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Samstag, 9. März 2013

Ypke Gietema ist tot

Eine der konstantesten Erscheinungen im Groninger Altstadtbild war der ehemalige sozialdemokratische Stadtrat Ypke Gietema (PvdA). Viele nennen ihn noch heute den „Wethouder“ (Gesetzeshüter), was die offizielle niederländische Bezeichnung für „Stadtrat“ ist. 

Ypke ist Friese und das steht für Eigensinnigkeit. Sein Name spricht sich „Iepke“ und ist natürlich auch friesisch. Eigentlich können sich Groninger und Friesen nicht ausstehen, es sind ja zwei benachbarte Provinzen, und dann ist das so. Und Ypke war ein Friese aus dem Bilderbuch.



Ypke hat als Stadtrat für Raumordnung von 1978-1992 zum Gelingen mehrerer spektakulärer und schöner Bauprojekte in Groningen beigetragen. Dazu gehört auch das Stadtmuseum, das gegen heftigen konservativen Widerstand als schrill-schräger postmoderner Bau ins Wasser am Rande der Altstadt gesetzt wurde und internationale Berühmtheit erlangt hat. Ich kam in der Zeit, als ich täglich nach Leeuwarden (Friesland) fahren musste, monatelang an der Baustelle gegenüber dem Bahnhof vorbei und habe mich auf den Augenblick gefreut, wo es fertig wurde (1994).

1992 übernahm Ypke die politische Verantwortung für irgendeinen Finanzierungsskandal und trat zurück. Seitdem war er Rentner und ging durch seine Stadt (kein Auto, kein Fahrrad: er läuft, wie ich). Er und seine schöne Frau (und sein Hund) gehörten deshalb zum täglichen Stadtbild, nach ihrer Krankheit sah man ihn häufiger alleine. Er bewegte sich von Kneipe zu Kneipe (aber in strenger Auswahl nur die guten, also vier bis fünf, darunter der Sleutel und das Wolthoorn) und machte ein Schwätzchen.

Nach dem Ende des legendären Sleutel  sah man ihn regelmäßig zusammen mit Koos (dem ehemaligen Wirt) auf der kleinen Terrasse vor einem neuen Café, das zu Anfang des Rauchverbots unter dem sinnigen Namen „De Sigaar“ eröffnet worden war. Koos, der alte Groninger, hat mal ein Antifriesenlied gemacht: „Friesen sind schlecht“, ein ironisches Spiel mit einem seiner besten Kunden.

Man konnte also beinahe nicht durch die Altstadt laufen, ohne Ypke zu begegnen. Wenn wir ihn trafen, gab es immer dasselbe Spielchen: Er grüßte freundlich und wandte sich – mit einem Augenzwinkern in meine Richtung – an G., machte ihr ein Kompliment, wie schön und außergewöhnlich sie doch sei und wie schade, dass sie schon vergeben ist. G. antwortete mit Komplimenten zu seiner politischen Vergangenheit. Über mehr haben wir eigentlich nie gesprochen. Aber wir sind uns all die Jahre sehr nahe gewesen.

Ypke ist heute gestorben.
 

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