Das nenne ich ein frisch-fröhlich-freies
Amerikabuch!
Auf Hannes Stein war ich durch seinen Roman „Der
Komet“ (2013) aufmerksam geworden. Irgendwo habe ich dann gelesen, dass er vor
einigen Jahren eine Greencard gewonnen hat und in die USA ausgewandert ist. Davon
hat er in allerlei Artikeln in deutschen Zeitungen ausführlich berichtet, aus
denen dann ein Buch geworden ist: „Tschüß Deutschland! Aufzeichnungen eines
Ausgewanderten“, Berlin 2010.
Es ist ein flott lesbares, amüsant
geschriebenes Buch mit viel Raum für die bürokratischen Hindernisse und die
historischen Hintergründe der amerikanischen Politik. Dabei legt Stein Wert auf
eine historisch gerechte Einschätzung der Republikaner, denen er sich verbunden
fühlt. Es gehöre zu den großen Missverständnissen in Europa, die Republikaner
mit Rassismus und die Demokraten mit Liberalismus gleichzusetzen.
An den thematischen Sprüngen zeigt sich der journalistische
Ursprung des Buches; es verfügt nicht über die kompositorische Stringenz von
Wolfgang Büschers „Hartland“.
Nebenbei rückt der Autor noch das Bild des
demokratischen Präsidenten Woodrow Wilson zurecht: „Dieser Mann, der Amerika
von 1913 bis 1921 regierte, gilt manchen Historikern immer noch als Liberaler.
Er war aber der schlimmste Rassist, der je im Weißen Haus gesessen hat.“
Mit ihm hat er noch eine eigene Rechnung zu
begleichen. Dazu muss man wissen, dass Stein von Geburt her ein Österreicher
ist: „Ich verachte diesen Präsidenten aus einem ganz anderen Grund: „Dieser
ahnungslose Trottel war - besessen von seiner fixen Idee, dem ‚Selbstbestimmungsrecht
der Nationen’ - führend an der Zerstörung des zivilisiertesten Staatswesens auf
dem europäischen Kontinent beteiligt. Die Rede ist selbstverständlich vom
Habsburgerreich“ (S. 146).
Aha! Da haben wir ganz nebenbei den Urgrund
für Hannes Steins wunderbaren Roman „Der Komet“ gefunden, in dem es den Ersten
Weltkrieg und damit die Verträge von Versailles niemals gegeben hat. Der
„Trottel“ Wilson ist eine Diskussion wert. Ich komme darauf zurück.
Nun ist der Autor, dem schon lange vor seiner
Geburt der ideale Vielvölkerstaat entrissen worden ist, ein enthusiastischer
Amerikaner geworden. Alle Vorurteile über Amerika sind wahr, sagt er, aber wahr
sei immer auch das Gegenteil.
„New York birgt viele Welten in sich. [...]
Für mich aber ist New York vor allem das alte, das untergegangene und gerettete
Europa.“ (S. 213).
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