Und doch: Eines
Tages beginnt es kurz zu tauen, und er erinnert sich an sein tiefstes Erlebnis
vom Anfang seiner Reise:
„Er dachte, in
meiner Reiseerzählung hab ich den Zustand, in den dieser Anblick mich am ersten
Reisetag versetzt hat, zu beschreiben versucht, aber er war für mich jenseits
des sprachlich Erfassbaren gewesen. Es handelte sich um etwas
Unaussprechliches; er hatte – wie viele Wochen war das schon wieder her – sogar
davor kapituliert, das, was sichtbar
gewesen war, zu beschreiben, ohne die Empfindungen, die es auslöste. Etwas
hatte sich in ihm gezeigt, das doch Materie war, Gestein, Form und gleichzeitig
etwas wie strahlende, rätselhafte Energie. Seit unvorstellbaren Zeiten war es
da gewesen, seit Ewigkeiten, so kann man Zeitläufte nennen, die dem Menschen
unfassbar sind. Es zu schauen, war wohl das höchste an Glücksgefühlen gewesen,
was er je erlebt hatte, so als hätte er für einen Moment in das seit Anbeginn
verlorene Paradies blicken dürfen. Er wünschte sich heftig, diese Erinnerung
kehre irgendwann wieder, er war sicher, dies würde ihm helfen zu dem neuen Leben zu gelangen, das er sich so
sehr wünschte“ (149).
Die mystische
Überhöhung, die hier einsetzt, unterstützt Kappacher noch mit den Schriften von
Meister Eckhart und Paracelsus, die er Wessely lesen lässt. „Mit zwei
Stichwörtern aus dem Index der Eckhart-Ausgabe wollte er sich einmal
beschäftigen, mit dem Begriff des Lassens
und jenem des Nichts. Beides, so
fühlte er, hatte mit seinem künftigen Leben zu tun“ (146).
Kurz darauf
trifft das Telegramm der verschwundenen Monica ein, in dem sie ihre Wiederkehr
für den kommenden Mai und ihren Plan, in Europa zu bleiben, ankündigt. Dea ex
machina? Der Traum der folgenden Nacht spricht dagegen:
„Auf einmal
befand er sich mit ihr im Horseshoe
Canyon. Monica streckte einen Arm aus und zeigte auf zwei sehr
dunkelfarbige Figuren, sie bestanden nur aus einem kopfähnlichen Umriss, aus
kantigen Schultern, und aus diesen Schultern wuchsen schlierenartige Bänder,
die am Ende in feinen Windungen ausliefen. Monica bewegte sich auf die Figuren
zu. Er rief ihr nach, aber sie war schon verschwunden, und er überlegte, wie er
sich ihr anschließen könnte, doch die schmale Öffnung hatte sich schon wieder
geschlossen“ (153).
Wessely beginnt,
seinen Zustand und seine Einsamkeit zu akzeptieren. Er stellt sich die Bücher
zurecht, die er lesen möchte, unter anderen eine schöne Goethe-Ausgabe. Seine
Gedanken drehen sich um Gott und das Nichts. So bleibt wenig Hoffnung auf eine
vita nuova. Stattdessen Neuschnee. „Die unberührten Schneewächten an den
Wegrändern – derzeit konnte er sich nichts Schöneres vorstellen.“ (158). Das
Begrüßungsfeuerwerk für das Neue Jahr: er will es nicht hören. Wir müssen uns
Wessely als einen zufriedenen Menschen vorstellen.
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