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Montag, 13. August 2012

Alternativen zum Literaturkanon der ZEIT (5), 1970-1979


Die ZEIT nennt

Ingeborg Bachmann, Malina
Peter Handke, Wunschloses Unglück

Café Deutschland empfiehlt
Christa Wolf, Kein Ort. Nirgends (1979)
Rolf-Dieter Brinkmann, Rom, Blicke (1979)

Zwei grundverschiedene Bücher, die als gemeinsames Element nur die Verzweiflung haben, aus der heraus sie geschrieben wurden. Die Ursachen dafür sind allerdings auch wieder grundverschieden: Christa Wolf schrieb ihre nur auf den ersten Blick historisch-beschaulich wirkende Erzählung 1977, im Jahr nach der Ausbürgerung von Wolf Biermann und der Verschärfung des kulturpolitischen Kurses der DDR. Ein kritisches Buch zur DDR-Gegenwart war nur in historischer oder mythologischer Verkleidung möglich. In „Kein Ort. Nirgends“ erfindet Wolf eine Begegnung zwischen Heinrich von Kleist und Karoline von Günderode und lässt in deren Gesprächen die ganze Problematik und Verzweiflung des Lebens in einer unfreien Gesellschaft aufscheinen. Soweit ich es beurteilen kann, hat dieses Buch trotz seiner Aussichtslosigkeit, mehr noch als die spätere Erzählung „Kassandra“, für die in der DDR bleiben wollenden Intellektuellen eine große Rolle gespielt. Aber es ist auch im Westen viel gelesen worden.

Als der Rowohlt Verlag Rolf Dieter Brinkmanns „Rom, Blicke“ 1979 in seiner Reihe „das neue buch“ herausbrachte, war Brinkmann als radikaler Vertreter der „neuen Subjektivität“ durch seinen frühen Tod in London 1975 bereits so „interessant“ geworden, dass der Verlag das Risiko einer aufwendigen Ausgabe in doppeltem Format und mit hunderten von Fotos eingegangen ist. „Rom, Blicke“ ist eine Sammlung von Briefen mit tagebuchartigen Aufzeichnungen und vielen Bilddokumenten von Brinkmanns Aufenthalt in Rom, wo er 1972/73 ein Stipendium der deutschen Kulturinstitution Villa Massimo erhalten hatte. Für Brinkmann stellt sich dieser Aufenthalt als ein Anti-Arkadien dar; er hasst die antiken Trümmer, er hasst die römische Gegenwart, für ihn ist das alles die „reinste Lumpenschau“, er ist ein misanthropischer und psychopathischer Flaneur, der gleichwohl aufmerksam beobachtet und seine Beobachtungen in atemloser, an Arno Schmidt geschulter, Sprache wiedergibt. Das wird nicht jedem gefallen. Interessierte finden hier mehr dazu.

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