Cookie

Montag, 6. Februar 2012

Slam Poetry (2008)


Am 1. Januar 2008 haben wir in Berlin unseren ersten Poetry Slam erlebt. In einem Poetry Slam erhält jeder der ca. 15 Teilnehmer die Gelegenheit, in einem Zeitraum von fünf bis sieben Minuten nur mit seiner Stimme und seiner körperlichen Präsenz auf der Bühne eine Performance aufzuführen, die das Publikum für ihn einnehmen könnte. Und das ohne weitere Hilfsmittel wie Musikinstrumente, Requisiten, Kostüme etc. Und ein Unterschied zu anderen Genres ist ganz wichtig: es darf nicht gesungen werden. Aber sonst kannst du mit deiner Stimme alles machen.

Ein Poetry Slam ist ein Wettbewerb um die Gunst des Publikums: dieses entscheidet per Akklamation, wer eine Runde weiterkommt und kürt schließlich auch den Sieger, der einen Preis erhält. Am Neujahrstag 2008 im Cato in Berlin-Kreuzberg war das eine angebrochene Schachtel Kopfschmerztabletten.

Das Cato befindet sich im U-Bahnhof Schlesisches Tor. Ich hatte noch nie davon gehört und erwartete eine kleine verrauchte Kneipe. Um so überraschter war ich, als sich hinter dem kleinen Eingangsraum ein großes hohes Café anschloss und daneben ein Saal, der Raum für 250 Leute bot. Und der wurde auch voll, fast alles fröhliche junge Leute um die 20, ein paar vereinzelte Dreißiger und Vierziger, und mittenmang wir, mit Abstand die Ältesten, was auch einige überraschte Blicke auf uns zog.

Ich habe mich lange nicht mehr so gut unterhalten gefühlt wie an diesem Abend. Als Moderator trat ein junger Philosophiestudent auf, Marc-Uwe Kling, der sich später beim Nach-Googeln als einer der Stars der deutschen Slam-Szene erwies. Ich hatte wohl eine Vorstellung von dem, was uns erwartete, da ich mich einige Wochen mit Slam Poetry beschäftigt und einen didaktischen Workshop dazu gegeben hatte. Thematisch und qualitativ ist so ein Slam so breit wie ein Blog. Überraschend war für mich, wie intensiv und authentisch die Beiträge rüberkamen und wie viel Spaß man an purer Textperformance haben kann. Gewonnen hat ein Frank Klötgen mit „Hinten im Korn“ (Googeln! Gibt’s im Internet!), aber beinahe noch mehr Eindruck hat auf mich ein vielleicht 11jähriges Mädchen gemacht, das genial darüber berichtete, was alles mit uns geschieht, wenn wir einmal faulend unter der Erde liegen. Sie kam damit bis in die Endrunde.

Zwischen einem Poetry Slam und einem Weblog gibt es Übereinkünfte und große Unterschiede: beides sind demokratische Podien für ästhetische Praktiken. Aber ein Weblog ist im Vergleich doch sehr still und mehr etwas für ein leises Lächeln ab und zu und nicht für lautes Lachen (ich habe lange nicht so gelacht wie an dem Neujahrstag im Cato). Mit Beifall belohnt wird im Slam jeder; und es scheint auch eine Blog-Etikette zu geben (na klar doch: probiert das Wort als Suchbegriff in Google!), in der es dazu gehört, dass man sich für die Beiträge der anderen bedankt. Nicht zuletzt deshalb empfinde ich ein Weblog auch als ein relativ angstfreies und zwangloses Medium. Und doch ist es so: wenn ich mich einlogge, habe ich das Gefühl, auf einer Bühne zu stehen, beobachtet zu werden und etwas bringen zu müssen.

1 Kommentar:

  1. Ich war heute ein wenig am "grasduinen" auf deinem Blog. Von Deutsch-Neuguinea, ueber Jazz zu Poetry Slam, danke. Das war mein Beifall.

    AntwortenLöschen