Von Hans Ulrich
Gumbrecht, der sich gestern zum Fall Günter Grass geäußert hat, ist im letzten
Jahr das Suhrkamp-Bändchen Unsere breite
Gegenwart (Frankfurt a.M. 2011) erschienen. Es enthält sechs Anläufe zur
Charakterisierung des gegenwärtigen Zeitalters, das noch keinen Namen hat, und
einen Versuch, diese Anläufe zum Absprung in eine noch zu schreibende Theorie
der Gegenwart zusammenzufassen. Bildlich gesprochen schwebt Gumbrecht also
mitten in diesem Sprung und kündigt dabei seine Ankunft bei irgendetwas an. Wie
weit der Sprung reichen wird und wo genau er landet, ist noch nicht sichtbar.
Ich greife
einfach mitten hinein und präsentiere ein Detail aus dem sechsten Anlauf, das mich
zunächst verständlicherweise ein wenig irritiert hat:„Selbst auf der Website meines besten Freundes kann ich nur allein sein, und was ich dort vielleicht als Hauch von Nähe empfinde, geht nie über die Nähe eines Touristen oder eines Voyeurs hinaus. Gibt es etwas Armseligeres als die unzähligen Blogs, die mit einem unfassbaren Narzissmus geschrieben werden – und auf ewig ungelesen bleiben, und zwar aus guten Gründen?“
Aus: ‚Unbegrenzte
Verfügbarkeit. Über Hyperkommunikation (und Alter)‘; Gumbrecht, Seite 128
Bevor ich in
einem der folgenden Beiträge auf den Kontext dieser Bemerkung eingehe, möchte
ich das erst mal ein bisschen einwirken lassen. Bin ich ein armseliger Narziss,
ungelesen und auch nicht lesenswert?
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