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Mittwoch, 3. Dezember 2025

Die Dreigroschenoper von Opera Zuid (gesehen in Groningen)

Gestern gab es in der Stadsschouwburg in Groningen die „Dreigroschenoper“ (1928) von Bertolt Brecht und Kurt Weill. Präsentiert von der verdienstvollen niederländischen Opera Zuid in Zusammenarbeit mit weiteren Bühnen. Ich dachte, da muss ich doch wohl hin.

Die Dreigroschenoper, Opera Zuid

Am Tag vorher habe ich mir die CD mit der Aufnahme von 1958 (mit Lotte Lenya, die schon bei Premiere die Jenny gesungen hatte) zum ersten Mal seit Jahrzehnten wieder angehört und war ganz perplex von der Frische und Gegenwärtigkeit dieser Musik. Außerdem konnte ich alle Texte mitsingen und tat das auch. Das ging gar nicht anders!

Und dann kam ich in die Groninger Schauburg. Ich hatte nur noch eine Karte für den dritten Balkon bekommen. Dort saßen zu meiner Überraschung keine Studenten, sondern freundliche Groninger Bürger mittleren und fortgeschrittenen Alters. Wir schauten aus schwindelnder Höhe auf die Bühne hinab, wo sich ein doch etwas zu gemütliches Spektakel entfaltete:

Zunächst begann in der Ouvertüre der Moritatensänger auf Deutsch: „Wir werden jetzt eine Oper für Bettler spielen…“, um dann von einem Mitspieler grob unterbrochen zu werden: man habe sich entschlossen, die gesprochenen Texte auf Niederländisch zu machen. Grapje, hahaha, aber für viele im Publikum eine große Hilfe, was im weiteren Verlauf durch allerlei spontanes Gelächter deutlich wurde.

Die Verantwortlichen für diese Aufführung haben sich viele Gedanken gemacht, wie dieses Werk in dieser Zeit in diesem Land auf die Bühne gebracht werden kann. Der Erfolg, den das Stück auf der Tournee und in den Rezensionen hat, spricht für sie. Es hatte ja auch finanzielle Probleme gegeben. Und das Ehepaar Rieu hat gespendet! Geht doch!

Aber ich wäre besser nicht hingegangen.

Statt einer langen Rezension hier nur ein paar Stichworte wie ich meinen Montag mit der CD und meinen Dienstag in der Schauburg erfahren habe:

Montag CD zuhaus:

flott frisch schrill gegenwärtig frech lasziv kritisch mitsingend mitschwingend bis in den folgenden Tag

Dienstag Schauburg: 

langsam schläfrig jovial vergangen amüsant liebenswert unkritisch schweigend nach Haus still ins Bett

(okay: im Opernhaus singt man nicht mit, aber man will überwältigt sein)

     

Freitag, 14. November 2025

Was soll das werden?

Ich warte zur Zeit auf drei Romane, die ich in den letzten Tagen bestellt habe und die aus verschiedenen Gründen nicht direkt lieferbar waren.

Es handelt sich dabei um einen ursprünglich italienischen und zwei britische Romane in deutscher Übersetzung. Heute fiel mir auf, dass die deutschen Titel dieser gerade erschienenen Romane in einem merkwürdigen Zusammenhang zu stehen scheinen:

„Was vor uns liegt“

„Was wir wissen können“

„Was nicht gesagt werden kann“

Dabei könnten diese Romane nicht unterschiedlicher und gegensätzlicher sein. Das denke ich jedenfalls. Sie haben absolut nichts miteinander zu tun. Und doch werde ich sie in wenigen Tagen nebeneinander vor mir liegen haben und in den kommenden Lesewochen nach- oder auch nebeneinander lesend erfahren und damit das tun, was dem Lesen Spaß und Sinn gibt, ein literarisches Dreigestirn kurz vor Weihnachten.

Alle drei Übersetzer beginnen beim Titel mit dem Fragepronomen „Was?“, verzichten aber auf die Frageform und das zugunsten einer geradezu herausfordernden Bestimmtheit:

Was vor uns liegt…! Was wir wissen können…! Was nicht gesagt werden kann…!

Jetzt bin ich aber neugierig! Das will ich lesen! Was soll das werden?

