Zum Schöpfer der Skulptur auf dem Emmaplein und zur Skulptur selbst gibt es überraschend wenig Literatur. Die ausführlichste und für jeden direkt zugängliche Information zu Leben und Werk des Bildhauers ist die Biografie von Rob und Winky Vetter auf der Website www.mesdagvancalcar.nl .
Ich benutze diese mit viel Liebe und Aufwand gemachte Website im folgenden, um Ansätze zum Verständnis des nackten Jünglings zu finden. Manches davon muss spekulativ bleiben, da die Archive nicht viel hergeben.
Es beginnt mit einer großen Überraschung: Frederik Engel Jeltsema wurde bei seiner Geburt im Dorf Uithuizen (20 km nördlich von Groningen) am 4. Oktober 1879 als Frederika Engelina Jeltsema ins Geburtenregister eingetragen. Ein Mädchen! Seine Geschlechtsteile erweckten Zweifel für eine genaue Bestimmung. Der Arzt entschied sich für weiblich.
Als Frederika drei Jahre war, wurde den Eltern deutlich, dass es sich doch um einen Jungen handelte. Dennoch erzogen und kleideten sie ihr Kind weiterhin als Mädchen, wohl auch, um Unruhe in dem kleinen calvinistischen Dorf zu vermeiden. Es sollte bis 1906 dauern, dass sich der dann 27jährige Frederik per Gerichtsbeschluss in Groningen zum Mann erklären ließ.
Frederika, 1906 Erstmals als Mann in Florenz, 1906
Das heißt, er ist all seine Schul- und Ausbildungsjahre als Mädchen und Frau aufgetreten: die sechsjährige Grundschule in Uithuizen, die vierjährige Ausbildung als Zeichnerin an der Akademie Minerva in Groningen 1892-1896, die Ausbildung als Zeichenlehrerin in Amsterdam 1897-1898 und das Studium an der Rijksakademie voor Beeldende Kunsten in Amsterdam 1899-1902.
Es übersteigt meine Vorstellungskraft, was das für diesen Mann bedeutet haben muss.
Aber wenn man hört, dass er bei einem Stipendienaufenthalt in Paris von Mitbewohnerinnen, die sein Geheimnis entdeckt hatten, zu Geldzahlungen erpresst wurde und dort von der Polizei eine Anklage wegen öffentlicher Travestie erhielt, lässt sich ein wenig davon ermessen. Leider gibt es keine persönlichen Aufzeichnungen von ihm, die darüber Aufschluss geben. Im Prinzip muss er sich allerdings sowohl als Frau als auch als Mann nicht unbedingt unwohl gefühlt haben. Und er/sie hatte immer liebe- und verständnisvolle Eltern und Bekannte, die sein Privatleben geschützt haben.
Die Leser und Leserinnen meines Blogs haben recht mit ihrer eventuellen leisen Vermutung, dass ich einen Zusammenhang zwischen dem nackten Jüngling auf dem Emmaplein und dem Identitätsgefühl seines Schöpfers sehe.
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