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Dienstag, 21. Februar 2012

Max Dauthendey im Dschungel von Deutsch-Neuguinea

Im Vorfeld meiner kommenden Besprechung von Christian Krachts Roman „Imperium“ bringe ich ein paar Beiträge zu Deutsch-Neuguinea, die ich in einem anderen Zusammenhang geschrieben habe:

Am 1. August 1914 begann für das Deutsche Reich der Erste Weltkrieg. Der Schriftsteller und Maler Max Dauthendey befand sich zu dem Zeitpunkt auf einer Weltreise, die ihn im Juli nach Niederländisch-Indien geführt hatte. Er beschloss dort spontan, auch noch die damalige Kolonie Deutsch-Neuguinea zu besuchen, die an Niederländisch-Indien angrenzte. Das war in den Jahren „in“ unter deutschen Künstlern, und Dauthendey versprach sich ein verstärktes Interesse des deutschen Publikums, wenn er nach seiner Rückkehr Vorträge über die Kolonie halten könnte.


Leider ist von seinem Bericht über diesen Aufenthalt nur ein Bruchstück erhalten geblieben: auf 11 Seiten schildert er seine Ankunft in Eitape. Den Hafen hatten die Deutschen zunächst Berlinhafen genannt, aber wegen der Unaussprechlichkeit dieses Wortes für die Einheimischen war man zum regionalen Ortsnamen zurückgekehrt. Die einheimischen Soldaten des deutschen Kaiserreiches, große schwarze Gestalten mit einem roten Lendentuch, machten Eindruck auf Dauthendey, und er versetzte sich in ihre Situation:

„ Weißer Geist, meine Augen suchen deine Gerechtigkeit. Meine Augen suchen das Recht, das dir Fremdem die Macht gibt, uns Männer wie Knaben zu strafen. Wer hat dich gerufen? Wer hat dich geschickt? Wie muß dein Land aussehen, wo die Unmännlichen belohnt, die Männlichen bestraft werden?“ (Letzte Reise, 19).

Neuguinea war 1914 schon 15 Jahre unter deutscher Herrschaft und es gab durchaus Fortschritte:

„Im Scherz rief ich einem Schwarzen, der mir begegnete, als er ‚Guten Tag‘ grüßte, zu: ‚Wie geht es?‘ Da sagte der wildschwarze Mensch auf Deutsch ‚Danke!‘ Ich war so verblüfft, daß ich es nie vergessen werde, wie erstaunt mich dieses deutsche Wort ‚Danke!‘ machte, das ich gar nicht erwarten konnte“ (Letzte Reise, 21).

Im Großen und Ganzen war der Eindruck für Dauthendey aber niederschmetternd:

„Als ich diese trostlosen Pflanzungsanlagen zum erstenmal hier an der Küste der Urwelt sah, sehnte ich mich heim nach Europa. Es war, als könnte mich irgendein Übel packen. Denn die Welt schien nur aus Urwaldgeduld und Urwaldverdammnis zu bestehen, und ich wurde von einer Sucht befallen, die Neu-Guinea-Reise aufzugeben, die mir nichts als Trostlosigkeit anzubieten schien. Aber das Schiff kehrte nicht um“ (Letzte Reise, 22).
Vom Ausbruch des Weltkriegs hörte er auf eben diesem Reichspostschiff Manila. Mit seiner Bewegungsfreiheit war es damit vorbei: deutsche Schiffe mussten sich vor der allgegenwärtigen englischen Marine hüten und auch die Auswahl niederländisch-indischer Häfen, die noch gefahrlos angelaufen werden konnten, war gering.

Max Dauthendey sollte die ganze Dauer des Krieges mit großen Existenzproblemen auf Sumatra und Java festsitzen. Kurz vor Ende des Krieges starb er an der Malaria. Vier Jahre lang hat er voller Heimweh  in Briefen nach Deutschland von seinem unfreiwilligen Aufenthalt berichtet. Sie sind später unter dem Titel Letzte Reise (1924) in einer schönen Ausgabe des Albert-Langen-Verlages, der auch seine Reise mitfinanziert hatte, herausgegeben worden. Das Umschlagbild – ein Aquarell von Max Dauthendey - zeigt die Bucht von Friedrich-Wilhelmshafen auf Neu-Guinea:



Der sehr ausführliche Wikipedia-Artikel enthält - bei aller Liebe zu Max Dauthendey – doch einige Fehler und Ungenauigkeiten. So ist es unsinnig, dass Holland als „Gegner des Deutschen Reiches“ bezeichnet wird und die Deutschen interniert haben soll. Die Holländer konnten aber nicht verhindern, dass die Engländer alle Deutschen, die ihnen in die Finger kamen, einkassierten.
Die gleichen Probleme wie Max hatten auch Emil Nolde und Max Pechstein, die aber – anders als Dauthendey - nach ihrem Besuch in Deutsch-Neuguinea unabhängig voneinander unter größten Mühen und Gefahren den Rückweg nach Deutschland geschafft haben.

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