächtnis hängen bleibt. Die sexuelle Anzüglichkeit habe ich ehrlich gesagt nicht erkannt. Ich sehe ihn als Parodie auf "ohne meinen Anwalt sage ich nichts." Dieser Ausdruck dürfte aber bei Kindern eher weniger bekannt sein.

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