Bei all meiner Aufmerksamkeit dafür, welche Werke deutschsprachiger Topautoren in den letzten Jahren Science-Fiction-Elemente aufweisen, ist mir beinahe entgangen, dass Dietmar Dath neben „Die Abschaffung der Arten“ (2008) mit "Pulsarnacht" (2012) auch einen „richtigen“ Science-Fiction-Roman geschrieben hat. Eine Space Opera, die das Zeug hat, neben all der angloamerikanischen Konkurrenz zu bestehen. Er ist im Science-Fiction-Verlag Heyne erschienen, allerdings nicht in der einschlägigen, mehr als fünfzigjährigen Taschenbuchreihe, sondern, gleichsam geadelt, im Hauptprogramm.
Dietmar Dath ist ein intellektueller und künstlerischer Springinsfeld mit vielfältigen philosophisch-ideologischen Verwicklungen. Ich mag das wohl, bin in diesem Fall allerdings überfordert. Aber das macht nichts.
Sein Roman kann - wie die Reaktionen in den entsprechenden Internetforen zeigen - vielleicht besser von „normalen“ Science-Fiction-Fans konsumiert werden, als von Dathologen, welche nach Hintergründen suchen, die sonst möglicherweise niemandem auffallen würden. Wer beim Lesen der 400 Seiten nichts davon gemerkt hat, kann sich im Nachwort darüber aufklären lassen, „wie dieses Spiel geht und warum es gespielt wird“.
Dath informiert den Leser dort darüber, dass er mit den beiden Hauptfiguren von „Pulsarnacht“ die gegensätzlichen Grundmodelle der amerikanischen Autoren Robert A. Heinlein (in „Time enough for love, 1973) und Joanna Russ (in „We who are about to, 1977) in einer großgalaktischen Auseinandersetzung „zum Dialog zwingen“ wollte. Außerdem bezieht sich der studierte Physiker Dath ausdrücklich auf den niederländischen Nobelpreisträger Gerard ’t Hooft und dessen Überlegungen zum Raum-Zeit-Gefüge.
(Gerard ’t Hooft hat übrigens auch ein Buch über das Verhältnis von Physik und
Science-Fiction geschrieben: “Planetenbiljart. Sciencefiction en echte natuurkunde”, Bert Bakker, Amsterdam 2006; englisch: “Playing With Planets”, 2008;
und auch Dath hat in seinem 2012 erschienenen Gedankenstrudelwerk
“Der Implex” ein Kapitel den Möglichkeiten der Science-Fiction gewidmet.)
Eine Rezension, die diese Hintergründe einbezieht,
sprengt meine Möglichkeiten und offenbar auch die der bisherigen Rezensenten.
Was in jedem Fall bleibt, ist ein Roman, der sprachlich und fantasiemäßig in
der Erfindung von Zukunftswelten der Menschheit und vielfältiger Aliens
ungeheuer stark, überraschend, gedankenreich und auch humorvoll ist. Dass das ankommt, zeigt die zweite Auflage nach wenigen Monaten.
Die Rezension im “Freitag” hat mir am besten
gefallen. Die in der "Zeit" ist auch nicht schlecht. Dort erfahrt ihr mehr als
hier. Die Germanisten dagegen sind der Aufgabe entweder nicht gewachsen oder
finden sie ihrer nicht würdig, selbst wenn sie Dathologen sind wie Stephan Höppner. Dath selbst ist davon nicht überrascht, wie ein Interview mit ihm zeigt.
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