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Mittwoch, 8. Februar 2012

Der “Geschichtspark Moabit” in Berlin

Als wir vor ein paar Jahren zum ersten Mal den „Geschichtspark Ehemaliges Zellengefängnis Moabit“ betraten, haben wir uns spontan über dieses Beispiel einer total bescheuerten Gedenkkultur aufgeregt, wie sie sich in Deutschland nach der Vereinigung an vielen Orten entwickelt hat.

Berlin muss offenbar den Verlust der Mauer mit einem nicht nachlassenden Strom immer neuer Geschichtsdenkmäler, Mahnmale, Themen- und Geschichtsparks kompensieren, manche davon sinnvoll, akzeptabel und eindrucksvoll, manche zum Schreien und Weglaufen.

Direkt hinter dem Hauptbahnhof von Berlin liegt dieser „Geschichtspark“, dessen Konzept dann auch noch den Landschaftsarchitekturpreis 2007 eingeheimst hat:

Das Juryurteil:
Im deutschen Sprachgebrauch steht der Name „Moabit“ geradezu synonym für „Gefängnis“. Seit Mitte des 19. Jahrhundert wurden in diesem Berliner Ortsteil eine Reihe von preußischen Haftanstalten errichtet, nach dem damals vorbildlichen sogenannten „Pentonville’schen System“ (Panoptikum). Das Zellengefängnis in der Lehrter Straße gehört zudem zu den wichtigen Stätten deutscher Geschichte: Hier harrten einige der Attentäter des 20. Juli 1944 auf ihre Hinrichtung; hier entstand der berühmte Zyklus „Moabiter Sonette“, in dem der Widerstandskämpfer Albrecht Haushofer Freiheit und Menschenrecht zu eindrucksvollen Versen verdichtete.
An der Stelle des Gefängnisses, das in den fünfziger Jahren abgerissen wurde, entstand zwischen 2003 und 2006 der „Geschichtspark Moabit“. Das Projekt zeichnet sich durch die Kombination von alltagstauglichem Bürgerpark und Gedenkstätte in Form eines architektonischen Gartens aus. Von der Jury besonders hervorgehoben wurde beim Umgang mit der historischen Bedeutung des Ortes die Planung in langjähriger Zusammenarbeit mit den Anwohnern (Geschichtswerkstatt) sowie die qualitativ hochwertige Konzeption und die entsprechende bauliche Durchführung. Dass hierbei auf das weitgehend bekannte Repertoire von Land- bzw. Minimal Art zurückgegriffen wurde, um den klaustrophobischen Raum der früheren Gefängnisanstalt beispielhaft nachvollziehbar und erlebbar zu machen (Panoptikum, „Spazierhöfe“), hat dem Juryurteil keinen Abbruch getan. Die besondere und einmalige Aufgabe wurde von den Planverfassern mustergültig gelöst.


Bei diesem Konzept geht es um drei verschiedene Funktionen des öffentlichen Raumes: der Garten oder Park zur Erholung, das Mahnmal oder Denkmal zur Erinnerung, die historische Information über die vergangene Nutzung eines Ortes oder Gebäudes. Abgesehen davon, dass das vielleicht des Guten zu viel ist, verliert bei diesem Beispiel der Park seinen Charakter als Park, das Mahnmal seinen Charakter als Mahnmal und die Information ihren Charakter als Information. Zurück bleibt eine gestriegelte Einöde!

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