 

Ja: was soll das werden?

 

Die Autoren und Originaltitel sind:

Alba de Céspedes, Nessuno torna indietro (1938)

Ian McEwan, What We Can Know (2025)

David Szalay, Flesh (2025)






Vorläufig sagen wir mal: Was soll’s? Ich lese noch! Nach Weihnachten melde ich mich wieder.



Sonntag, 14. September 2025

Meine kleine Ukraine-Bibliothek (25): Endlich gibt es eine ukrainische Literaturgeschichte!

 Anläßlich meiner Besprechung des Romans „Russische Spezialitäten“ von Dmitrij Kapitelman im deutschen Lesecafé der Groninger Buchhandlung Godert Walter am 15. September (vollgebucht) habe ich mich an „Meine kleine Ukraine-Bibliothek“ erinnert. Das ist eine Beitragsreihe in diesem Blog, mit  der ich 2022 kurz nach Anfang des Krieges begonnen habe.

Da steht eine Menge drin, was uns morgen bei der Besprechung interessieren könnte, unter anderem über das Fehlen einer Geschichte der ukrainischen Literatur. Aber hier hat sich inzwischen etwas getan: vor einem halben Jahr ist die „Ukrainische Literaturgeschichte“, herausgegeben von Ulrich Schmid im Metzler Verlag erschienen (387 S., 34,99 €).





Ich habe noch keine Gelegenheit gehabt, mir das Buch anzusehen, wollte aber schon mal darauf hinweisen.


Dienstag, 19. August 2025

Der „Sitzende Jüngling“ von Jeltsema (12): Das Gipsmodell

 Das ist das Gipsmodell vom „Zittende jongeling“ auf dem Emmaplein in Groningen. Wo mag es jetzt wohl sein? Ich habe nur das Foto.

Im Laufe der letzten Wochen habe ich viele, auch überraschende Erkenntnisse gehabt. Ich schreibe jetzt doch erst mal einen kleinen Artikel, um das alles fest zu halten. Eine Zeitschrift dafür suche ich noch.

Das macht mir viel Spaß, aber mein Blog leidet darunter. 



Dienstag, 24. Juni 2025

Scheveningen Johan de Wittlaan

Scheveningen, Johan de Wittlaan

 Genau da, wo heute und morgen in Scheveningen all die NATO-Menschen hin- und herlaufen und über die Zukunft ihrer Welt palavern, machte vor hundert Jahren der Groninger Bildhauer Fré Jeltsema seinen täglichen Spaziergang durch die Scheveningse Bosjes und dachte über die Zukunft seiner (Bildhau)Welt nach.

Er hat dann weitgehend auf eine eigene Produktivität verzichtet und konnte damit ganz gut leben. Ein paar Jahre zuvor hatte er noch sein größtes Standbild geliefert: Johan de Witt !

Mittwoch, 11. Juni 2025

Die Akte Jeltsema im Noord-Hollands Archief

Schon wieder ist ein Monat vergangen ohne einen neuen Blog-Post. Es geht mir aber gut, und ich bin aktiv. Ich war zum Beispiel ein paar Tage in Haarlem, um im Noord-Hollands Archief die Jeltsema-Akte durchzuarbeiten.


Das Archiv befindet sich in der 700-jährigen Janskerk. Welch ein schöner Ort zum Arbeiten! Unkomplizierter und schneller Zugang zu den Akten. Freundliche Beratung. Angenehmes kleines Café für die Pausen.

Die Akte Frederik Jeltsema. Fertig! Und was nun?

Eine überschaubare Akte: die Korrespondenz Jeltsemas mit der Akademie und dem Ministerium während der vier Stipendienjahre nach dem Prix de Rome 1902. Mehr gibt es ja leider nicht.

Aber zum ersten Mal hatte ich durch das Lesen der handschriftlichen Briefe einen persönlichen Kontakt mit Fré Jeltsema in der intensivsten Phase ihres/seines Lebens. Das war sehr berührend.


Fré Jeltsema war auch mal kurz in München!

In den nächsten Monaten mache ich was daraus. Wollen mal sehen, was. Aber hier im Blog gibt‘s erst mal nichts mehr dazu.