Das Schäferspiel Acis und Galatea (1718/1743), habe ich in den
siebziger Jahren in einer szenischen Aufführung an der Berliner Musikhochschule
kennengelernt. Meine Schwester hat damals dort Gesang studiert und als Sopran
daran mitgewirkt. Das ist ein eigenes und eigenartiges Kapitel in meiner Musikerfahrung: Ich hatte aus völlig irrationalen Gründen immer Angst bei ihren
Konzertauftritten, es könne etwas schiefgehen. Aber in diesem Fall waren
eventuelle Beklemmungen schnell verflogen, denn es ist eine schnelle, fröhliche und mitreißende Musik, die jeden Zuhörer verzaubert. Ich habe sie seitdem immer wieder gehört:
Erst spät in den neunziger Jahren habe ich
entdeckt, dass es noch einen Vorläufer dieser Musik in Händels Werk gibt: er
hat bereits in seiner italienischen Zeit eine Aci, Galatea e Polifemo (1708) komponiert. Irgendwann hörte ich im
Radio eine Bass-Arie, die mich förmlich elektrisierte: Noch nie hatte ich einen
derart tiefen, schwarzen Bass gehört und noch nie diese ungeheuer schwer zu
singende, fast drei Oktaven umfassende Arie Fra l'ombre e gl'orrori. Übers Internet hatte ich dann schnell raus, was es
war und fand dort die Aufführung mit dem großartigen französischen Sänger
Laurent Naouri.
Der einäugige Riese Polyphemos ist auch in Galatea
verliebt. Er weiß von der Hoffnungslosigkeit seiner Liebe und ist trotz seiner plump-aggressiven Art zu rührenden Gefühlen fähig:
Polyphemos |
Fra l’ombre e
gl’orrori/farfalla confusa/già spenta la face/non sa mai goder.
Umgeben von Schatten und Schrecken/wird der
verstörte Nachtfalter/nachdem die Fackel erloschen ist/nie wieder Freude
fühlen.
Così fra timori/quest’alma delusa/non trova mai pace/né spera piacer.
So wird auch diese verzweifelte Seele/in Ängsten
gefangen/und nie wieder Frieden finden/noch auf Freude hoffen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen