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Donnerstag, 8. März 2012

Die Zauberflöte (4): Mehr Schein als Sein

Anders als im märchenhaften Falle Taminos und Paminas ist in den letzten zwölf Monaten in der deutschen Realität gleich zwei Mal ein hohes deutsches Paar an den Prüfungen der Eingeweihten gescheitert.

Ich meine damit den katastrophalen Absturz der zwei Lichtgestalten der deutschen Politik, des Barons zu Guttenberg, seinerzeit Verteidigungsminister, der sich in all seinem Handeln und Auftreten immer in innigster Verbundenheit mit seiner Gattin präsentierte, der geborenen Gräfin von Bismarck-Schönhausen. Vor unseren Augen hat sich ein dramatisches Geschehen entrollt, das wie eine gewagte Neuinszenierung der Zauberflöte erscheint. Hier kurz die Besetzung der Hauptrollen:

Sarastro                      - Angela Merkel
Tamino                       - Karl-Theodor Baron zu Guttenberg
Pamina                       - Stephanie Gräfin von Bismarck-Schönhausen



Zwei Prüfungen hatte Prinz Tamino (Guttenberg) unter der ihm gewogenen Aufsicht Sarastros (Merkel) bereits bestanden: die Prüfung des Feuers (den Bombenangriff der Bundeswehr in Kunduz) und des Wassers (den Todesfall auf dem Segelschulschiff Gorch Fock) und wir alle waren guten Mutes, dass er auch die dritte, entscheidende Prüfung durchstehen würde, die der Luft (= des Geistes). Aber auch in der Zauberflöte wird deutlich gesagt, dass es mit diesen Prüfungen ernst ist; Tamino könnte sie auch nicht bestehen und dann droht der Absturz in die tiefsten Abgründe. Genau das ist passiert, die dritte Prüfung, die unmittelbar den Geist Taminos selbst betraf, nämlich seine Doktorarbeit, hat Karl-Theodor aus schnöder Unwahrhaftigkeit nicht bestanden, und es ist noch gar nicht auszumalen, wie tief der Sturz zusammen mit Stephanie sein wird.
Damit geht uns etwas verloren, was nicht nur in der Geschichte der Bundesrepublik, sondern in der Geschichte Deutschlands überhaupt ohne Beispiel gewesen wäre: die zukünftige Kanzler-Dyarchie zweier Lichtgestalten, eines Mannes und einer Frau, die Doppelherrschaft von Karl-Theodor und Stephanie. Wie viel Symbolik hätte darin gelegen! Die Aufhebung dunkler Kapitel der deutschen Vergangenheit in der medial überhöhten Gegenwart und der so viel versprechenden Zukunft. Es kann doch kein Zufall sein, dass dieses Versprechen sich schon in den Namen der Protagonisten angedeutet hatte: Karl, der erste große Herrscher des Alten Reiches, der durch Gottes Gnaden Kaiser war (Theodor = Geschenk Gottes), die zu krönende Stephanie (griechisch stefanos = Krone), die in ihrem Nachnamen zu allem Überfluss auch noch den Nachklang auf den Architekten des zweiten Reiches trägt! Auch das Beste aus der deutschen Klassik kündigte sich in den Namen an: das Gute (Guttenberg) und das Schöne (Schönhausen), nur fehlte leider das Wahre. Oh schreckliche Enttäuschung der Vorsehung!

Und wenn wir uns nach einem Jahr wieder einigermaßen erholt zu haben glaubten, wird uns jetzt noch ein kurioser Treppenwitz der Geschichte zugemutet: die Geschichte wiederholt sich, zum einen auf höherem Niveau, denn das jetzige Paar nahm schon die höchste Position ein, zum anderen allerdings mit weniger edlen Figuranten, denn es handelt sich um ein schlicht-bürgerliches, ja sogar kleinbürgerliches Paar, das unehrenhaft vom Throne gefallen ist. Es war ein geborgter Schein, der die beiden umgab. Ansonsten sind die Ähnlichkeiten frappant. Die Besetzung der Hauptrollen diesmal:

Sarastro                      - Angela Merkel
Königin der Nacht      - die BILD-Zeitung
Tamino                       - Bundespräsident Christian Wulf
Pamina                       - Bettina Wulf

Papageno                   - Guido Westerwelle...


Ich überlasse es dem geneigten Leser, die Details weiter auszuschmücken. Das Ende steht ja fest: Wieder war es die Prüfung der Wahrhaftigkeit, die sich als zu schwer erwies.

Quo vadis, Germania?

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