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Samstag, 14. April 2012

Der Plytenberg: Eine persönliche Ergänzung zu Aafke Steenhuis‘ Buch Het lied van de Eems

Eines der ersten Themen im Fach Heimatkunde auf meiner Grundschule in Leer, die den Namen Plytenbergschule trug, war der besagte Plytenberg. Dieser kleine künstliche Hügel liegt seit Jahrhunderten in der Nähe des Emsufers. Seinen Zweck zu ergründen, hat immer wieder Archäologen beschäftigt, aber keine der Hypothesen wurde bei den Grabungen bestätigt.


Generationen von Leeraner Schulkindern sind mit Spekulationen, Sagen und Märchen zur Funktion und Entstehung des Plytenbergs aufgewachsen. Eine meiner ersten Schulexkursionen führte dorthin. Ich fand sie abenteuerlich weit (immerhin ein wenig über den Stadtrand hinaus) und den Berg erschreckend hoch (etwa 12  Meter) und fehl am Platze. Frisia non habet montes, dachte ich mir damals schon, und meine wissenschaftliche Neugier war geweckt. Die Geschichte, die man uns zu seiner Entstehung erzählte, fand ich interessant und einleuchtend. Sie ist von der Leeraner Schriftstellerin Wilhelmine Siefkes (1890-1984) aufgeschrieben worden, die auch in Het lied van de Eems vorkommt (136ff.), allerdings nicht mit dieser Geschichte:

Wie der Plytenberg entstand

Bei Leer liegt nahe der Ems der zwölf Meter hohe Plytenberg. Manche glauben, er sei früher eine heidnische Opferstätte gewesen, andere wollen in ihm ein altes Grabmal sehen. Im Volk jedoch erzählte man sich, er stamme aus der Zeit, als es noch Riesen gab.

Zwei Riesenfräulein vergnügten sich einst auf den Inseln Baltrum und Juist. Sie freuten sich an dem glitzernden Dünensand und packten davon, soviel sie halten konnten, in ihre Schürzen. Dann liefen sie über das Watt bis nach Emden und gingen an der Ems entlang, jede an einem Ufer, so dass der Fluss zwischen ihnen war. Der schwere Sand aber zerriss ihre Schürzen und sickerte durch die Löcher, und da streute jede einen ganzen Streifen an der Ems entlang. So entstanden die Deiche. Als die beiden dann Leer liegen sahen und die Ems nach rechts abbog, um die Leda aufzunehmen, sprang die eine Riesin mit einem Satz zu der anderen hinüber. Knacks – riss ihr Schürzenband, und all der Sand fiel auf einen Haufen. Und das war dann der Plytenberg.

Quelle: Wilhelmine Siefkes: Ostfriesische Sagen, Leer 1987

Und dann gab es noch ein weiteres Märchen, in dem der Plytenberg und die Ems eine Rolle spielen. Es wird in der Stadtmythologie von Leer bis heute liebevoll weitergetragen und ist natürlich auch auf der Website der Schule zu finden: das Märchen von den Erdmannetjes. Das ging mir damals irgendwie zu weit und hat mich nie besonders gefesselt. Als ich es jetzt nach Jahrzehnten wieder las, fand ich es aber ganz hübsch.

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