Cookie

Montag, 27. Februar 2012

Wozu heute Germanisten gebraucht werden

Im Merkur 728 (Januar 2010) findet sich unter dem Titel „Storytelling“ ein interessanter Artikel von Michael Esders über den Stellenwert von „Geschichten“ in der gegenwärtigen Medienwelt. Esders Thema ist die Weiterentwicklung des Erzählens in den elektronischen Medien und auf welche Weise die TV-Welt (Daily Soaps, Telenovelas, Werbung) und die Unternehmenswelt davon Gebrauch macht.

Zur Weiterentwicklung konstatiert er folgende Merkmale, die sich nur scheinbar widersprechen: Endlosigkeit des Erzählens (Scherezade-Prinzip) und sehr kurzes, „asthmatisches“ Erzählen. Es geht um Einschaltquoten und Verkaufserfolge: die Aufmerksamkeit des (potentiellen) Kunden muss immer wieder neu erregt und neu gehalten werden. Aufhören ist tödlich.
Auch Unternehmen bieten ihre Produkte in Geschichten verpackt an und probieren gleichzeitig auch, ihre Arbeitnehmer in die Gesamtgeschichte des Betriebs einzuwickeln. In einem Corporate Blog können sie sich sozusagen selbst darin einpacken und als Teil des Ganzen empfinden. Und in Zeiten des Umbruchs und der Reorganisationen helfen sogenannte Springboard Stories, die die bevorstehenden Veränderungen für die Betroffenen als spannendes Abenteuer erscheinen lassen.

Der neue kategorische Imperativ ist: „Verhalte dich so, dass Kollegen und Kunden positive Geschichten über dein Unternehmen erzählen können!“ (aus: Karin Thier, Storytelling. Eine narrative Managementmethode, Heidelberg 2005).

Interessant ist dann noch, dass – was man aus dem Merkurheft gar nicht entnehmen kann - der kluge und kritische Germanist Michael Esders sich nach seiner Promotion in die Dienste des VW-Konzerns begeben hat: als Redakteur der Internet-Werkszeitschrift Autogramm. Die Zeitung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Marke Volkswagen. Der Untertitel hieß in Esters Anfangsphase dort übrigens mehr blogartig: „Ideen, die bewegen“.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen